Dies ist das 29. Kapitel des Blogromans.
Das erste Kapitel findest du hier, du kannst auch von Kapitel zu Kapitel blättern.
Sie fuhren geradewegs auf das Portal der Aquilaburg zu. Der Bau war beeindruckend, mit seinen Türmchen und Erkern. Sie würden nur das Wochenende hier verbringen, den Geburtstag des Opas feiern und es bliebe ganz sicher nicht genügend Zeit das komplette Anwesen zu erkunden.
Den Blick von der Burg abzuwenden, fiel Josephine schwer, doch sie musste wissen, ob die Krähen ihnen noch folgten. Bald wäre es so weit, sie müssten aus dem Wagen aussteigen, was wäre dann? Ein Blick durch das Panoramadach verriet ihr, dass der Schwarm noch immer dem Wagen folgte, sogar recht dicht über dem Auto herflogen. Jenny und Sven schienen davon nichts zu bemerken, auch die Eltern nicht. Dabei folgten ihnen die Vögel, seit sie die Autobahn verlassen hatten. Zumindest hatte Josephine, sie kurz darauf entdeckt und immer wieder gesehen.
Das große schmiedeeiserne Tor öffnete sich von Geisterhand, oder auch durch moderne Technik. Wobei moderne Technologie so gar nicht zu dem Anwesen zu passen schien. Svens Mutter fuhr die letzten Meter zum Hauptportal und hielt direkt vor dem Eingang. Kaum hielt der Wagen, sprangen Jenny und Sven aus dem Auto und liefen wie zwei kleine Kinder ihrem Opa in die Arme. Josephine bot sich ein Bild, wie aus der Serie Downton Abbey. Der Großvater stand vor dem großen Einganfsportal der Burg am Fuße der Treppe. Links und rechts von ihm reihten sich Bedienstete in Uniform auf. Während er seine Enkelkinder herzlich in die Arme schloss, setzten sich die Bediensteten in Bewegung. Einer nahm den Autoschlüssel in Empfang, um den Wagen zu parken. Andere kümmerten sich um das Gepäck. Eine Hand streckte sich Josephine entgegen, um ihr aus dem Wagen zu helfen. Sie rutschte auf Jennys Platz, griff unbeholfen nach der dargebotenen Hand und kletterte umständlich aus dem Fahrzeug. Suchend blickte sie sich um. Wo waren die Vögel?
Sie waren nirgends zu erblicken, obwohl sie wenige Minuten zuvor noch dicht über dem Auto her geflogen waren. Sie fing den Blick des Burgherren auf. Er schien sie zu mustern. Sie atmete tief durch. Das war der Moment des Kennenlernens, der erste von vielen an diesem Wochenende, nein nicht der erste, denn vor der Abfahrt, war sie Jenny und Svens Eltern zum ersten Mal begegnet. Jenny hing noch am Arm ihres Großvaters, Sven stand hinter den beiden und lächelte Josephine aufmunternd zu. Langsam setze sie sich in Bewegung, fragte sich, ob ein Knicks der Szene angemessen wäre. Sie schalt sich albern und streckte Svens Großvater höflich die Hand hin. Der alte Mann ergriff sie, überraschte das Mädchen mit einem festen Händedruck, blickte ihr tief in die Augen, als wollte er in ihre Seele blicken. Dann zog er sie zu sich, nahm sie herzlich in den Arm und flüsterte in ihr Ohr: „Willkommen zu Hause.“
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