Artemis - Andy Weir

Artemis – Andy Weir

Eine neue Gesellschaft

.. begründet von Menschen mit Visionen und Überzeugungen, noch klein und überschaubar, benötigt noch nicht so viele Regeln. Einige sind unumstößlich, wenn sie der Sicherheit und dem Überleben aller dienen. Mit der Zeit entstehen Probleme, die dann durch Gesetze reglementiert werden. Diese gefallen nicht allen, werden auch nicht von allen eingesehen und entsprechend akzeptiert. Also werden sie umgangen. Gesetze und Kriminalität hängen zusammen. Ohne Gesetze, die etwas verbieten, gäbe es keine Kriminalität, denn es wäre ja erlaubtes Verhalten. Doch führt Verhalten zu Problemen in der Gesellschaft, braucht es eben Gesetze, die es verbieten und unter Konsequenzen stellen, so funktioniert das Prinzip, zumindest ist das die Idee.

Politik und Freiheit

Gesetze entwickeln sich also mit der Gesellschaft und entsprechend dem Verhalten der Menschen. Allerdings ist dies ein politischer Prozess und es spielen unterschiedliche Interessen bei politischen Entscheidungen eine Rolle … Entsprechend gibt es zwar auf der Erde überall ähnliche Probleme beim Zusammenleben, aber unterschiedliche Gesetze, die diese in den Griff bekommen sollen oder aber auch nicht.

Je starrer die Regeln und Gesetze und je komplizierter diese sind, desto schwieriger ist es beispielsweise ein Unternehmen zu gründen. Deutschland gilt ja als eines der Länder mit einer herausragenden Bürokratie, in dem Sinne, dass wir eben gerne viele Anträge für alles mögliche stellen müssen, bevor wir neue Ideen rechtskonform umsetzen. Das ganze kann so aufwendig und kompliziert sein, dass viele direkt am Anfang scheitern.

Dagegen gibt es andere Länder, in denen gibt es niedrigere Barrieren, eine Idee umzusetzen. Das hat sicher nicht nur Vorteile. Doch welches System ist geeignet um eine Basis auf dem Mond zu starten? Es braucht Geldgeber und die Freiheit, die Idee umzusetzen.

Autor Andy Weir hat sich für die Umsetzung einer solchen Idee gegen die USA und Europa entscheiden, erklärt auch ganz klar warum.

Artemis

Entsprechend entwickelt sich auch die Gesellschaft auf dem Mond in Artemis mit zunächst mit möglichst wenig Gesetzen und einer Kriminalität, die sich bisher noch in Grenzen hielt. Artemis ist die erste und bisher einzige Stadt auf dem Mond mit 2000 Einwohnern. Es leben dort viele Millionäre, Wissenschaftler, aber auch Menschen, die wenig zur Verfügung haben, ein neues Leben auf dem Mond beginnen wollten und dort arbeiten. Jazz ist für Transporte zuständig, ihr Vater Schweißer. Sie hat viel von ihm gelernt, wollte aber lieber frei und unabhängig sein und ihren eigenen Weg gehen. Diesen geht sie, wenn auch einen nicht ganz sauberen. Jazz ist Schmugglerin, allerdings eine mit einer klaren Ethik. Beispielsweise würde sie niemals Waffen auf Artemis schmuggeln.

Wie so oft im Leben, hat es sich auch bei Jazz so ergeben, sie sah eine Möglichkeit und hat sie genutzt. Im Laufe der Geschichte erfahren wir nebenbei, wie sich das Leben der jungen Frau auf dem Mond entwickelt hat. Sie lebt seit ihrem 6. Lebensjahr auf dem Mond. Für Schwangere und kleine Kinder ist die Atmosphäre nicht geeignet, daher gibt es keine kleinen Kinder in Artemis. Auch Jazz hätte körperliche Probleme, wenn sie zurück zur Erde müsste. Ausweisung auf die Erde ist übrigens die Konsequenz für Verbrechen, die eigentliche Verhandlung wird dann auf der Erde geführt.

Diesmal stolpert Jazz in ein etwas größeres und komplexeres Abenteuer. Es beginnt mit einem Auftrag, einem etwas größerem, aber sehr lukrativen. Dann läuft alles schief …

Ein Roman, eine Idee, ein Denkanstoß

Es steckt unheimlich viel in dem Roman „Artemis“ von Andy Weir. Gesellschaft, Politik, Science Fiction, Krimi, Thriller und das Leben. Sogar Romantik kommt vor, allerdings auf eine völlig kitsch-freie Art, herrlich! Eine Menge Humor und Selbstironie hat Andy Weir seiner Protagonistin Jazz verliehen, die ihre Geschichte selbst erzählen darf. Die Geschichte steckt auch voll von physikalischen und auch chemischen Details. Nein, ich habe nicht alles verstanden, aber das macht nichts, hat mich nur ein wenig frustriert, ich hätte es doch verstehen können müssen.

Auch wenn Andy Weir in seinem ersten Roman „Der Marsianer“ bewiesen hat, dass er sehr viele Seiten mit einem Protagonisten ohne Nebenfiguren füllen kann, zeigt er uns mit Artemis, wie dringend wir Freunde brauchen. Wir können uns wunderbar alleine in die größte Schlamassel bringen, doch um wieder raus zu kommen, ist es doch empfehlenswert Hilfe anzunehmen. Jazz ist ein starker Charakter, einer in dem sich viele von uns zum Teil wieder erkennen werden. Es ist sehr überzeugend dargestellt, wie sich ihr Lebensweg entwickelt, welche Entscheidungen sie getroffen hat. Sie ist die Kriminelle der Geschichte, aber ist sie auch die Böse?

Gut und Böse sind nicht zwei Seiten der Moral, die Grenzen verschwimmen in einer Gesellschaft, da sich eben nicht alle an die Regeln halten und auch nicht immer alle Regeln sinnvoll erscheinen, sich manchmal sogar widersprechen. Nein, ich rufe euch nicht dazu auf, Gesetze zu brechen! Aber mit schwarz-weiß denken kommen wir auch nicht weit, vor allem nicht, wenn wir das Verhalten anderer beurteilen und meist viel zu schnell verurteilen.

Fazit

Lest das Buch, wenn ihr Science Fiction mögt. Es gibt keine Weltraumschlacht, aber vieles, was dieses Genre ausmacht.

Lest das Buch, wenn ihr Gesellschaftskritiken mögt.

Lest das Buch, wenn ihr mal was neues ausprobieren wollt. Jazz zeigt euch ihr Zuhause auf dem Mond!

Lest es einfach, auch wenn ihr vielleicht nicht alles mögt. Ich habe das Gefühl, das Buch ist weit entfernt davon Mainstream zu sein, hat aber doch für jeden Geschmack etwas im Angebot. Sollte auch dieser Roman verfilmt werden, ist dieser auch eine gute Wahl für ein Date oder auch Gruppenbesuch, wenn die Beteiligten eigentlich unterschiedliche Filme mögen. Es dürfte für jeden etwas dabei sein.


Das Buch wurde mir über das Bloggerportal von Random House zur Verfügung gestellt.

Artemis
Andy Weir
aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski
HEYNE
ISBN: 978-3-453-27167-8
Erschienen:  05.03.2018