Dieses Jahr war wohl für alle Weihnachten anders, auch für mich. So habe ich die kompletten Feiertage bei meiner Tochter, dem kleinen Kometen und ihrer Familie verbracht, mit dem Plan bis Neujahr zu bleiben. Einige Tage vor Weihnachten kam ein Anruf von meiner Enkelin Drachenreiterin, die mich gefragt hat, ob ich bei einem ausgesprochen lustigen Event mitmachen würde.
Der Plan
Ich sollte mir Bücher mitbringen, die dürften ruhig bereits angefangen sein. Es ginge darum, ganz entspannt gemeinsam möglichst viel zu lesen und sie hat mir versprochen, es würde spätestens dann sehr lustig, wenn Kathi anfangen würde, Bücher durch die Gegend zu pfeffern.
Hier die Regeln, die sie mir vermittelt hat:
- Termin: Sonntag, 27.12.
- Beginn 10 Uhr
- Dauer 24 Stunden
- es werden vorher die Bücher ausgesucht und auf den Tisch gelegt
- die Zeit wird gestoppt, sobald man beim Lesen eine Pause macht
- die Lesezeit, sowie die gelesenen Seiten (es kommt nicht auf die gelesenen Bücher an) werden notiert
- natürlich darf nachts geschlafen werden, ansonsten gibt es kurze Pausen zum Essen usw. und zur Entspannung zwischendurch kurze Spielrunden
- ein kurzer Spaziergang wäre auch erlaubt gewesen, aber bei dem an diesem Tag extrem schlechten Wetter, hatte hierzu keiner Lust
- begonnen und beendet wird der Marathon gemeinsam an einem Tisch sitzend
Eigentlich hätte es den Anreiz mit Kathi schon gar nicht mehr gebraucht. Natürlich habe ich „Ja“ gesagt, war aber auch etwas skeptisch. Meine Augen sind nicht die besten und ich war mir nicht sicher, ob diese das Marathon-Lesen durchhalten würden. Auch bin ich nicht der Mensch, der stundenlang sitzen kann. Da ich aber an sich gerne lese, fand ich das gerade nach den Feiertagen eine nette Idee.
Die Vorbereitung
Lustig war dann schon die Vorbereitung vor Ort. Da ich mit dem Zug angereist bin, war ich nicht motiviert Bücher von zu Hause mitzubringen. Ich hatte allerdings zur Sicherheit meinen eReader dabei und außerdem ein kleines dünnes Buch, das ich auslesen und meiner Familie hier lassen wollte. Und wenn an etwas in diesem Haus hier kein Mangel herrscht, dann sind es Bücher.
Meine Idee: Jede von meinen drei Mädels solle mir ein Buch aussuchen. Vorgabe war lediglich, dass es ein in sich geschlossenes Werk sein musste. Ich hasse es, wenn ich ein Buch lese und den Folgeband nicht habe oder noch nicht schlimmer, dieser noch nicht geschrieben ist und ich kein Ende habe. Weitere Bedingungen: eine gut lesbare Schrift, nicht zu unhandlich und natürlich sollte mich der Inhalt auch interessieren.
Mit meiner Tochter habe ich mich ganz schnell auf ein Buch geeinigt. Sie hat mir aus der Serie Zeitenzauber von Eva Völler den ersten Band „Die magische Gondel“ vorgeschlagen und da mich der Klappentext angesprochen hat, landete es auf meinem Platz.
Lustiger wurde es dann mit Drachenreiterin. Die wollte mir unbedingt ein aus ihrer Sicht wirklich richtig gutes Buch andrehen. Aber mit jedem Anpreisen machte sie es eigentlich nur schlimmer und nein, es tat mir zwar furchtbar leid, aber dieses Buch wollte ich wirklich nicht lesen. Auch wenn ich so ein „wirklich, wirklich richtig gutes Buch“ verpasst habe. Aber nein, ein mit Schweineblut malender Protagonist, der dann später auch noch mit seinem eigenen Blut malt … Unhandlich ist es auch, aber für alle, die jetzt neugierig sind auf dieses tolle Buch, es handelt sich um „Die Karte der Welt“ von Royce Buckingham.
Außerdem geht es ja gar nicht, dass Drachenreiterin mir nicht ein Drachenbuch gibt und so kam als zweites Buch dann „Daemonicum“ von Magnus Faust auf meinen Stapel. Ich verrate euch hier und jetzt schonmal ein wirklich richtig gutes Buch, das ich nun wiederum Drachenreiterin empfehlen kann, da es bisher ungelesen bei ihr im Regal stand.
Einfach war die Einigung auch mit Kathi. Hier war ich mir sicher, einen entspannten Roman zu bekommen und sie hat mir welche von einer ihrer Lieblingsautorinnen Petra Hülsmann vorgelegt. Ich habe mich für „Meistens kommt es anders, wenn man denkt“ entschieden.
Da die ersten beiden Bücher zufälligerweise beide in Venedig spielen, haben wir bei Kathi gesucht, ob wir nicht auch bei ihr noch ein Venedigbuch finden würden. Und so kam auch noch „Ein Himmel aus Lavendel“ von Marlena Anders dazu. Mein mitgebrachtes Buch „Liebe wird sein, Liebe, was sonst!“ von Frank Maibaum und die Dystopie „Wild Card“ von Nina Casement machten dann meine abwechslungsreiche Auswahl komplett.
Bei meinen Mädels waren, wie für einige von euch vielleicht nicht überraschend, die meisten Bücher bereits angefangen und wurden auch während des Marathons durcheinander im Wechsel gelesen. Es fanden sich auch Sachbücher und englischsprachige Literatur auf ihren Stapeln – da habe ich es mir einfacher gemacht.
Lesen, Lesen, lesen
Punkt 10 Uhr saßen wir alle mit unseren Büchern und einem Getränk am Tisch. Die Leselampe stand bereit, die Bücher waren notiert. Als Probe für Silvester wurden die letzten Sekunden gezählt und dann ging es los. Ich persönlich bin ja der Mensch, der ein Buch nimmt, dieses ausliest und dann das nächste beginnt. Da es ja um neue Erfahrungen ging, habe ich auch zwischen den Büchern gewechselt und fand das auch sehr lustig. Allerdings machte mich der unmittelbare Wechsel zwischen zwei in Venedig spielenden Büchern dann doch etwas konfus und so habe ich das lieber gelassen.
Tatsächlich haben wir – bis auf vereinzeltes Nachfüllen des Getränks oder einer Toilettenpause bis 13:53 Uhr durchgelesen. In dieser Zeit habe ich tatsächlich in vier verschiedenen Büchern geschmökert, wobei ich eines sogar zweimal in der Hand hatte. Nach einer neunminütigen – ja, Drachenreiterin hat akribisch notiert – Elfer-Raus-Pause ging es weiter bis 16:12 Uhr.
Dank Tee, Kuchen und einer Runde Canasta wurden tatsächlich 41 Minuten lang keine Bücher angerührt und so ging es unterbrochen von kurzen Spielrunden weiter. Kathi hat sich dann irgendwann in die Küche begeben, um uns einen köstlichen Auflauf zu zaubern. Damit nicht all zu viel kostbare Lesezeit verloren ging, las Drachenreiterin ihr vor. Komet und ich haben weiter gelesen.
Nach dem Essen ging es gleich weiter. Allerdings wurden die Leseetappen dann etwas kürzer und so insgesamt von sechs Spielrunden unterbrochen. Um 22:33 Uhr war ich dann die Erste, die gestreikt hat und zu Bett gegangen ist, aber am nächsten Tag hatte ich dann noch 67 Minuten Lesezeit.
Mist, es ist 10 Uhr, ich höre die Kirchenglocken. Die Lesezeit ist vorbei! So gerne hätte ich noch das eine Buch während des Marathons beendet, aber zwanzig Seiten fehlten noch. Für Drachenreiterin heißt es nun rechnen.
Ich habe in diesen 24 Stunden 558 Minuten in vier verschiedenen Büchern gelesen, die ich insgesamt 14-mal gewechselt habe. Dabei habe ich 659 Seiten geschafft und zwei Bücher beendet. Ausgerechnet wurden auch die Minuten/Seite und die Seiten/Minute.
Das Finale
Aber ganz vorbei ist es immer noch nicht. Nun gibt jeder sein Fazit ab und meines möchte ich gerne mit euch teilen:
Ja, es war sehr lustig, auch wenn nur einmal ein Buch von Kathi auf dem Boden gelandet ist. Überrascht war ich, wie gut meine Augen und mein Rücken es verkraftet haben. Es wird auch zukünftig bei mir nicht die Regel werden, die Bücher zu wechseln, aber so schlimm war es nicht. Im Gegenteil, im Rahmen dieses Marathons war es durchaus sinnvoll.
Gefallen, haben mir alle vier Bücher, wobei tatsächlich das Buch von Drachenreiterin mein Favorit war. Ein wirklich richtig gutes Buch, das ich gleich nach dem Marathon zu Ende gelesen habe. Ausgelesen habe ich das Buch von Komet „Die magische Gondel“ und mein Buch „Liebe wird sein, Liebe, was sonst!“ Das ist ein richtig gutes Trostbuch, für jemanden, der einen lieben Menschen verloren hat. Besonders geeignet für alle Freunde des kleinen Prinzen.
„Meistens kommt es anders, wenn man denkt“, werde ich auf jeden Fall auch noch zu Ende lesen. Es war eine leichte Lektüre, um zwischendurch ein wenig zu Lachen. Tragisch nur, dass ich die teilweise sogar mit längeren Texten zitierten Lieder nicht mitsingen durfte. So musste ich mit diversen Ohrwürmern im Kopf weiter lesen. Die anderen Bücher habe ich leider nicht geschafft, aber Wild Card möchte ich auf jeden Fall auch noch lesen.
Mein Fazit
Es war eine lustige Erfahrung. Manchmal nicht so ganz einfach abzustimmen, wann es bei allen mit der Pause passte, aber wir haben das super hinbekommen. Gerade so nach den Feiertagen eine super Idee, die vielleicht auch für euch mal interessant ist. Wir überlegen gerade, ob wir vielleicht noch eine 4-Stunden-Session in unsere „Oma-ist-da-Zeit“ einbauen können.