Am 11. November ist St. Martin und um dieses Datum herum gehen bei uns in Bonn die Martinszüge. Über den Martinszug in unserem Stadtteil habe ich auf Bundesstadt.com berichtet, meine Martinsgeschichte ist jetzt im Blog online.
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Kinder basteln in den Wochen vor dem Fest ihre Laternen und üben die Lieder ein.

Die Nachbarschaft schmückt die Häuser, wenn der Martinszug bei ihnen vorbei kommt. Das Titelbild zeigt einen Teil meiner eigenen Fensterdekoration. Die Bilder hängen im ersten Stock, an den Fenstern, die aus dem Zug heraus von weitem zu sehen sind, wenn er in unsere Straße einbiegt.

In den meisten Zügen geht oder reitet sogar ein St. Martin mit. Gemeinsam ziehen Schulen, Kindergärten und Interessierte mit Laternen singend durch die Straßen. Oft werden sie dabei von Musikkapellen begleitet.

Ich liebe diese Tradition, auch wenn ich schon manches Jahr über das Wetter geschimpft habe. In meiner Kindheit war es fast immer lausekalt, manchmal hat es auch geschneit. Am schlimmsten ist es wenn es regnet. Dann muss auch die Laterne, die meistens aus Papier besteht geschützt werden, die Kerze kann nicht angezündet werden …

Aber meistens ist es einfach schön, gemeinsam mit Lichtern durch die Dunkelheit zu ziehen und anschließend gemeinsam das Martinsfeuer zu genießen.

Bei uns zieht der Martinszug direkt am Haus vorbei. Ich brauche nicht mehr mit zu gehen, die Kinder sind groß genug. Gemeinsam stehen wir mit der ganzen Familie am Straßenrand und schauen uns den Zug an. Nach dem Zug wärmen wir uns drinnen wieder auf und es gibt den traditionellen Kesselskuchen, den es bei uns nur nach dem Martinszug gibt. Diese Tradition habe ich über die Familie meines Mannes kennen gelernt. Der Kesselskuchen besteht hauptsächlich aus geriebenen Kartoffeln, die in einer mit Speck ausgelegten Auflaufform mehrere Stunden im Backofen garen. Es ist ein einfaches, aber sehr leckeres Gericht, das im Rheinland viele Namen und Varianten kennt.

Später kommen die Kinder schnörzen. Sie klingeln, singen ein Martinslied und bekommen dafür Süßigkeiten. Irgendwann kann ich das Lied „Laterne, Laterne“ nicht mehr hören und wir freuen uns, wenn mal jemand etwas anderes singt!

Immer wieder wird politisch diskutiert, das Martinsfest abzuschaffen und daraus ein Lichterfest zu machen.

Das fände ich schade. Ich bin sehr für kulturelle Vielfalt, für gegenseitige Toleranz und Respekt!

Und genau deswegen möchte ich die Tradition des Martinsfestes behalten, es ist für mich Teil meiner Kultur. Das Fest ist christlich geprägt, der heilige Martin selbst war Christ. Dennoch kann es auch ein Fest für ALLE sein.

In der Bernhardschule hat das wunderbar funktioniert. Die Schule schreibt sich selbst auf die Fahne, dass sie Schüler aus 60 Herkunftsländern unterrichtet. Der Gemeinschaftsgedanke ist groß und die Bereitschaft muslimischer Familien am Zug teilzunehmen war da. Viele Eltern haben ihre Kinder im Zug begleitet.

Wenn Kindern die Martinsgeschichte erzählt wird, kann es auch einfach nur eine schöne Geschichte sein, eine Geschichte übers Teilen.

Und Teilen ist in unserer heutigen Zeit so wichtig. Wenn Flüchtlinge zu uns kommen, die alles verloren haben ist es wichtig mit ihnen zu teilen, egal welche Religion sie haben.

Der Martinszug mit seinem vielen bunten Laternen ist für mich ein Zeichen von Vielfalt und Gemeinschaft. Es passt so schön zum multikulturellen Gedanken und ich hoffe, dass Menschen anderer Religionen sich bei unserem Martinsfest willkommen fühlen und dabei auch wirklich überall willkommen sind!

Vor Jahren habe ich mal eine Martinsgeschichte geschrieben, die jetzt im Blog online ist.

–> Zur Geschichte: „Eine Martinsgeschichte“