Deutschstunde ~ Siegfried Lenz

Deutschstunde ~ Siegfried Lenz

Puuh, sind Temperaturen von über 30 Grad das Richtige um einen Klassiker zu lesen? Ich habe zunächst gezögert, aber ja, dieser Klassik war eine gute Wahl. Bei diesen Temperaturen mag ich persönlich mich nicht viel bewegen und das Buch hat es geschafft mich zu fesseln und mich gut über die (hoffentlich) heißesten Tage des Sommers zu bringen.

Zum Inhalt

hm, schwierig, wie fasst man diesen Roman zusammen ohne zuviel zu verraten? Vordergründig geht es um den Schüler Siggi Jepsen, der bei der Klassenarbeit in Deutsch ein leeres Heft abgegeben hat, nun als Strafarbeit den Aufsatz nachholen soll und hierfür eingesperrt wird.

Er hat aber nicht aus böser Absicht so gehandelt, sondern er konnte bei dem Thema „Die Freuden der Pflicht“ einfach keinen Anfang finden, was ihm in seiner Zelle zunächst auch schwer fällt. Aber dann füllt er Seite um Seite, kämpft darum weiterhin in seiner Zelle bleiben zu dürfen und erzählt uns Erlebnisse aus seiner Kindheit als Sohn des Polizisten in dem schleswig-holsteinischen Dorf Rugbüll, die in den Jahren um 1943 spielen.

Schon der Anfang gefällt mir

Sie haben mir eine Strafarbeit gegeben. Joswig selbst hat mich in mein festes Zimmer gebracht, hat die Gitter vor dem Fenster beklopft, den Strohsack massiert, hat sodann, unser Lieblingswärter, meinen metallenen Schrank durchforscht… Dann hat er vorwurfsvoll das Heft auf meinen Tisch gelegt, das Aufsatzheft- auf dem grauen Etikett steht: Deutsche Aufsätze von Siggi Jepsen-, ist grußlos zur Tür gegangen, enttäuscht, gekränkt in seiner Güte; denn unter den Strafen, die man uns gelegentlich zuerkennt, leidet Joswig unser Lieblingswärter, empfindlicher, auch länger und folgenreicher als wir“.

Es scheint im Moment nicht wichtig, wo Siggi sich genau befindet und warum (dies erfahren wir erst im vorletzten Kapitel), wir wissen auch nicht in welcher Zeit, sind auch irritiert, warum man wegen eines nicht geschriebenen Aufsatzes in Haft sitzt. Wir bekommen zwar einige Eindrücke, aber man merkt schnell dass das Entscheidende die Erinnerungen sind. Diese geschickten Perspektivwechsel, die gut verpackte Auseinandersetzung mit der Frage der Grenzen der Pflicht, einfach klasse.

Neben der Sichtweise des Siggi Jepsen kommt ab und an ein Psychologe hinzu, der über Siggi eine Diplomarbeit schreibt und aus seiner Sicht einiges aus dem Leben zusammenfasst und uns so quasi die sachlichen Informationen zu Siggi liefert.

Auch das offene Ende gefällt mir, denn es ist nicht wichtig wie es mit Siggi weitergeht.

Ein Roman, der zum Nachdenken anregt über die Pflicht und die Entscheidung wie ernst diese zu nehmen ist, als wie unbeugsam man sie ansehen muss oder ob es doch einen persönlichen Spielraum gibt.

Aber trotz des ernsten Hintergrundes liest sich das Buch leicht, man fühlt sich einbezogen in das Geschehen und freut sich auf das jeweils nächste Kapitel.