Ein Thema mit dem sich viele Trauernde schwer tun. Doch es ist auch ein Thema, das die Meisten sehr beschäftigt und so habe ich hierzu bereits viele Gespräche geführt. Die Hemmungen Dinge des Verstorbenen wegzuräumen oder gar abzugeben sind oft groß.
Dabei habe ich beide Extreme kennen gelernt. Die Witwe, die innerhalb einer Woche alle Sachen endgültig aus dem Haus entfernt hat und auch die Witwe, bei der seit über vier Jahren die Sachen des Mannes immer noch unverändert im Kleiderschrank hängen.
Was ist nun richtig oder falsch? Das, was dem Betreffenden gut tut! So einfach ist das. Man muss für sich selber spüren, wann der richtige Zeitpunkt ist, sich von Dingen zu trennen.
Die erste Zeit
Das ist die Zeit, in der man es vielleicht kaum aushält, die Sachen des Herzensmenschen zu sehen, kaum aushält, dadurch an ihn erinnert zu werden. Das ist die Zeit, in der schnell der Gedanke aufkommt, mit dem Wegräumen der Sachen würde der Schmerz kleiner.
Auf der anderen Seite ist da auch die Geborgenheit, die von den Sachen ausgeht. Seine Jacke, sein Parfum oder Anderes können auch das tröstende Gefühl geben, dass der Herzensmensch irgendwie noch da ist.
Von vielen Witwen habe ich gehört, dass sie seit dem Tod des Mannes nun in seiner Betthälfte schlafen. Dabei oft auch noch lange die von ihm genutzte Bettwäsche drauf lassen. Dass sie in seinen Schlafanzügen schlafen und regelmäßig seinen Duft versprühen, um so seine Nähe zu spüren. So findet jeder seinen Weg, jeder das, womit er sich wohl fühlt.
Nachdem einige Zeit vergangen ist
Irgendwann, egal ob Wochen oder Monate später, kommt doch die Zeit, wo man so langsam überlegt, was von seinen Sachen weg kann. Vielleicht trennt man sich so nach und nach von Dingen, die nun nicht mehr so wichtig erscheinen. Vielleicht nimmt man als Erstes das Großprojekt Kleiderschrank in Angriff.
Für manche ist es einfacher, sich dabei Hilfe zu holen. Aber auch da muss jeder für sich spüren, was sich hier gut und richtig anfühlt.
Von einigen Trauernden kamen auch so Aussagen wie: „Ich darf das doch nicht, es ist doch so als würde ich sie/ihn aus meinem Leben verbannen wollen.“ Dann antworte ich: „Wenn du nicht mehr wärest, würdest du dann wollen, dass deine Kleider jahrelang ungenutzt im Schrank hängen bleiben? Fändest du es nicht besser, damit anderen noch eine Freude machen zu können?“ So fällt das Loslassen dann manchmal leichter.
Wie war es bei mir
Ich habe rigeros begonnen. Die Bettwäsche – mein Mann ist in unserem Ehebett verstorben – ist gleich in der Mülltonne gelandet. (Ja, ich weiß, da gehört sie nicht hin, aber war halt eine Ausnahmesituation. Sonst bin ich eine brave Mülltrennerin.) Ebenso seine Zahnbürste.
Nach ein paar Tagen habe ich dann, in der Hoffnung damit dem Schmerz zu entfliehen, alles aus dem Wohnzimmer entfernt, was mich an ihn erinnert hat. Das wurde aber ganz schnell wieder zurück geräumt.
Seinen Schmuck habe ich schon nach wenigen Tagen sortiert und teilweise an meine Mädels verschenkt. Sie tragen die Erinnerungsstücke sehr gerne und ich weiß, Klaus freut sich darüber.
In seinen Sachen habe ich aber auch Geborgenheit und Trost gefunden. Es gab ein T-Shirt, das ich abends oft anhatte und eine Jacke, in die ich mich immer dann kuscheln konnte, wenn ich mich besonders einsam gefühlt habe.
Nach ein oder zwei Wochen wurden seine Socken und Unterhosen entsorgt. Ebenso die Anziehsachen, die eh schon länger ausgemistet gehört hätten. Kurze Zeit später habe ich dann auch die anderen Sachen, bis auf einige wenige Teile aus dem Schrank geräumt – allerdings noch nicht abgegeben. Dabei aber schon sortiert in: das kann noch jemand brauchen und da möchte ich vielleicht noch etwas draus machen.
Es gab aber im Büro auch eine Schublade von ihm, da konnte ich lange nicht dran gehen, die habe ich tatsächlich erst beim Umzug also elf Monate später ausgeräumt und das war auch da noch sehr sehr schmerzhaft. Da waren Dinge drin, die zwar materiell wertlos waren, aber die ihn ausgemacht haben. Diese sind dann in meine Schatzkiste gewandert, die Schublade mit dem dazu gehörenden Palettentisch steht jetzt bei meiner Enkelin.
Die Schatzkiste
Da ist ja noch soviel mehr vom Herzensmenschen.
Da ist das Buch, in dem er zuletzt gelesen hat, das Puzzle, das er nicht mehr beenden konnte. Seine Pfeife, seine Steine, seine Kugelschreiber … Das alles ist so unendlich kostbar.
Davon kann und will man sich nicht trennen. Auch, wenn man es vielleicht nicht jeden Tag sehen mag. Dafür habe ich eine Schatzkiste geschaffen. Eine Kiste, in die alles hinein kommt, was ihm so wichtig war und in der ich von Zeit zu Zeit stöbern kann. Diese Kiste steht bei mir im Schlafzimmer und ich öffne sie immer wieder gerne. Mal mit Tränen, aber immer öftern auch mit einem Lächeln.
Gerade an den besonderen Tagen, findet sich immer ein Moment die Kiste zu öffnen.
Irgendwas bleibt
Fast alle werden ein paar Andenken behalten und damit kann man sie schaffen, diese Ecken in der Wohnung, wo man sich dem Herzensmenschen besonders nahe fühlt.
Für manche ist es tatsächlich ihre/seine Jacke, die noch an der Garderobe hängt oder der Sessel mit ihrer/seiner Decke, das Regal, in dem nur ihre/seine Sachen stehen …. Möglichkeiten gibt es soviele.
Doch es muss nicht alles aufgehoben werden. Ich habe beim Verschenken seiner Sachen soviel Dankbarkeit erlebt und auch das hat mir Kraft gegeben. Die Vorstellung, dass ein Obdachloser vielleicht besser durch den Winter kommt, weil er seine warme Jacke trägt, hat mir gut getan.
Erinnerungsstücke schaffen
In dem Artikel Kreativ in Zeiten der Trauer habe ich euch ja bereits ein paar Ideen vorgestellt, was man aus seinen Sachen Schönes machen kann.
Es gibt aber noch andere Möglichkeiten. So gibt es z.B. diese Collagebilderrahmen, wo man vor ein Foto noch ein paar Kleinigkeiten mit in den Rahmen geben kann oder das Album in das man Andenken klebt und schreibt.
Viel wichtiger sind eh die Erinnerungen, die wir im Herzen tragen und von denen wir hoffentlich ganz oft erzählen dürfen.