Phoebes (9) große Schwester April (16) ist in einer Klinik und Phoebe darf sie nicht besuchen. Dafür schreibt sie viele Briefe.
Eigentlich mag ich Bücher nicht besonders, die ausschließlich aus Briefen bestehen, aber dieses Buch hat mich umgehauen. Phoebe ist ein schlaues Mädchen. Sie liebt Wörter und versucht zu verstehen, was sie bedeuten. Dadurch entstehen viele interessante Wortspiele und Phoebe sagt viele süße Dinge. Die Eltern verstehen sie leider nicht und sind mit ihr und der ganzen Situation überfordert. Phoebe schreibt April alles, was passiert und wie sehr sie sich wünscht, dass sie bald wieder kommt. Sie erhält allerdings nie eine Antwort. Zeitlich betrachtet endet die Geschichte ungefähr in der Mitte des Buches. Danach fängt die Geschichte wieder vorne an. Diesmal sind es allerdings Briefe von April an Phoebe. Antwortbriefe die Phoebe nicht erhalten hat. Ich fand es so schön, wie in den Briefen Bezug auf die Briefe genommen wurde, die Phoebe geschrieben hat.
Dummerweise habe ich das Buch unterwegs in Bus und Bahn gelesen und mehr als einmal saß ich da mit Tränen in den Augen, weil die Geschichte so traurig süß ist. Ich habe selbst eine kleine Schwester und weiß wie schön so eine Schwesternschaft sein kann. Vielleicht ging mir die Geschichte deswegen so nah. April und Phoebe sind mehr als nur Schwestern und als niemand mehr April verstanden hat, war Phoebe die Einzige, die sie noch verstanden hat.
Beim Lesen hatte ich das Gefühl auf die Eltern sauer sein zu müssen. Das konnte ich aber nicht, weil ich sie, obwohl ich das Gefühl hatte, dass sie an allem Schuld waren, trotzdem verstanden habe. Die Geschichte hat sehr viel Tiefgang. Ich war so überrascht und gefesselt von dem Buch, dass mich die Tatsache, dass es nur Briefe sind nicht mehr gestört hat. Im Nachhinein kann ich mir das Buch auch nicht in einer anderen Form vorstellen. Die Briefform macht die Geschichte persönlicher.
Ich bin froh, dass die Originalsprache des Buches deutsch ist, da ich mir nicht sicher bin, ob die ganzen Wortspiele in einer Übersetzung genauso gut rüber gekommen wären. Wie Phoebe die Wörter wie selbstverständlich auseinandernimmt und sich selbst erklärt, was sie bedeuten, bringt eine völlig neue Sicht auf so alltägliche Wörter. Sie kommt da auf so tolle kreative Ideen, was man mit Wörtern machen kann, das hat mich schwer beeindruckt.
Ich war dem Buch gegenüber sehr voreingenommen und hatte nicht wirklich Lust es zu lesen. Es hat mich dennoch so umgehauen, dass ich froh bin, es endlich gelesen zu haben.
Kathi ♥
Was fehlt, wenn ich verschwunden bin
Lilly Lindner
erschienen 2015, im Fischer Kinder- und Jugendtaschenbuch Verlag
ISBN: 978-3-7335-0093-1