Heute habe ich Geburtstag, mein zweiter Geburtstag ohne meinen Mann.
Ich habe euch schon einiges hier zum Thema Tod und Trauer erzählt. Heute möchte ich einfach mal erzählen, wie es mir aktuell so geht.
Der Tod von Klaus ist jetzt 16 Monate her und ja, ich bin immer noch in Trauer. Und auch, wenn ich hier im Blog mehr oder weniger Kluges zum Thema Trauer von mir gebe, bin auch ich doch nur eine Betroffene, eine Trauernde, die ihre Erfahrungen mit euch teilt.
Natürlich ist mein Leben weiter gegangen. Ich habe viel erreicht, einen Umzug gestemmt, neue Kontakte gesucht und gefunden, ein neues Ehrenamt, neue Hobbies … Auch meine Trauer hat sich verändert, nimmt weniger Raum ein.
Theorie und Praxis
Inzwischen führe ich also zeitweise ein ziemlich normales Leben, nur dass ich jetzt ungeplant Single bin und kurzfristige Tränenflashs jetzt zu meinem Leben dazu gehören.
Doch dann kommt sie auch immer wieder mal massiv, die Trauerwelle, die alles so sinnlos erscheinen lässt, die einem jede Kraft raubt und so eine hatte mich Anfang Oktober voll erwischt. Ich habe nur noch gedacht: „Lass es vorbei sein, ich will sie nicht mehr diese Trauer, will endlich wieder ein normales Leben.“
Ja, auch ich bin nur ein Mensch, bin manchmal wütend und ungeduldig.
Doch man sollte seine eigenen Tipps beherzigen und ja, ich denke an den Rat: Lasst Trauernden Zeit, aber es ist schwer sich selbst Zeit zu lassen.
Und ja, ich weiß auch, dass es das Leben leichter macht, wenn man die Trauer als Freund betrachtet, aber immer gelingt mir das nicht. Es ist halt ein Freund, der ungewollt in mein Leben gekommen ist.
Immer wenn man denkt es geht nicht mehr…
Ich habe viel gelesen zum Thema Trauer, zwei Trauerseminare besucht und ja, in der Theorie ist mir vieles klar. Manchmal braucht es dann trotzdem auch einfach nochmal einen neuen Anstoss von aussen.
Bei mir war das beim letzten Trauercafe, als von der Leiterin der Satz kam, der in etwa so lautete:
„Zu dem, der die Trauer aussperrt, kann die Freude nicht kommen.“
Wow, welch ein Satz. Sie erklärt ihn damit, dass man Gefühle nicht halb aussperren kann. Entweder man lässt Gefühle zu oder nicht und das betrifft dann alle Gefühle, betrifft Schmerz und Freude.
Und ja, ich habe in der letzten Zeit die Trauer eher ausgesperrt, mich dadurch aber irgendwie tot gefühlt und mich gewundert wieso ich mich nicht mehr richtig freuen kann.
Die Trauer gibt mir also die Lebendigkeit zurück? Schon krass, aber der Gedanke überzeugt mich. Also werde ich sie wieder mehr zulassen.
Dann kommt auch noch Post von der Trauerbegleiterin, bei der ich im August ein Seminar besucht habe. Sie schickt mir etwas, in dem es um das Schreiben in der Trauer und um Rituale geht. Passt gerade auch für mich genau.
Einmal tief durchgeseufzt, die Trauerarbeit ist noch nicht beendet, also weiter.
Positives im Leben suchen
Gleichzeitig versuche ich den Blickwinkel auf Vieles zu verändern, Vieles positiver zu sehen und so mache ich auch dieses Jahr wieder mit bei Peter Beer und seiner Jammerfastenchallenge.
Hierbei geht es nicht darum, dass man nicht mal aus berechtigtem Grund jammern darf, sondern darum dieses sinnlose Jammern und Lästern zu lassen, sich nicht von anderen hier anstecken zu lassen.
Man soll sich entscheiden ob man Fliege oder Biene sein will. Die Fliege setzt sich auf jeden Scheißhaufen, wo hingegen die Biene auch die einzelne Blume auf der Wiese voller Haufen findet und sie gezielt anfliegt.
Im letzten Jahr war ich zum ersten Mal dabei und da war das in der akuten Trauerphase natürlich eine echte Herausforderung. Aber sie hat mich trotzdem weiter gebracht und ich kann sie euch nur empfehlen. Letztendlich jammern wir doch (fast) alle zuviel. Wir alle steigen doch häufig mit dem Jammern über das schlechte Wetter in ein Gespräch ein.
Die Sehnsucht bleibt
Ja, die Sehnsucht bleibt. Klaus fehlt mir so sehr, aber die Sehnsucht kann ich – meist – als positives Gefühl annehmen. Die Sehnsucht ist es auch, die mich zu den positiven Erinnerungen führt, diese in Gedanken nach erleben lässt und mir das Gefühl von Dankbarkeit schenkt. Dankbarkeit für das, was wir miteinander erleben durften, Dankbarkeit für das „Uns“, Dankbarkeit für unsere Liebe.
Die Trauer ist der Preis der Liebe, den ich jetzt zahlen muss.
Die Sehnsucht als Zeichen, dass die Liebe bleibt, ist etwas, das mir Halt und Kraft gibt. Für die Sehnsucht bin ich also dankbar.
Trotzdem ist da dieses Loch. Es fehlt natürlich vor allem der Mensch Klaus. Doch es fehlen auch die Nähe und die Zärtlichkeit, es fehlt der Partner, mit dem man sich austauschen und beraten kann. Es fehlt der Handwerker, der Modeberater, der Dekorateur … Es fehlen die Kommentare und das Mitfiebern beim jetzt einsamen Fernsehen und und und.
Wie geht es mir heute an meinem Geburtstag?
Zufällig fiel gestern Abend im Bett mein Blick genau um 23.59 Uhr auf meinen Wecker. Da war dann ganz viel Wehmut. Ich habe dann die Uhr beobachtet und mir um 00.01 alles Gute gewünscht. Danach bin ich aber zügig eingeschlafen.
Heute früh bin ich dann tatsächlich freudig gestimmt und sehr früh aufgewacht. Ich gehe den Tag entspannt an, werde gleich zum Bäcker gehen und dann gemütlich frühstücken.
Dann habe ich zwar noch ein wenig vorzubereiten – meine Familie wird heute Nachmittag so nach und nach eintrudeln – aber auch darauf freue ich mich.
Wahrscheinlich werde ich den Tag nicht ganz ohne Tränen überstehen, aber das ist auch in Ordnung. Aber erstmal geht es mir jetzt gut.