Das erste Kapitel des Blogromans findest du hier, du kannst auch von Kapitel zu Kapitel blättern.
letztes Kapitel

Blogroman Sonntagsgeschichte 80 Krisensitzung

Fundin kehrte mit seinem Zwillingsbruder zurück. Dieser schaute überrascht in die Runde, suchte nach einem bestimmten Gesicht und verbarg die Enttäuschung darüber nicht, dass Schneewittchen nicht anwesend war. Dann machte er es sich neben seinem Bruder bequem. Die Zwillinge sahen sich nur bei genauem Hinsehen in den Gesichtszügen ähnlich. Dagegen war die Ähnlichkeit zwischen Lars und Sven stärker, da sie beide eine menschliche schlanke Statur hatten. Josephine erkannte, je länger sie die Zwillinge betrachtete, dass die Ähnlichkeit zwischen Lars und Sven, abgesehen von der Statur auf die Merkmale zurück zu führen war, die Lars mit seinem Zwergenzwilling teilte. Lars schenkte Sven keine besondere Beachtung, sah dagegen erwartungsvoll seinen Vater an, bis er schließlich selbst das Schweigen brach: „Lässt du mich gehen?“

„Nein“, antwortete der Zwergenkönig ohne zu zögern.

„Nun, dann weiß ich nicht, was ich hier soll, Vater.“ Das letzte Wort betonte er abfällig, ohne jegliche Achtung, wie Fundin sie dem Vater entgegenbrachte.

„Warte Bruder“, bremste Fundin ihn. „Lass uns bitte reden.“

„Es gibt nichts zu reden. Ich bin nun kein Gefangener des Steines mehr, stattdessen ein Gefangener meines Vaters in diesen steinernen Hallen. Was glaubst du was mehr schmerzt?“

Auch Fundin erhob nun die Stimme: „Was glaubst du, wie sehr es geschmerzt hat, ohne dich zu leben, Bruder?!“

Lars erwiderte nichts, blieb aber sitzen.

„Wenn ihr zwei dann fertig seid mit eurem kindischen Benehmen, können wir endlich reden. Genau deswegen habe ich dich erst auf Bitten holen lassen, Sohn. Vielleicht war es ein Fehler, lass es mich nicht bereuen. Nun denn, eines habe ich nun mehr als deutlich gemacht. Ich bestehe darauf, dass du hier bleibst, in Sicherheit. Wir müssen auch sicher gehen, dass der Fluch wirklich gebrochen ist.“

„Es war kein Fluch, Vater“, widersprach Sven, diesmal in ruhigerem Ton. „Es war der Preis für einen Zauber, den ich gewirkt habe. Ein Zauber, die Liebe meines Lebens zu beschützen. Ich habe ihn gern auf mich genommen, übrigens in vollem Bewusstsein, was ich tat. Wahre Verbundenheit würde den Zauber eines Tages lösen. Dabei dachte ich allerdings, dass ich Schneewittchen selbst erlösen würde in den Zeiten die mir blieben, sie in der Menschenwelt zu finden, aber zum Glück genügte die Verbindung von Seelengefährten ebenfalls. So fand sie mich, erlöste mich und nun bin ich hier …“ Seine weiteren Worte wurden von seinem Schluchzen erstickt.

Sein Bruder legte ihm tröstend den Arm um die Hüfte, an seine Schulter reichte er kaum heran. Sven schluchzte ebenfalls auf. Josephine sah ihren Freund überrascht an, wurde er ebenfalls von Lars Gefühlen überwältigt, hatte sie sich geirrt? Doch dann blickte sie erneut zu den Zwillingen, blickte in das leidende Gesicht Fundins. Ob es seine eigenen Gefühle waren, oder die geteilten seines Zwillings, Sven fühlte offenbar mit ihm. Sie strich ihrem Freund liebevoll über das Bein und richtete ihre Worte an die Runde: „Wir brauchen eine Lösung, eine, die Sarah und Lars ermöglicht, wieder zusammen zu sein.“

Der König räusperte sich und sprach: „Ich habe mich bereits bereit erklärt, Schneewittchen bei uns aufzunehmen. So lange sie unter meinem Schutz steht, wird ihr innerhalb der Minen nichts zustoßen.“

Lars lachte auf, es klang unheimlich. „Sie wäre ebenso eine Gefangene wie ich.“

„Nein, Bruder, ihr währt wieder zusammen.“

„Wie könnte sie in den Minen leben?“

„Wie könnte sie ohne dich leben? Wie könnten wir ohne dich leben? Ihr könnt doch auch raus, euch frei in Vaters Reich bewegen, durch den Wald und über die Wiesen wandeln, wie es euch beliebt. Wir wollen euch doch nur in Sicherheit wissen, nicht erneut um dich sorgen müssen.“

Sven richtete sich auf und sprach zu Josephines Überraschung: „Vielleicht fragt ihr sie. Wir können doch nicht einfach über sie entscheiden, wo sie leben soll. Ladet sie ein und lasst sie selbst entscheiden, wo sie leben möchte.“

„Das ist eine gute Idee“, stimmte Josephine ihm zu. „Sie hat bei uns ein neues Zuhause gefunden, ein Ort an dem sie willkommen ist, ebenso auf der Aquilaburg. Ladet sie ein und lasst sie selbst entscheiden. Frei und ohne Vorschriften.“

„Und wer fragt mich“, begehrte Lars auf. Sven und Josephine schwiegen, sie verstanden seinen Protest, wussten aber keinen Rat, kannten sich mit den Regeln der Zwergenwelt nicht aus, aber sie erkannten, dass Lars inzwischen mehr Mensch als Zwerg war, wenn er denn je anders gewesen war.

Opa Henry wandte sich seinem Seelengefährten zu. „Ich denke die jungen Leute haben Recht. Wir sollten Sarah einladen, es wird nicht leicht für sie und deinen Sohn. Nach all der Zeit sollten wir ihnen ein wenig Zeit zu zweit gönnen und sie dann selbst entscheiden lassen, wo sie leben wollen. Ich rate dir auch deinen Sohn frei entscheiden zu lassen, sonst wirst du ihn auf andere Weise verlieren. Hab Vertrauen und sei für ihn da, dann bleibt er dir erhalten.“

Lukas saß schweigend neben Josephine, drückte aber vor Aufregung ihre Hand. So sehr hoffte er auf eine gute Lösung für Sarah, seine Seelengefährtin.

„Nun denn, dann ist es wohl entschieden“, sprach der Zwergenkönig schließlich und klang dabei, als wolle er ein Urteil verkünden. Sein Blick traf Lukas. „Seelengefährte des Schneewittchen, kehre zurück in die Menschenwelt und hole das Weib, welches das Herz meines Sohnes gestohlen.“

***

nächstes Kapitel