Dies ist das 26. Kapitel des Blogromans.

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Josephine saß nervös auf dem Rücksitz, zwischen ihrem Freund Sven und seiner Schwester Jennifer, im Wagen deren Eltern. Die Mutter fuhr, während der Vater auf dem Beifahrersitz döste. Sie fuhren gemeinsam in die Eifel zum Geburtstag von Svens Opa. Der Mann wurde 90 Jahre alt und Sven war es unheimlich wichtig gewesen, dass Josephine mitkam. Sie hatte erst nicht gewollt, kannte sie bis zur Abfahrt nicht einmal seine Eltern. Doch er hatte sie überredet, versprochen sie niemals alleine zu lassen und dass es ein wunderbares gemeinsames Wochenende werden würde. Auf jedes ihrer doch recht schwachen Argumente hatte er eine Erwiderung gehabt. Sie hatte schlichtweg Angst, dass man sie nicht mögen könnte oder auch, dass ihr diese ganze Familiensache zu viel werden könnte. Vielleicht auch, wenn sie ganz ehrlich war, dass es ihrer Beziehung so einen verflucht ernsten Touch gab. Sven würde sie all seinen Onkeln, Tanten und zahlreichen Verwandten als seine Freundin vorstellen. Wenn sie ihn richtig verstanden hatte, würde es ein großes Fest werden und sie sehr viele dieser Vorstellungen über sich ergehen lassen müssen.

Zweifelte sie an ihren Gefühlen für Sven? Nein. Sie drückte seine Hand, hätte gerne ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, was aber nicht ging, da Jenny gerade wieder an ihrem Haar herum zupfte. Jenny war bereits 20 Jahre alt, studierte in Köln, was hatte Josephine in ihrer Aufregung nicht mitbekommen. Jenny hatte sie gleich herzlich umarmt und als neue Freundin oder auch Schwester akzeptiert. Sie kannten sich flüchtig vom Sehen aus der Schule, hatte Jenny zwei Jahre vor Josephine und Sven ihr Abitur gemacht. Leider kannte Josephine Jennys YouTube-Kanal nicht, hätte Sven ihr mal davon erzählt, hätte sie reingeschaut und wäre vorbereitet gewesen.

Aber das machte nichts, Jenny redete gern und hatte viele Ideen, was sie alles mit Josephines Haar anstellen würde. Josephine würde ihren Kanal kennen lernen, denn offenbar würde sie der neue Star einer Hair-Tutorial-Reihe werden, Widerspruch zwecklos. Eine der wenigen offensichtlichen Gemeinsamkeiten zwischen Jenny und Sven: Wenn sich die beiden mal etwas in den Kopf gesetzt hatten, gaben sie keine Ruhe, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.

Sie hatten die Autobahn schon vor einer Weile verlassen, fuhren über die gewunden Straßen durch wunderschöne Landschaften. Es ging bergauf, bergab, durch Wälder, vorbei an Feldern, einzelnen Gehöften, durch kleiner und größere Orte. Die Orientierung hatte Josephine längst verloren, den Namen ihres Ziels vergessen. Immer wieder warf sie einen Blick durch das Panoramadachfenster. Jedes Mal zeigte sich ihr dasselbe Bild, ein Stück blauer Himmel und eine schwarze Wolke. Diese Wolke war ein Schwarm Krähen, der ihnen schon eine ganze Weile folgte. Zu lange schon, um eine Eigenheit dieser ländlichen Gegend zu sein.

Im Auto umgeben von Sven und seiner Familie war sie in Sicherheit, doch würde sie sich dem Vogelschwarm stellen müssen, wenn sie ausstiegen? Bleib unter Menschen, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sven hat versprochen bei dir zu bleiben.

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