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![Blogroman Sonntagsgeschichte 54](https://www.kleiner-komet.de/wp-content/uploads/2019/01/Sonntagsgeschichte54-1024x768.jpg)
„Ein bisschen seltsam ist deine Mutter schon“, sagte Lametta, als sie in Joephines Zimmer kamen und sie sich aus ihrem Haar löste. „Vielleicht würde sie sich mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen gut mit Schneewittchen verstehen.“
Josephine schaute irritiert, dann fing sie an zu lachen. „Wahrscheinlich hast du Recht.“
Es war seltsam wieder zu Hause zu sein. Es war nur ein Wochenende gewesen, nicht einmal weit weg, nur in der Eifel. Doch es hatte sich so viel verändert und es war eine Reise in eine andere Welt gewesen. So unrecht hatte ihre Mutter vielleicht gar nicht, wenn sie das Gefühl hatte Josephines Großeltern seien gewöhnlich gegenüber Opa Henry. Doch der Unterschied lag nicht darin, dass er auf der Aquilaburg lebte, vielmehr in seiner engen Verbindung zur Anderswelt und dem Zwergenkönig, der sein Seelengefährte war. Josephines Familie bestand ausschließlich aus Menschen. Dem war doch so, oder? Wie konnte es sein, dass in Svens Familie so viele Personen eine Verbindung zur Anderswelt hatten? Wäre es möglich …
„Worüber grübelst du denn so viel?“, fragte Lametta, die um sie herum schwirrte. Die lange Zeit, die Josphine mit ihren Eltern verbracht hatte, konnte das Lilling-Mädchen sich nicht bewegen. Das Leben als Haarspange behagte ihr nicht. Doch sie nahm ihre Aufgabe als Beschützerin ernst. Außerhalb der Mauern der Aquilaburg zu sein bedeutete auch außerhalb des mächtigen Schutzwalls, dem Henry und Lore dort errichtet hatten. Zuhause hatte sie sich bisher sicher gefühlt, doch wusste sie genau, dass der Fuchsteufel ihr jederzeit wieder auflauern konnte, um die Drachenschuppe zu bekommen.
„Warum ist mein Leben so kompliziert?“, fragte sie Lametta. „Ist es gar nicht“, lachte diese. „Es ist nur nicht langweilig.“ Dabei drehte sie ein paar Loopings in der Luft und landete schließlich auf Josephines angewinkeltem Knie. „Menschen, die mit der Anderswelt in Berührung kommen, leben niemals ein langweiliges Leben. Oder möchtest du das?“
„Ich weiß es nicht“, seufzte sie und betrachtete die zarten Schmetterlingsflügel. „Es gibt so viel wunderbares zu entdecken, aber auch so viele Gefahren. Ich glaube, ich habe Angst.“ Lametta blickte sie fragend an.
„Angst vor dem Fuchsteufel. Angst zu versagen. Es ist einfach zu viel, zu viele Fragen, zu wenige Antworten.“
„Du bist ungeduldig“, erklärte Lametta mit bestimmter Stimme. „Und du bist unsicher, was aus dir werden soll.“ Josephine nickte. Das traf es ganz gut. Doch Lametta war noch nicht fertig. „Wenn du Johanna nie begegnet hättest, wie sähe dein Leben jetzt aus? Hättest du dich für ein Studium oder eine Ausbildung entschieden? Wüsstest du, wie du dein Leben gestalten solltest? Hättest du weniger Angst?“
Das tat weh, denn es war die Wahrheit. Es war die Ungewissheit der Zukunft, die sie ängstigte. Mit oder ohne Magie, sie wusste nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, wusste sie es dank Johanna ein wenig besser. Sie hatte eine Aufgabe, auch wenn ihr noch nicht ganz klar war welche. Die Verbindung zur Anderswelt musste gehalten werden und es war ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Magie der Geschichten nicht verloren ging. Sie war nicht allein. Lametta war bei ihr, ihre Seelengefährtin Johanna und nun auch Sven, der allerdings noch weniger verstand als sie. Josephine legte sich hin, kuschelte sich in ihre Kissen und griff nach ihrem Handy, um mit Sven zu schreiben.