Duddits ~ Stephen King
Duddits ~ Stephen King

Wow, was für ein Buch, unglaublich, toll, ich bin einfach nur begeistert.

Sorry, aber das musste einfach hier an den Anfang. Ich habe das Buch grad erst beendet und stehe noch in seinem Bann. Und dabei bin ich eigentlich lustlos dran gegangen, denn alles was mit Grusel zu tun hat ist so gar nicht meins … Doch nun der Reihe nach.

Zu der Kategorie Horror kam mir sofort Stephen King in den Sinn und auf dem Buch Duddits, das noch in Folie eingeschweißt in meinem Bücherregal (so für 1,– Euro auf einem Trödelmarkt erstanden) steht:

Das neue Meisterwerk vom „King des Horrors“

Auch wenn der Kleine Komet protestiert, dass das noch kein Klassiker sei, weil der Autor noch lebt, für mich zählt es dazu.

Gelesen habe ich die Ausgabe vom Ullstein Verlag, 825 Seiten, schöne Aufmachung, zwar durch die Dicke etwas unhandlich, aber wunderbar glattes Papier.

Duddits

Zum Inhalt zitiere ich vom Umschlag:

Als die vier Freunde Pete, Henry, Josnesy und Biber wie jedes Jahr im Herbst zu ihrem gemeinsamen Jagdausflug in die Wälder von Maine aufbrechen, ahnen sie noch nicht, dass nach ihrem Trip in die Wälder nichts mehr so sein wird wie vorher…

Es geht um vier Freunde, die sich ganz besonders verbunden fühlen, die als Kinder eigentlich eher Außenseiter waren, aber die mutig für einen behinderten Jungen (Duddits) eingetreten sind als dieser bedroht wird und sich dabei selber in Gefahr gebracht haben. Hieraus entwickelt sich eine wunderbare besondere Beziehung. Wir lernen sie aber zunächst als Erwachsene kennen und jeder von ihnen hat seine kleine Macke. Bei diesem letzten Jagdausflug passiert nun etwas Gruseliges. Außerirdische bedrohen die Welt und unsere zwei überlebenden Freunde müssen sich der Aufgabe stellen, diese – und sich – zu retten und man ist die ganze Zeit so mitten drin als wäre man selber derjenige …

Aber es geht um so viel mehr: um Freundschaft, um Mut, um Hilfsbereitschaft, um Kraft, um Angst, um Versagen, um… ja eigentlich um sämtliche menschliche Gefühle. Und jeder von uns wird sich irgendwo an irgendeiner Stelle wieder finden.

Das Buch wird uns zeigen, dass es immer einen Weg gibt.

Meine Begeisterung

Es hat mich gepackt, schon nach der ersten Seite (hinter den Nachrichten) als es um das Motto der vier geht „SSAT“, ein Motto dessen Bedeutung wir erst später erfahren, und ich habe dieses dicke Buch in nur wenigen Tagen ausgelesen.

SSAT: Manchmal sagt man das nur so dahin. Und manchmal glaubt man nur noch an die Dunkelheit. Und wie soll man dann weitermachen?

Wir lernen nacheinander die vier Jungs als Erwachsene kennen und lieben. Da ist zunächst Biber.

Der Biber ist im Grunde ein fröhlicher Typ, das würde einem jeder seiner Kneipenkumpels bestätigen, aber er macht gerade eine schwere Zeit durch.

Seine Ehe ist gescheitert und er trinkt und kifft zuviel.

Dann Pete, der Autoverkäufer, der als Kind eigentlich Astronaut werden wollte, der einer Dame, die bei ihm reinkommt so wunderbar hilft ohne dafür das versprochene Date zu erhalten.

Als nächstes Henry, der Psychiater, der überwiegend Neurotiker in seiner Praxis behandelt und sich mit Selbstmordgedanken trägt.

Dann Jonesy, der als Lehrer an einem College arbeitet und sich großmütig zeigt, nachdem er einen Stipendiaten beim Schummeln erwischt hat und der im Krankenhaus landet, obwohl Henry ihn gewarnt hat, er solle auf sich aufpassen.

Alle diese vier sind so menschlich, so wunderbar unvollkommen und doch so liebenswert, dass sie sich alle in mein Herz schleichen.

Nach dieser „Vorstellung“ geht es schon auf Seite 53 richtig los. Wir sind bei dem Jagdausflug.

Josesy hätte den Typ fast erschossen, als er aus dem Wald kam. Wie knapp war es? Noch ein Pfund Druck auf den Abzug des Garand, vielleicht auch nur ein halbes Pfund. Später, mit der Hellsichtigkeit, die manchmal auf das Entsetzen folgt, wünschte er, er hätte geschossen, bevor er die orangefarbene Mütze und Warnweste sah. Richard McCarthy umzubringen hätte nicht schaden können; es wäre sogar gut gewesen. Es hätte sie alle retten können, hätte er McCarthy erschossen.

Es wird spannend, ein wenig eklig, gruselig ja schon, aber nicht unerträglich. Und man sieht alles so klar vor sich, hält sich fast selber die Nase zu, fühlt die Schmerzen, herrlich. Ich kann nicht ausmachen, was es ist, aber es ist einfach wundervoll geschrieben.

Und diese menschlichen Schwächen, wovon wir alle welche haben: da ist Pete, der die hilflose Frau alleine lässt um sich ein Bier zu holen, Biber, der deshalb stirbt, weil er sich nach einem Zahnstocher bückt, an dem er immer herum kaut und da ist das schlechte Gewissen, weil sie irgendwann aufgehört haben sich um Duddits zu kümmern.

Besonders emotional auch die Szene als wir die vier als Acht- bzw. Neuntklässler erleben. Sie finden verstreut ein Trikot und eine Lunchbox, die wohl einem Kind gehören, das auf die Behindi-Akadaemie geht. Henry will das gerade seinen Freunden erklären

doch ehe er dazu kommt, schreit jemand auf der anderen Seite des Gebäudes, da drüben, wo die Großen im Sommer immer Baseball spielen. Er klingt sehr gekränkt, dieser Schrei, aber was Henry dazu bringt, spontan loszulaufen, ist ds Erstaunen, das darin mitklingt, das schreckliche Erstaunen eines Menschen, dem zum allerersten Mal im Leben weh getan oder Angst eingejagt wird (oder beides).

Die anderen folgen ihm und sie sehen drei Jungen der High School, die zwischen sich im Kies einen kleinen Jungen haben, der nur mit Unterhose und einem Turnschuh bekleidet ist, und dessen Gesicht mit Blut und Dreck und Rotze und Tränen verschmiert ist. Sie versuchen ihn mit einem getrockneten Stück Hundekacke zu füttern. Und obwohl die Jungs viel älter und kräftiger sind, greifen unsere vier Freunde ein und retten den Jungen. Ach wie liebe ich sie dafür, besonders Biber!

Und ja, schon aus den Schlagzeilen mit denen das Buch beginnt, wissen wir, dass es irgendwie um Außerirdische geht, aber das es so wundervoll wird … Und obwohl irgendwo in dem Buch vorkommt, dass diese nicht so harmlos sind wie ET, der einfach nur nach Hause telefonieren will, hat man mit dem letzten Verbleibenden dann doch ein wenig Mitleid.

Am Besten ist die Auflösung am Ende, ok, mit einem gewissen Happy End hat man gerechnet, aber diese gedankliche Auflösung wie ich das einfach mal nennen möchte … Einfach brilliant und auch sehr verblüffend als am Ende sogar Gott ins Spiel kommt. Hach, einfach ein wundervolles Buch. Und nein, eigentlich ist es für mich kein „Horrorbuch“ sonst wäre ich auch sicher nicht so begeistert. Nach einem leichten Gruselfilm kann ich schon nächtelang nicht schlafen … Der Horror ist hier nur Nebensache.

Gerne möchte ich euch noch den Schlussabschnitt zitieren (keine Angst, damit wird nichts verraten)

Henry nahm Josesy Noel ab. Kurz berührten sich ihre Hände und ihre Bliecke und ihre Gedanken – und für diesen einen Moment sahen sie noch einmal die Linie. Henry lächelte, und Jonesy lächelte zurück. Dann gingen sie Seite an Seite die Treppe hinunter und über den Rasen, Jonesy humpelnd und Henry mit dem schlafenden Kind auf dem Arm, und für diesen Moment gab es an Dunklem nur die beiden Schatten, die ihnen über das Gras folgten.

Aus der Nachbemerkung des Autors erfahren wir:

Nie war ich so dankbar für das Schreiben wie während der Arbeit an Duddits – Traumfänger (vom 16. November 1999 bis zum 29. Mai 2000). Ich hatte in diesen sechseinhalb Monaten viele körperliche Beschwerden zu erdulden, und dieses Buch zu schreiben war mir dabei eine große Hilfe.

Eigentlich sollte das Buch „Krebs“ heissen, aber seine Frau hat ihn davon abgehalten – gepasst hätte es. Darauf hin habe ich recherchiert, ob er selber an Krebs gelitten hat, aber er musste sich von einem Unfall erholen.


Duddits
Stephen King
übersetzt von Jochen Schwarzer
Ullstein Verlag, 2001
ISBN: 3 550 08329 7