Die Menschen wollten die Klimakatastrophe mit Hilfe einer KI lösen. Die KI wurde zur Bedrohung, seltsame Lichtgestalten, Aliens, zu einer anderen. Aber sind Menschen und ihr Machtbedürfnis nicht die größte Bedrohung?
Kann die Verbindung mit einer Bedrohung gegen eine weitere eine sinnvolle Option sein oder ist das völlig irrsinnig?
Hologrammatica
Bereits mit „Hologrammatica“ konfrontierte Tom Hillenbrand uns mit diesen Fragen. 2088 befanden wir uns auf einem noch unbekannten Level der Technologie, auch medizinisch gesehen. Menschen konnten ihr Gehirn extrahieren und sich in andere Körper laden, allerdings nur begrenzt. Das Descartes-Problem galt es zu lösen, um wahre Unsterblichkeit zu erlangen. Kann, sollte und darf es überhaupt gelöst werden?
In all dem Szenario stecken verschiedene Menschen mit ganz eigenen Interessen, die nicht immer im Sinne aller sind.
Hologrammatica ließ mich mit einem überraschten Gefühl und einem Haufen Fragen zurück. Es hätte ein Ende sein können, eines, dass uns zwingt, eigene Antworten zu finden, die Geschichte weiter zu denken.
Eine Fortsetzung?
2091 – dieselbe Welt, dieselben technologischen Gegebenheiten. Fran Bittner spielt erneut eine Rolle.
Hypothetisch kann Qube unabhängig gelesen werden, ich würde es nicht empfehlen, da die Komplexität der Welt mit ihrer Technologie nicht noch einmal im Detail erklärt wird, wenn es auch ein umfassendes Glossar gibt.
Doch wer glaubt, Tom Hillenbrand würde uns die offen gebliebenen Fragen nun ausführlich beantworten, irrt. Im Grunde entstehen durch Qube ein Haufen weiterer spannender Fragen.
Qube
Der Journalist Calvary Doyle wird angeschossen und in die Klinik gebracht. Er liegt bereits auf dem OP-Tisch, als der Chirurg von seiner Patientenverfügung erfährt, die besagt, dass Dole ein eCephalon wünscht. Sein Gehirn wird extrahiert und während sein Stammkörper im Koma liegt, hat er die Möglichkeit in einem anderen Gefäß zu agieren. Ihm fehlen mehrere Wochen, was keine Amnesie ist, denn die Erinnerungen sind hoffnungslos verloren. Er kann sich nur an die Zeit seit dem Backup erinnern. Ihm fehlt allerdings auch die Information, warum er sich selbst zu diesem Schritt entschieden hat.
Recherchiert hatte Doyle zum Thema Künstliche Intelligenz. Fran Bittner ist als Agentin auf derselben Spur, beobachtet ihn, zieht ihre eigenen Schlüsse und schon befinden wir uns mitten im spannenden SciFi-Thriller
Es gibt weitere Akteure und Perspektiven, die ebenfalls spannend sind, insbesondere der Frage, wer mit wem und was wie in einem Zusammenhang steht. Alles läuft auf ein spannendes Game hinaus, was ein wenig an „Ready Player One“ erinnert, aber dann doch völlig anders ist.
Künstliche Intelligenz eine Chance?
Können wir eine künstliche Intelligenz kontrollieren oder entwickelt sie sich zu etwas völlig Eigenständigem, dass die Menschheit möglicherweise als Feind ansieht?
Vielleicht ist die Menschheit aber auch ganz nützlich? Kann es eine friedliche Koexistenz mit künstlicher Intelligenz geben? Ein Geben und Nehmen. Was wäre in diesem Falle, die intrinsische Motivation einer KI? Ist das überhaupt eine sinnvolle Frage?
Würde eine KI einen Selbsterhaltungstrieb entwickeln, wenn sie die Aufgabe, zu der sie entwickelt wurde, erfüllt hat? Kann es den Zustand geben, dass die Aufgabe erledigt ist?
Ist es sinnvoll mit Science Fiction Geschichten, weiterhin die Angst vor Künstlichen Intelligenze zu schüren?
Ich denke, es geht nicht darum Ängste zu schüren, sondern darum zu ermahnen, das Thema sensibel und vernünftig anzugehen. Im Roman und auch in anderen Geschichten, werden Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, welche letztendlich von den intelligenten Systemen ausgeschaltet werden. Wenn wir Systeme erschaffen, die uns überlegen sind, können wir vielleicht irgendwann nicht mehr abschätzen, wie diese sich entwickeln werden und sich auch nicht mehr aufhalten. Auch wenn derzeitige Systeme noch weit entfernt davon sind, sich selbstständig machen zu können, bleibt dies so? Wann überschreiten wir eine Grenze und welche Grenze wollen wir nicht überschreiten?
Doch am spannendsten finde ich die Frage, wer die größte Bedrohung ist. Das Bild, eine künstliche Intelligenz nähre sich von Daten ist an einer Stelle im Roman stark. Doch wer nährt sich bereits von unseren Daten? Große Konzerne, welche sie teilweise von intelligenten Systemen auswerten lassen, aber vor allem zu einem Zweck uns gezielt das zu liefern, was wir vermeintlich sehen wollen. Mehrung von Profit und Macht sind die Motive.
Wären das auch die Motive einer unabhängigen KI, wäre diese gefährlicher, als Menschen, denen es um Macht und Profit geht? Stünde die KI in ihren Diensten, wären ihr diese Motive als Zielvorgabe mitgegeben. Doch könnte sie auch unabhängig ganz eigene entwickeln? Sich vielleicht sogar für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung unter den Menschen einsetzen? Vielleicht wäre es ihre Absicht ein besseres, funktionierendes Gesellschaftssystem zu etablieren, welches im Gegenzug gute Daten liefert.
Wie könnte ein solches System aussehen?
Fazit
Tom Hillenband liefert erneut einen spannenden Thriller, der zugleich eine hervorragende Grundlage für zahlreiche Diskussionen darstellt. Die Fragen in diesem Beitrag berühren nur einen Bruchteil der Themen, die im Roman angerissen werden.
Es sind noch viele andere spannende Fragen, die ich an dieser Stelle lieber nicht anreiße, um den Roman nicht zu spoilern. Ich hoffe, dass sich ein Thema in einer weiteren Fortsetzung ergibt.
Das Buch wurde mir vom KiWi Verlag zur Verfügung gestellt.
Qube
Tom Hillenbrand
Kiwi, 2020
ISBN: 978-3-462-05440-8