Mein Oktoberbuch war mal wieder eines, das mir mitgebracht wurde. Diesmal stammt es aus diesem wunderschönen Bücherschrank in Sterkrade (Stadtbezirk in Oberhausen).
Ob es das wunderschöne Cover war mit dem Pariser Motiv?

Ein künstlerischer Monat
Mit Gemälden habe ich es ja eher weniger und doch war der Oktober literarisch sehr künstlerisch angehaucht – im Sinne von malender Kunst. Bereits gelesen habe ich „Wege ihrer Sehnsucht“ von Fiona Davis, dass sich stark um Kunst und Künstler dreht, mein Beitrag dazu heißt nicht grundlos „Ein Buch wie ein Gemälde“.
Auch mein Oktoberbuch ist in diesem Sinne künstlerisch. Wir begleiten einen jungen und erfolgreichen Pariser Galeristen auf einer amourösen Schnitzeljagd. Dabei begegnen wir vielen schönen Frauen, einige davon sind Künstlerinnen oder Käuferinnen.
Wie soll ich sagen – Künstler sind ganz besondere Wesen. Bei allem Gestaltungswillen haben sie empfindsame Seelen und ein fürchterlich labiles Selbstbewusstsein, das ständig gestärkt werden will. Und ein Galerist, der mit „lebenden Künstlern“ arbeitet, muß vor allem eines können: diese Wesen aushalten.
Du findest mich am Ende der Welt, Nicolas Barreau, Seite 78
Jean-Luc bezieht sich an dieser Stelle nicht nur auf Frauen, sondern alle Künstler und der Autor bezieht sich selbst mit ein, wie es in der Danksagung deutlich wird, als er Abbitte tut bei allen, die ihn aushalten müssen, schließlich sind auch Autoren Künstler und empfindsame Seelen.

Kitsch? Romantik oder einfach sexistisch?
Meine Güte beginnt es kitschig …
Ein Blick in die Vergangenheit, ein verliebter Teenie-Junge …
Diese Zeilen notierte ich nach nur wenigen gelesenen Seiten. Jean-Luc erzählt im ersten Kapitel von dem allerersten Liebesbrief den er geschrieben hatte. Es lief nicht so gut und daher hat er bis zu jenem geheimnisvollen Brief, welcher der Auslöser für diese Geschichte ist, keinen mehr geschrieben.
Wenn ich heute an all dies denke, muß ich lachen. Doch so gerne ich mich auch über den liebesenthusiastischen Jungen von damals erheben möchte, es bleibt ein kleiner Stich des Bedauerns, ich gebe es zu.
Du findest mich am Ende der Welt, Nicolas Barreau, Seite 12
Es ist auf jeden Fall kitschig, der Anfang trieft nur so. Der erwachsene Jean-Luc verbringt die Nacht mit einer verheirateten Dame, die ihn, den ziemlich Angetrunkenen verführt, sie mit in sein Schlafzimmer zu nehmen. Doch es passiert nichts, dank einer Schaffenskrise einer talentierten Künstlerin, die demnächst eine Ausstellung hat. Jener begegnen wir in einer anderen Nacht, nackt, in ihrem Schlafzimmer.
Nach jener Nacht hinterlässt die verheiratete Dame ihm eine Nachtisch am Badezimmerspiegel und zu späterer Stunde findet er einen Liebesbrief im Briefkasten.
Von wem ist dieser Brief?
Das ist die zentrale Frage des Romans. Ein Liebesroman, der uns aus der männlichen Perspektive von einem männlichen Autor erzählt wird, ist mal interessant. Allerdings nicht ganz ohne, was die Herren da so über die Frauen zu sagen haben …
Jean Luc ist ein Herzensbrecher und leicht durch Schönheit zu beeindrucken.
Die Geschichte liest sich für mich keineswegs romantisch, allerdings amüsant. Die Principessa, die anonyme Briefeschreiberin spielt mit ihm, treibt ihn, den oberflächlichen Kerl, in den Wahnsinn, beschränkt ihn, der sich nach Haut und körperlicher Zuneigung sehnt, auf Worte.
Pariser Charme
Die Geschichte spielt nicht nur in Paris, der besondere Flair der Stadt ist auch spürbar, wenn ich auch zugeben muss, bisher nie dort gewesen zu sein. Es ist der typische künstlerische Flair.
Ich frage mich allerdings, wie die französischen Sätze im Original aussehen. Sie sind einzeln verstreut und es folgt immer eine direkte Übersetzung oder Erklärung. Sie verleihen dem Roman einen gewissen Charme, einen französischen Charakter. Das Original ist allerdings ja vollständig französisch. Würden also einzelne Sätze für die Übersetzung ausgewählt und im Original belassen und um eine Übersetzung ergänz?
In der Danksagung komme ich des Rätsels Lösung auf die Spur, Nicolas Barreau wurde von seinem deutschen Verleger inspiriert, offenbar sind die Wortspiele also vielleicht beabsichtigt und für das deutsche Publikum geschrieben? Dennoch wurde das Buch von Sophie Scherrer aus dem französischen übersetzt.
Der Reiz des Buches
Es liest sich durchaus spannend und ich habe mitgerätselt und ein wenig der persönlichen Begegnung entgegen gefiebert. Ich war gespannt darauf, wie er auf die reale Person reagieren würde, die seine Phantasien so sehr angeregt hat. Ich fragte mich, wer sie sein könnte und in welcher Beziehung sie bisher zueinander standen.
Es steckt auch eine wertvolle Botschaft in den geschwollenen Worten. Es gibt Menschen im unserem Leben, die nehmen wir nicht richtig war, schätzen sie nicht so, wie sie es verdienen und das muss sich nicht nur auf die romantische Ebene beziehen.
Schau dir die Menschen um dich herum Mal wirklich an. Was bedeuten sie dir? Wer ist für dich da, was vielleicht selbstverständlich erscheint, es aber eigentlich ganz und gar nicht ist?
Gibst du diesen Menschen etwas zurück oder sind es einseitige Beziehungen? Welcher Art diese auch sein mögen, romantisch, freundschaftlich, geschäftlich, nimm dir hin und wieder Zeit diese Beziehungen zu pflegen.
Du findest mich am Ende der Welt
Nicolas Barreau
übersetzt von Sophie Scherrer
PIPER, 2008
ISBN: 9783492257756