Über das Thema leichte Sprache bin ich bereits zwei Mal gestolpert

Über Twitter ist mir die Kommafee begegnet, die sich dort Bonner Clara nennt, aber eigentlich Nicole heißt.

Von ihr stammt das wunderbare Projekt „Bonn für Alle“!

Beim ersten Mal lasen sich die Texte für mich recht lustig, aber sie bringen die Dinge verständlich auf den Punkt.

Meine zweite Begegnung mit der leichten Sprache hatte ich nach dem ersten Bonner Litcamp.

In gemütlicher Runde saßen wir mit Martin Georgi und seinem Bücherkoffer beisammen …

Darin verbargen sich Bücher in leichter Sprache. Im Anschluss hatte ich interessante Ideen für dieses Blog, einiges kam dazwischen, aber nach dem Seminar zur leichten Sprache möchte ich die Ideen unbedingt Anfang 2018 umsetzen. Hoffentlich klappt es!

Ein Seminar zum Thema „Leichte Sprache“

Das zweitägige Seminar war ein wunderbares Angebot von Initiative Torus e.V. für die Ehrenamtlichen und Mitglieder des Vereins, aber zum Glück auch für weitere Interessierte und Freunde, eben Menschen wie mich.

Herzlichen Dank euch für die Einladung und die wunderbare Erfahrung!

Referentin war Christina Gummersbach-Lubczyk von der Agentur für leichte Sprache der Lebenshilfe Bonn.

Wer braucht überhaupt leichte Sprache?

Die Ergebnisse der Leo-Grundbildungsstudie von 2011 zeigten ein erschreckendes Ergebnis: Etwa 7,5 Millionen deutsch sprechende Erwachsene gelten als funktionale Analphabeten. Ihr Deutsch in Wort und Schrift ist so schlecht, dass sie im Alltag auf Unterstützung angewiesen sind.

Die Idee der leichten Sprache ist es, den Zugang zur Sprache leichter und Inhalte verständlicher zu machen.

Sie richtet sich daher an Menschen

  • mit Lernschwierigkeiten
  • die nicht gut Lesen können
  • die nicht gut Deutsch sprechen können
  • mit Demenz

 (Liste übernommen aus dem Seminar) 

Dabei kann die leichte Sprache auch eine Übergangssprache sein.

Personen mit Migrationshintergrund bietet die leichte Sprache einen einfachen Einstieg, die Möglichkeit schneller mehr zu verstehen. Nach und nach kann die Komplexität der deutschen Sprache dann noch erfasst werden. Doch gerade am Anfang stehen zahlreiche komplexe Behördengänge an, die selbst Menschen mit guten Sprachkenntnissen manchmal zum Verzweifeln bringen.

Und was genau ist leichte Sprache?

Leichte Sprache ist ein RECHT und KEINE Babysprache! (z.B. BGG §11)

Recht ist auch ein komplexes Thema, gerade für Menschen mit Behinderungen – schöner die Formulierung, die ich bei der Initiative Torus lernen durfte: Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Die Lebenshilfe stellt rechtliche Informationen in leichter Sprache für diese Menschen zur Verfügung.

Es gibt klare Regeln für die leichte Sprache. Diese wurde von Menschen mit besonderen Bedürfnissen entwickelt und an diese sollte man sich halten, wenn man in leichter Sprache kommunizieren möchte. Hier stelle ich nur einige der Regeln vor.

Die wichtigste Regel lautet: Nur einfache Wörter verwenden! 

Kommunizieren ist übrigens ein schwieriges Wort, leichter wäre sprechen oder lesen je nach Kontext zu verwenden.

Muss doch ein schwieriges Wort benutzt werden, kann dieses Fett gedruckt und entweder direkt im Text oder in einem beiliegenden Wörterbuch erklärt werden.

Keine Abkürzungen und keine Anglizismen!

Allerdings gibt es hier auch Ausnahmen, z.B. ist WC verständlich und leichter als Toilette. Handy ist auch ein verständlicher und alltäglicher Begriff, ein Anglizismus, der verrückterweise nur bei uns in Deutschland verwendet wird.

Eine Faustregel, die ich mir gut merken konnte: Ein Satz hat maximal 12 Wörter, die jeweils maximal 12 Buchstaben haben.

Der Text selbst muss frei von sprachlichen Bildern oder Redewendungen sein, eine klare Struktur haben und sich auf das wesentliche beschränken.

Auch die Gestaltung des Textes ist wichtig: z.B. klare Schrift in mind. Schriftgröße 14 und sinnvolle Zeilentrennung bei mind. 1,5 fachem Zeilenabstand.

Unterstützt wird die leichte Sprache häufig mit Symbolen und Bildern, die dabei helfen sollen den Text leichter zu verstehen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die leichte Sprache ist die Prüfgruppe. Ein Text gilt erst dann als Text in leichter Sprache, wenn er von einer Prüfgruppe, bestehend aus der Zielgruppe, geprüft und vor allem verstanden wurde. Auch das Wörterbuch muss natürlich mit geprüft werden.

Fehlt dieser letzte Schritt mit der Prüfgruppe, darf ein Text aber als Text in einfacher Sprache bezeichnet werden.

Leichte Sprache = schwierige Sprache

Die Sache mit dem Vereinfachen ist trotz hilfreicher Regeln gar nicht so einfach.

Was sind denn schwierige Worte? Manche Worte, die für uns selbstverständlich erscheinen sind schwierig, vor allem die, die extrem lang sind. Andere, die schwierig erscheinen, sind dagegen so alltäglich, dass sie ruhig in der leichten Sprache verwendet werden dürfen.

Wir haben uns in kleinen Gruppen durch zahlreiche Übungen gekämpft. Dabei hatte uns Referentin Christina reale und aktuelle Texte aus dem Netz mitgebracht.

An diesem Text der Stadt Bonn sind wir tatsächlich selbst verzweifelt und haben den Inhalt heftig diskutiert. Wie soll das dann ein Flüchtling mit kaum vorhandenen Deutschkenntnissen verstehen, für den diese Information bestimmt ist?

Wir hatten dennoch auf unsere ganz eigene Weise, sehr viel Spaß mit der Übersetzung.

Zum Abschluss durften wir uns an eine ganz spezielle Übersetzung wagen, einen Text aus dem Postillon!

Diese Übung zeigte eben auch die Grenzen der leichten Sprache auf. Es soll schließlich eindeutig ohne Bilder kommuniziert werden. Wie lässt sich da Ironie übersetzen? Eine Idee war die ernste Grundlage des Textes aufzugreifen und um zu setzen. Die zweite Idee, auf die beide Gruppen unabhängig voneinander gekommen waren, an den Anfang des Textes eine Erklärung zu setzen und dann tatsächlich zu versuchen, die Ironie in leichter Sprache wieder zu geben.

Mein Fazit

Das Seminar selbst hat mich noch einmal ganz besonders für das Thema sensibilisiert.

Mir ist bewusst geworden, dass es viele Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die Schwierigkeiten im sprachlichen Verständnis haben, geschrieben oder gesprochen. Diesen Menschen können wir entgegen kommen und eine einfacher Kommunikation anbieten.

Ich finde es großartig zu lernen, dass genau das möglich ist.

Es sollten mehr Menschen wissen, dass es das gibt. Vor allem auch, dass Ämter und Behörden Informationen in leichter Sprache bereit stellen müssen.

Empfehlung

Beschäftige dich mal mit dem Thema, es lohnt sich. Als amüsante Anregung findet ihr hier unseren satirischen Abschlusstext, mit freundlicher Genehmigung meiner Arbeitsgruppe.

Schau vielleicht mal bei einem der folgenden Links vorbei:

Agentur für leichte Sprache

Lebenshilfe Bonn

Nachrichten in leichter Sprache

Bonn für Alle

Verlag Spaß am Lesen