Ich bin jetzt seit einem Jahr selbstständig und so habe ich ein Jahr lang mit meinem Zeitmanagement experimentiert.
Diese Erfahrungen möchte ich in diesem Post einmal bündeln. Meine Lernreise ist sicher noch nicht am Ende und so heißt es flexibel und offen bleiben für die eigenen Bedürfnisse und neuen Rahmenbedingungen. Langfristig werden sich für mich die flexiblen Zeiten durch mehr Termine reduzieren.
Die alte Routine optimieren
Das naheliegenste für mich am Anfang war, auf der bestehenden Routine aufzubauen. Was noch im Angestelltenverhältnis gut funktionierte, war meine morgendliche Schreibroutine. Aufstehen, schreiben, dann frühstücken und zur Arbeit fahren. Lange behielt ich bei, nach dem Aufstehen eine Stunde zu schreiben oder zu überarbeiten. Das funktionierte gut und verschaffte mir einen guten Start in den Tag.
Mein letzter Job war theoretisch eine Teilzeittätigkeit und ich habe parallel bereits Lehraufträge gehabt und an anderen Projekten gearbeitet. So gab es auch hier bereits Routinen, die ganz gut funktionierten.
Neu war, dass mir nun der ganze Tag zur Verfügung stand und ich für mich herausfinden konnte, wie ich so einen langen Tag nun am besten strukturierte.
Weg vom Schreibtisch
Eine erste Erkenntnis war, dass ich nicht viele Stunden am Stück am Schreibtisch sitzen und kreativ sein kann. Sei es nun Romane schreiben, Konzepte entwickeln oder Lehre vorbereiten. Meetings lockern das Ganze etwas auf, sind aber auch für den Kopf anstrengend. Es ist wichtig zwischendurch aufzustehen und weg vom Schreibtisch zu sein. Mein Mitleid mit Schreibtischarbeitenden mit festen Arbeitszeiten war nach dieser Erkenntnis groß. Anfangs glaubte ich noch, ich könnte das trainieren, machte mir dann aber klar, dass ich es nicht muss. Abwechslung ist möglich, vor allem, da ich im Homeoffice arbeite.
Also integrierte ich schon sehr früh meine Aufgaben im Haushalt in den Arbeitsalltag. So sind diese auch nebenbei erledigt.
Arbeitszeit
Ein zweites wichtiges Learning betraft meine anfängliche Idee, ich müsste mindestens 40 Stunden die Woche an meinen Projekten „arbeiten“. Mein Mann lachte mich schon sehr früh dafür aus, vor allem dafür, wie ich es umsetzen wollte. Ich trackte meine Zeiten und zwar die Netto-Zeiten. Ich ließ einen Timer laufen, während ich aktiv arbeitete und stoppte ihn, wenn ich aufhörte …
Ja natürlich geht man im Büro mal auf die Toilette, holt sich einen Kaffee, plaudert mit Kolleg*innen … Solche Mikropausen gingen nicht in meine Zahlen ein, diese sind aber sehr wichtig. Auch wenn andere mir bereits in den ersten Tagen meiner Selbstständigkeit erklärten, niemand würde eine 40 Stunden-Woche voll produktiv durcharbeiten, hatte ich hohe Erwartungen an mich.
Irgendwan ging ich zu der Einstellung über, die ich eigentlich grundsätzlich auch schon vorher vertreten hatte, dass es darum ging, mit den Projekten weiter zu kommen und nicht eine bestimmte Zeit pro Tag am Schreibtisch zu sitzen. Qualität vor Quantität.
Da ich morgens um 5 Uhr aufstand und früh schrieb, dann aber abends von 18:30 bis 21 Uhr Lehraufträge hatte, funktionierte ein Arbeitstag am Stück eh nicht für mich und das war gut so.
Energie
Es gab Arbeitstage mit 12 Stunden effektiver Arbeitszeit, manchmal sogar 2 hintereinander. An diesen lagen definitiv Termine, alleine am Schreibtisch schaffe ich das nicht. Das spürte ich dann aber auch am dritten Tag, da ging deutlich weniger. Eine andere Erkenntnis war, dass ich am Anfang der Woche viel Energie hatte und die zum Ende nachließ. Ich machte also am Wochenende irgendwas richtig, um meine Energie wieder aufzuladen, davon brauchte ich auch ein wenig mehr im Alltag, um die Energie über die ganze Woche aufrecht zu halten.
Experimente
Nach den ersten Erkenntnissen und dem Wertschätzen der Flexibilität, machte ich es mir zur Aufgabe, herauszufinden, wann die besten Zeiten für welche Art von Aufgaben ist.
Ein extremes und aufschlussreiches Experiment war meine Würfelwoche,
Womit ich im vergangenen Jahr viel experimentiert habe ist das Führen meiner ToDo Listen, analog, sowie digital. Phasenweise schreibe ich mir auch auf, was ich den ganzen Tag tue, inklusive der Uhrzeiten, wann ich es gemacht habe und wie lange ich entsprechend dafür gebraucht habe. Das war für mich insofern sehr spannend, da ich kein gutes Zeitgefühl habe und es für mich langfrsitig wichtig ist auch einschätzen zu können, wie lange ich für etwas brauche, um entsprechend meine Projekte und Zeiten zu planen.
Die zeitliche Flexibilität des Anfangs werde ich nicht dauerhafte haben, ansonsten sieht es finanziell nicht gut aus.
Flexibilität genießen
Ich bin kein Sommermensch. Je näher die Temperaturen den 30 Grad werden, desto weniger funktioniere ich.
So habe ich diesen Sommer bewusst die Freiheit der Flexibilität genossen, bin ohne Wecker aufgestanden und habe so viel gemacht, wie es mir möglich war. Ausführlich über das Thema Aufstehen habe ich hier geschrieben.
Ich habe mir meine ToDo Liste abwechslungsreich gestaltet und hatte gewisse MustDos drauf. Weitere Aufgaben wären schön gewesen, aber nicht dramatisch. Es blieben immer welche übrig und das war auch okay so. Ich entschied immer aus dem Moment heraus, welcher Aufgabe ich mich widme ohne feste Struktur. Das einzige was meine Tage strukturierte waren feste Termine.
Als es dann endlich kühler wurde, hatte ich das Gefühl, zu wenig zu schaffen. Diese absolute Flexibilität war gut für den Sommer, jetzt wird es wieder Zeit für Strukturen.
Neue Routine aufbauen
Aufbauend auf meinen Erfahrungen, habe ich mich im September dran gesetzt eine neue Routine aufzubauen und mir dazu die folgenden Fragen gestellt, die vielleicht auch dir dabei helfen können, eine gute Routine für dich aufzubauen.
- Was brauche ich, um gut arbeiten zu können?
- Was muss ich machen? Was sind tägliche, wöchentliche und gelegentliche Aufgaben?
- Wie funktioniert mein Energiefluss, was sind die besten Zeiten für welche Tätigkeiten?
- Wie lade ich Energie wieder auf? Welche Art von Pausen plane ich am besten ein.
Nach wie vor ist es so, dass feste Termine dem Tag eine gewisse Struktur vorgeben. Somit habe ich als erstes einen terminfreie Tag geplant. Diese Planung betrachte ich als modular. Liegen an einem Tag Termine, werden die einzelne Module entweder zeitlich verkürzt oder es fallen Module weg.
Was brauche ich?
- Abwechslung
- Flexibilität & Struktur in Balance -> eine Orientierung ohne zu festen Zeitplan
- Energie und die kann sehr unterschiedlich sein
Wie kann ich meine Energie aufladen?
- Abwechslung
- Gespräche mit anderen Menschen
- Bewegung
- Duschen mitten am Tag – gefährlich, denn dabei kommen mir dann neue kreative Ideen und ich mache hinterher meistens etwas anderes, als ich geplant hatte
- Entspanntes Lesen (=kein Fachbuch),
Mein Modulplan
Daraus ergab sich für mich folgender Modulplan, wobei die Zeiten dem Realitätscheck dienen und flexibel zu betrachten sind. Es ist wichtig die Aufgaben jeweils gut zu einem Ende zu bringen. Dieser war besonders im September nützlich, da dieser Monat durch wenige Termine geprägt war.
- Aufstehen mit Wecker, um einen regelmäßigen Start wieder in die Routine zu bringen. Bad, anziehen, etc.
- Schreibzeit Autorin oder Bloggen (ca. 60 Minuten)
- Haushalt + Frühstück mit Podcast (ca. 30 bis 45 Minuten)
- Social Media – Posts vorbereiten, interagieren (ca. 30 bis 45 Minuten)
- Projektphase 1 – aktuell: Lehrvorbereitung (ca. 60 bis 90 Minuten)
- Wäsche waschen und kleine Bewegungspause (ca. 30 Minuten)
- Fachliteratur lesen (ca. 30 bis 60 Minuten)
- Orgakram (Mails etc. ca. 30 Minuten)
- MITTAGSPAUSE: Spaziergang, entspanntes Lesen, was essen (max. 2 Stunden)
- Projektphase 2: Content erstellen, Bloggen oder Projektarbeit (ca. 90 Mimuten)
- Haushalt (ca. 30 Minuten)
- Diverse ToDo Aufgaben, Zeit für alle kleineren oder größeren Aufgaben auf der ToDo Liste, die anliegen. (maximal 2 Stunden)
In den ersten Wochen, nachdem ich den Plan aufgestellt habe, habe ich mir wieder aufgeschrieben, was ich tue und beobachtet, wie lange ich wirklich für die einzelnen Module brauche und was gegebenenfalls grundlegend abgepasst werden muss. Hier steht der aktuell angepasste Plan für Tage ohne feste Termine. Bisher hat das ganz gut funktioniert, teilweise bin ich ganz bewusst davon abgewichen, was vollkommen in Ordnung war. Sinn und Zweck des Plans ist vor allem, mir eine Struktur zu bieten, an der ich mich orientieren kann, um in meinen vielfältigen Projekten voran zu kommen und gut durch die Arbeitswoche zu kommen.
Es würde mich freuen, falls du aus diesem Beitrag für dich etwas mitnehmen kannst.
Schreib mir doch mal, welche Module in deinem Arbeitsalltag besonders wichtig sind.
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