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Sonntagsgeschichte Kapitel 55 Blogroman

Im Kindergarten wurde Josephine herzlich begrüßt. „Erzählst du uns heute wieder eine Drachengeschichte“, fragte Peter. „Nicht schon wieder Drachen“, protestierte Nils. „Ich möchte ein Märchen mit einer bösen Hexe.“ Immer mehr Kinder kamen dazu und hatten Wünsche. Nachdem alle sie begrüßt hatten, machten sie es sich gemeinsam auf dem Teppich gemütlich. Es dauerte eine Weile bis alle einen bequemen Platz gefunden und sich über die verschiedenen Kissen und Sitzsäcke geeinigt hatten. Marie hatte den Streit um das Sternenkissen verloren und sich schließlich mit dem Kopf auf Josephines Bein gelegt. Sanft streichelte sie dem Mädchen über den Kopf und blickte einmal in die Runde. Jetzt hatte sie die Aufmerksamkeit der Kinder, alle warteten auf ihre Geschichte.

„Heute möchte ich mit euch über Schneewittchen sprechen.“ Sie war froh, heute nicht in der Gruppe von Daniela zu sein, denn dort hatte sie bereits an ihrem ersten Tag Schneewittchen vorgelesen. Diese Geschichte beschäftigte sie so sehr, dass es einfach keine andere Geschichte gab, die sie heute gerne erzählt hätte. „Wer von euch kennt denn das Märchen?“ Ungefähr die Hälfte der Kinder meldete sich, darunter fast alle Vorschulkinder. Ein wenig überraschte es Josephine, aber sie arbeitete lange genug mit dieser Gruppe zusammen, um zu wissen, dass viele Kinder keine Märchen kannten, nicht einmal mehr die Disney-Verfilmungen. „Das ist doch wunderbar“, erklärte sie zufrieden. „Dann können wir das Märchen zusammen erzählen. Alle, die Schneewittchen kennen, helfen mit. Ihr anderen hört bitte gut zu, denn anschließend habe ich noch etwas mit euch vor.“ Die Kinder, die das Märchen kannten nickten begeistert, die anderen schauten erwartungsvoll. „Wer mag denn mal anfangen und uns sagen, wer Schneewittchen war?“

„Sie hatte sieben Zwerge als Freunde“, rief Paul. „Das stimmt Paul, aber wir wollen die Geschichte von Anfang an erzählen. Was passierte denn, bevor sie die Zwerge kennen gelernt hat?“

„Der Spiegel“, fiel Marie ein. „Genau Marie, der sprechende Spiegel ist wichtig für das Märchen. Erinnerst du dich, was der Spiegel gesagt hat?“ Marie nickte und setzte sich auf. „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land? Das hat die böse Frau gefragt. Dann antwortet der Spiegel: Schneewittchen. Das mag die böse Frau nicht.“

„Deswegen muss Schneewittchen weg.“ 
„Der Jäger bringt sie in den Wald.“ 
„Der Jäger verliebt sich in Schneewittchen und tötet sie nicht.“
Immer mehr Kindern fiel ein, wie die Geschichte weiter ging. Auch wenn sie unterschiedliche Varianten derselben Geschichte aus Bilderbüchern, Erzählungen oder Filmen kannten, ergab sich nach und nach eine Geschichte, die für alle Sinn ergab. Und doch kannte nur Josephine die wahre Geschichte. Als die ersten Kinder unruhiger wurden, weil sie das still sitzen anstrengte, verteilte die Erzieherin Elena Papier und Stifte. Während die Kinder mit malen beschäftigt waren, konnten sie auch wieder besser zuhören. Marie, die sich zwischenzeitlich wieder an Josephine gekuschelt hatte, war von ihr weg gerutscht, rüber zu ihrer Freundin Nora, um mit ihr zusammen zu malen.

Als das Märchen zu Ende erzählt war, schickten Elena und Josephine die Kinder nach draußen zum spielen. Später würden sie sich zum zweiten Teil zusammen setzen. Marie wollte lieber drinnen bleiben, was ihrer Freundin Nora allerdings gar nicht gefiel. „Mein Bild ist aber noch nicht fertig“, protestierte Marie. „Das kannst du doch später machen. Komm mit raus spielen“, forderte Nora, aber Marie blieb und Nora ließ sich beleidigt von Elena nach draußen führen.

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Vielleicht kommen euch Marie und Nora bekannt vor? Vielleicht möchtet ihr Nora gerne kennen lernen? Dann lest mal die Adventskalendergeschichte von 2018 von Kathi. Auch Marie und Elena tauchen hier bereits auf.