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letztes Kapitel
Sarah umarmte die steinerne Figur. „Mein Prinz“, rief sie erneut, während ihr Tränen über die Wangen liefen. Die anderen blieben im Kreis stehen, gemeinsam waren sie in die Anderswelt übergetreten. Lars hatte sich offenbar nie vom Steinkreis fortbewegt. Er war zu Stein geworden und geblieben, heim gekehrt in die Anderswelt. Warum hatten sie das nicht gespürt? Josephine versuchte Loreleys Blick aufzufangen. Sie hatte doch gesagt, sie habe eine Spur, war diese zu schwach gewesen? Warum hatten sie nicht nachgesehen? War sie nicht sogar vom Steinkreis aus in die Anderswelt gereist? Hätte sie ihn nicht sehen müssen? Zu viele Fragen, aber Josephine spürte, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, diese zu stellen.
Während alle schwiegen, klang das leise Schluchzen des Schneewittchens laut. Es schmerzte sie so weinen zu sehen. Dann schluckte Sarah, strich Lars sanft über die steinerne Wange und küsste ihn auf den harten Mund. Es war wie im Märchen, nur umgekehrt. Naja, eigentlich auch wieder ganz anders, denn es wäre nicht nur Schneewittchen, die mit einem Kuss erlöst werden müsste. Sie wäre vor allem nicht versteinert. Und doch geschah es. Kleine Kieselsteinchen lösten sich von Lars, fielen einfach von ihm ab auf den Waldboden. Sarah erschrak kurz, löste den Kuss, sah sich um. Lore lächelte ihr aufmunternd zu und sie küsste ihren Prinzen erneut. Weitere Steine fielen von ihm ab, seine blasse Haut kam zum Vorschein. Die steinernen Lippen wurden weicher, röter, bis sie endlich Schneewittchens Kuss erwiderten.
Einen Moment später, der Sarah und den Umstehenden endlos erschien, schlang Lars seine Arme um sie und hielt sie ganz fest. Einem Impuls folgend begann Josephine zu applaudieren. Jenny sah sie irritiert an, dann machte sie mit, die anderen fielen ebenfalls ein. Alle waren erleichtert und glücklich, Schneewittchen und ihren Prinzen wieder vereint zu sehen. Es war beinahe zu einfach gewesen.
„Mein Sohn“, erklang eine tiefe kräftige Stimme. Alle bis auf Lars wandten sich ihm zu. Klein, aber mächtig stand er da, der Zwergenkönig.
„Komm“, forderte er seinen Sohn. Dabei streckte er die Hand nach ihm aus. Sarah starrte ihn an, während sie Lars fest umklammert hielt. Dieser stand mit dem Rücken zu seinem Vater. Behutsam lockerte er Sarahs Umarmung und wandte sich um, ohne sie los zu lassen. Er sagte nichts.
„Komm“, forderte der Zwergenkönig erneut und als sein Sohn nicht gehorchte, ging er die wenigen Schritte auf ihn zu und packte ihn an der Schulter. Das sah seltsam aus, denn er reichte seinem eigenen Sohn knapp bis zur Brust. Entsprechend musste er seinen Arm lang strecken, um die rechte Schulter zu erreichen. Doch das spielte keine Rolle, denn etwas geschah, womit niemand gerechnet hatte. Die beiden verschwanden. Sie lösten sich einfach in Luft auf.
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