
Es wird Zeit unsere Erde zu retten. Das sagen einige Menschen schon lange, dank Greta nun ein paar mehr. Manche sind zu bequem, zu ignorant oder wollen es lieber den anderen überlassen …
Nachhaltigkeit ist mehr als Umweltschutz! Zu den 17 Zielen gehören beispielsweise auch Hochwertige Bildung für alle (Ziel 4) oder Menschenwürdige Arbeit (Ziel 8) oder Frieden (Ziel 16). Es geht darum, dass wir alle und weitere Generationen ein menschenwürdiges Leben auf einem gesunden Planeten leben können.
In Bonn fand am 27. September 2019 im Basecamp Bonn das vierte Nachhaltigkeitscamp statt, ein Barcamp von Engagement Global mit dem Barcamp Experten von Bonn.digital.
Ich war beim ersten und dritten bereits dabei, diesmal zu den letzten beiden Sessions.
Teilzeit-barcampen geht das?
Eigentlich hatte ich nicht vor zum Nachhaltigkeitscamp zu gehen. Ich musste arbeiten, seit dem letzten Jahr haben sich meine Arbeitsbedingungen geändert und eine Teilnahme an Barcamps an einem Wochentag schwierig. Relativ spontan habe ich mich dann für die Teilzeit-Lösung entschieden und bin pünktlich zur vorletzten Session angekommen.
Die Vorstellungsrunde und Sessionplanung sind ein elementarer Teil eines Barcamps. Wer noch nie auf einem Barcamp war, sollte diese auf keinen Fall verpassen, auch nicht die vorab gegebenen Informationen, wie das Barcamp funktioniert! Ihr erfahrt in der Vorstellungsrunde, wer noch da ist und vor allem, für welche Themen die anderen sich interessieren. Merke dir nicht jeden, aber diejenigen, mit ähnlichen Hashtags wie du oder für dich interessanten Themen. Das sind die Leute mit denen du im Laufe des Tages unbedingt mal in Kontakt treten solltest. Trau dich, es lohnt sich!
Die Sessionplanung ist die gemeinsame Erstellung des Stundenplans! Ebenfalls super wichtig, denn jeder stellt ganz kurz das Thema vor, Vortrag, Diskussionsrunde oder auch einfach nur eine Frage. Merk oder besser noch notier dir, was dich interessiert. Wenn du Glück hast liegt nicht zu viel davon parallel – unwahrscheinlich.
Allein vom Sessionboard auszuwählen zu welchen Themen man möchte, ist schwierig bis ein Glücksspiel – bei einem Barcamp darf man aber ohne schlechtes Gewissen, den Raum wechseln, wäre also auch kein Drama.
Tja, ich war dann jetzt ohne Vorstellungsrunde und Sessionplanung da. Mein Vorteil: Ich kenne die Location, den Ablauf und ein paar Menschen ebenfalls. Bei den Sessions habe ich mich einfach mal auf das Glücksspiel eingelassen. Auch das kann sehr spannend sein. Es gibt übrigens folgende Empfehlung auf Barcamps:
Geh in die Session, die dir nichts sagt und schon mal gar nicht in die Session von Leuten, die du eh schon gut kennst!
Quelle: verschiedene Barcamper
Meine Strategie diesmal war es im ersten Sessionslot einen Rundgang zu machen und in möglichst viele Sessions rein zu schauen. Das habe ich noch nie gemacht. Es war großartig!
Im zweiten hatte ich dasselbe vor, aber dann blieb ich bei Saskia hängen, womit ich nicht gerechnet hatte. Auf dem Barcamp Bonn habe ich Saskia bereits kennen gelernt, sie ist unheimlich nett, aber dass sie soooooo spannend über Müll spricht, hat mich ein wenig umgehauen. Aber eins nach dem anderen.
Sessiontour beim NCBN19
Es gab tatsächlich eine Session, zu der mich ein Twitter-Follower geschickt hat und eine, die mich vom Thema her neugierig gemacht hat. Ich nehme euch einfach mal mit auf die Runde, in der Reihenfolge, in der ich die Sessions besucht habe.
Ethisches Marketing

Allein dieses Wort machte mich neugierig. Geht es beim Marketing nicht darum, Menschen Dinge zu verkaufen, ohne Rücksicht darauf, ob sie es überhaupt haben wollen oder gar brauchen? Je mehr desto besser, oder? Im Marketing könnte es aber auch darum gehen, Menschen genau die Produkte zu verkaufen, die sie gebrauchen können, um ihnen etwas im Leben zu erleichtern, ihnen etwas ihren Interessen entsprechend zu ermöglichen. Sie müssten nur erfahren, dass es diese Produkte gibt, die gut in ihr Leben passen würden …
Jessica hat diese Session angeboten. Sie hat langjährige Erfahrungen im Marketing und kam irgendwann an den Punkt, dass sie hinterfragte, was sie da tat. Ihre neue Intention ist nun, diejenigen zu unterstützen, die etwas Gutes tun und unsere Erde nicht zerstören. Mit denen möchte sie gute Marketing-Strategien entwickeln. Auf dem ncbn19 hat sie zu einer Diskussionsrunde eingeladen, was und wie ethisches Marketing sein könnte.
Ich bin zur Diskussion nicht mehr geblieben, dachte ich fotografiere am Ende die Ergebnisse, die auf einem Flipchart unter „Das nehme ich mit“ dokumentiert werden … Doch trotz gründlicher Suche fotografierte ich das falsche … Dirk hielt eine Session mit dem Titel „Authentisches Nachhaltigkeitsmarketing“. Das Foto teile ich trotzdem mit euch, denn auch das ist BarCamp, verschiedene Sessions greifen ineinander über.

Nehmt Jessicas Diskussionsaufruf einfach als Anregung, schreibt mir gerne in die Kommentare, was für euch ethisches Marketing ist und ob ihr das für möglich haltet. Vielleicht war jemand auch bei Jessica und kann etwas dazu beitragen.
Gemeinsames Wohnen von Jung und Alt
Das war die Wunschsession eines Twitter-Followers. Ein interessantes Thema, leider eine wenig besuchte Session. Sessions mit nur sehr wenigen Teilnehmenden können unheimlich intensiv sein. Ich habe mal kurz vorbei geschaut und für euch die grundlegenden Informationen mitgebracht, so wie einen Link zum Projekt, damit ihr euch weiter einlesen könnt.
Jutta erzählte davon, wie ein paar Leute das Projekt in die Hand genommen haben und aus einem alten Herrenhaus einen Wohnort für Jung und Alt, inklusive wichtiger Infrastruktur zu machen. Es handelt sich um das Herrenhaus Posterstein. Die Ergebnisse dieser Session findet ihr in diesem Tweet von Petra.
Ein Unverpackt Laden für Bonn

Es gibt sie bereits, die „Unverpackt“-Läden in anderen Städten. Eine interessante Idee, erinnert mich ein wenig an die alten Tante-Emma-Läden. Ehrlicherweise habe ich noch Fragen, bin aber nicht lange genug geblieben, um sie zu stellen. Wie kommen die Sachen in den Laden? Wie viel Verpackung kann wirklich gespart werden? Im Ansatz ist das Ganze auf jeden Fall spannend.
Was ich euch sagen kann, ist dass „Et Bönnsche Lädche“ am 2. November am Wilhelmsplatz 4 in Bonn eröffnen wird. Lasst uns einfach mal hingehen und vor Ort das Konzept begreifen.
Bisher könnt ihr den Laden virtuell auf Facebook entdecken, weitere Social Media Kanäle sollen folgen. In Planung ist auch ein Lieferservice mit Lastenrädern.
Bonn im Wandel mit einer Plattform für Bonn
Bei dieser Session, bin länger geblieben. Gerade zu einer Vorstellungsrunde gekommen und gleich mal einen Teilnehmer erschreckt. Ich sagte „Hallo ich bin Stephanie und twittere viel.“ Daraufhin kam die Frage worüber ich denn twittere, meine Antwort „aktuell über euch“ wirkte ein wenig einschüchternd. Dabei habe ich doch nur ein oder zwei Tweets über das Nachhaltigkeitscamp ins Netz geschickt … ihr kennt mich doch, ich bin ganz lieb und zurückhaltend. Nur wenige interessante Aspekte schaffen es auf Twitter.
Bonn im Wandel war mir schon auf Twitter und Facebook aufgefallen. Was genau machen die denn mit unserem Bonn?

Andi (Twitter-Profil) hat eines der Projekte vorgestellt, die hauptsächlich ehrenamtlich von der Gruppe umgesetzt werden, die Entwicklung einer lokalen Plattform, auf der verschiedene Initiativen und Gruppen sichtbarer und vernetzt werden.
Hubs4Change nennt sich das Projekt der gruppenbasierten Plattform, die ein wenig klingt wie eine Kombination aus bundesstadt.com und Bonnerblogs. Die Idee ist ein Portal für jede Stadt bzw. Region anzulegen, die eine Lokalredaktion und ein Netzwerk beinhalten (Struktur siehe Bild).

Es gibt hierzu bereits einen Prototypen zum Ansehen, wie es funktionieren kann: essbares-rheinland.de
Schaut euch einfach mal an, was die Leute bei Bonn im Wandel noch alles planen und umsetzen.
Storytelling mit Astrid
Das ist die Session, die ich nach der eingangs erwähnten Empfehlung nicht hätte besuchen dürfen. Doch ich habe mich so sehr gefreut Astrid wieder zu sehen, dass ich zum Ende ihrer Session hingegangen bin, um anschließend noch kurz mit ihr sprechen zu können.

Zur Session selbst kann ich nicht viel sagen, ich kam wirklich erst zum Ende hinzu, fand die Gruppe stehend darüber diskutierend, dass es tatsächlich nicht einfach ist, nachhaltig zu haushalten. Es ist zu oft unklar, welche Produkte wirklich nachhaltig sind. Ein Beispiel aus der anschließenden Session sind die Biomülltüten, die hypothetisch abbaubar sind, was aber nicht bei der Verwertung der Biomülltonne funktioniert, auf dem Komposthaufen mit entsprechender Geduld schon.
Tipps zum Erkennen von nachhaltigen Produkten habe ich in diesem Tweet von Johanna entdeckt.
Astrid stellte eine wunderbare kreative Abschlussaufgabe:
Wenn die Erde mein Tanzpartner wäre, dann …
Astrids Abschlussfrage
Reihum durften alle den Satz kreativ ergänzen, es kamen schöne Ideen zusammen.
…. würde ich als kleiner Komet mit der Erde durchs All tanzen, mal schneller, mal langsamer, im Mittelpunkt die Menschen in ihrer hoffentlich noch blauen Erde.
meine Antwort
Müll stinkt und ist eklig – Müll ist spannend
Das ich Müll mal spannend finden würde … Wer hätte das gedacht? Vielleicht mein jüngeres Ich, das fasziniert vom grünen Punkt war, der in gelbe Säcke kam. Fragt mich nicht warum, aber ich war tatsächlich eine kleine Expertin für Mülltrennung. Lange ist es her, war mir selbst nicht mehr bewusst, bis Saskia meine Faszination für Müll neu geweckt hat …

Saskia Kutsche ist Community Managerin bei der MVA-Bonn, der Müll-Verwertungs-Anlage. Sie sind nicht Bonn Orange, die bei uns die Tonnen abholen, sie kümmern sich um die Reste. Ihre Devise ist nicht ZeroWaste, sondern möglichst wenig Müll und aus dem Müll, der bleibt das Beste zu machen. Diese Einstellung gefällt mir
Wir sind keine Gutmenschen, aber wir geben unser Bestes.
frei nach Saskia Kutsche
In Bonn wird aus dem Müll, der nicht recycelt werden kann übrigens Strom! Das fällt doch unter, das Beste aus dem Müll machen, oder?
Saskia hat unheimlich viel Wissen über den Verwertungsprozess und vieles davon mit uns geteilt, einen kleinen Teil davon kann ich euch hier wiedergeben, aber ich kann euch empfehlen, folgt der MVA auf ihren Social Media Kanälen (Twitter, Instagram, Facebook). Dort bekommt ihr regelmäßig interessante Informationen, es lohnt sich. Die MVA kann man übrigens auch besuchen, nehmt mal Kontakt auf. Ich gebe zu, dass ich selbst skeptisch war, als ich vom Instawalk bei der MVA gehört hatte …
Mülldeponie
Bis in die späten 90er wurde sehr viel deponiert. Man glaubte, man könne es ja wieder ausgraben, wenn man es bräuchte. Inzwischen wurde umgedacht, es wird mehr vorsortiert. Es kommt die Schlacke nach der Verbrennung auf die Deponie. Große Teile werden ausgesiebt, magnetisches ebenfalls entfernt.
Es ist wichtig, dass wir Zuhause gut vorsortieren, insbesondere das, was wir in die Restmülltonne werfen, denn diese wird nicht mehr händisch geprüft!
Was in der Restmülltonne landet ist für den Recycling-Prozess verloren!
Papier
Es lässt sich nicht unendlich oft recyceln. 10 Mal, dann ist Schluss. Wie oft welches Papier recycelt wurde, ist für Verbraucher nicht erkennbar. Schulhefte beispielsweise sind maximal 1 bis 2 mal recycelt. Die Tageszeitung dagegen liegt am Ende der Recycling-Kette. Wer schon mal Pappmaché aus Zeitungspapier gemacht hat, weiß vielleicht, wie faserig das Papier ist. Ihr könnte ja mal vergleichen und verschiedene Papier zerreißen, bevor sie in eurer blauen Tonne landen.
Keine Pizzakartons
Essensreste am Papier machen es unbrauchbar für den Recyclingprozess. Pizza ist fettig und Pizzakartons gehören nicht in die Papiermülltonne, auch nicht, wenn sie sauber aussehen! Es wird nachher nicht nur der einzelne Karton aussortiert, sondern alles, was mit diesem in Berührung gekommen ist, ist verloren … Beim Schreddern feiern die Pizzareste eine Kontaminierungsparty …
Komplizierte gelbe Tonne (bzw. Sack)
Es gibt unterschiedliche Verordnungen, was hier rein gehört. In Bonn haben wir eine Leichtstoffverpackungstonne. In diese gehören Kunststoffe, die für Lebensmittel verwendet werden. Für den Rhein-Sieg-Kreis gelten andere Regeln, hier dürfen auch kaputte Kinderspielzeuge entsorgt werden. Für den Verwertungsprozess macht das keinen Unterschied, es geht um Verordnungen, also Recht und Geld. Eine einheitliche Regelung für Deutschland wäre wünschenswert und sinnvoll, haben wir aber aktuell leider nicht.
Der Müll wird bei ca. 50 Grad gebadet und dabei sortiert nach unterschiedlichen Materialien. Hierbei wird ausgenutzt, dass sich die Stoffe unterschiedlich verhalten und im Wasser freiwillig trennen.
Joghurtbecher
Nicht spülen, aber Deckel abmachen bitte. Dann darf beides in die gelbe Tonne. Becher und Decke sind unterschiedliche Sorten. Bleiben sie zusammen, werden sie als nicht-sortenrein aussortiert und nicht recycelt.
Je sortenreiner wir trennen, desto leichter wird die Verwertung. Ein Alptraum-Produkt sind die vielen Koponenten eines Nutella-Glases …
Grillfleischverpackungen
Stark fettig verschmutzte Verpackungen lieber in den Restmüll werfen. Fragt euch, ob sich der Schmutz bei 50 Grad gut abspülen lässt. Falls nicht, lieber in den Restmüll. Die Marinade lässt sich nicht vollständig entfernen, kontaminiert eher noch andere Materialien, die dann komplett aus dem Recycling-Prozess fliegen.
Vorsicht beim Platz sparen in der Tonne
Um Platz zu sparen oder Dinge gemeinsam in die Tonne zu bringen, stecken viele von uns ihren Müll ineinander. Den Joghurtbecher in die Konservendose, darein noch eine zusammengedrückte Umverpackung, …
Wenn ihr Dinge ineinander steckt, dann am besten locker, damit es sich im Bad voneinander löst und sortenrein getrennt werden kann. Ist es fest zusammengepresst bleibt es eine Masse, die nicht sortenrein ist und nicht recycelt wird …
Nachhaltig Netzwerken
Neben dem vielen neuen Wissen, dass wir auf einem BarCamp lernen können, spielt auch das Knüpfen neuer und Vertiefen bestehender Kontakte eine wichtige Rolle. Doch wer kennt es nicht, man kommt auf einer Veranstaltung ins Gespräch und verliert sich aus den Augen …

Das Team von Unity Effect hat hierzu ein tolles Tool entwickelt, eine Social Networking Map. Bereits vor der Veranstaltung, aber auch während oder danach konnten alle Teilnehmenden ein Profil anlegen, frei wählbar, wie viel man angeben mag. Hierzu gehören:
- Name
- ein Bild
- Email-Kontakt
- Kurzprofil, freies Feld
- 3 Hashtags
- Organisation/ Initiative
- weitere Projekte, in denen ich engagiert bin
- Social Media Accounts
- angebotene Sessions
- 3 Top Nachhaltigkeitsziele
- Fähigkeiten & Talente, die ich dem Netzwerk anbiete (Auswahlmenü)
- Fähigkeiten & Talente, die ich für mein Vorhaben suche (Auswahlmenü)
Es gibt eine Liste aller eingetragenen Teilnehmenden und jeder kann angeben, wen er oder sie kennt. Dafür gibt es drei Kategorien: kennen – zusammen arbeiten – auf der Veranstaltung kennen gelernt.
Aus all diesen Informationen wird eine Karte erstellt. Diese kann entsprechend der Kategorien aus dem Profil unterschiedlich dargestellt werden, was sehr spannend ist und die Möglichkeit bietet, interessante Personen zu finden mit denen man sich auf oder auch nach der Veranstaltung vernetzten möchte. Das Tool steht uns 6 Monate zur Verfügung.
Es gibt auch eine öffentlich zugängliche Version der Karte mit weiteren Informationen zum Tool. Diese bietet einen Überblick über die lokale Nachhaltigkeitsszene. Ich wünsche mir dieses tolle Tool auf vielen Veranstaltungen nutzen zu können.
Weitere Beiträge
Im Sinne des nachhaltigen Netzwerkens und nachhaltigen Wissens, eine Liste der bisher erschienen weiteren Beiträge:
- Blogbeitrag von Julia Icking
- Blogbeitrag von Ute Korinth
- Fotosammlung von Engagement Global auf Flickr
Wie immer werden alle Beiträge auf der Veranstaltungsseite gesammelt. Noch stehen hier die Beiträge vom letzten Jahr, die sicher ganz bald durch die aktuellen ersetzt oder ergänzt werden.