Fakriro Talk
Danke an Mary Cronos für dieses wunderschöne Bild – seht ihr die Kometen, die sie extra für mich hinzugefügt hat?

Fakriro Online wurde spontan und mit viel Eifer aus dem Boden gestampft, in den viralen Zeiten wurde die Online-Ersatz-Buchmesse leider von Viren befallen. Doch Mary Cronos und Sarbina Schuh sind von keinem Virus der Welt aufzuhalten und so geht es ab heute weiter, neu und noch besser in der Fakriro Online Quarantäne Edition. Diesmal sprechen wir mit Sabrina und wandern direkt weiter zu anderen phantastischen Autorinnen.

Fantasy und Märchen lese ich am liebsten und freue mich, dass ich hier einige Autorinnen über ihre märchenhaften Bücher in ein Gespräch verwickeln konnte. Es gibt auch ein wenig Steampunk.

Diesmal besuchen wir im Fakriro Talk die Messestände von:

Gespräch mit Sabrina Schuh

Im ersten Fakriro Talk sprachen wir zur Eröffnung der Fakriro-Online mit der schlaflosen Mary Cronos. Diesmal habe ich für euch Sabrina Schuh eingefangen, die wie ein Wirbelwind mit Mary durch die Messehallen flitzt. Sabrina hatte übrigens die Idee zu Fakriro, der Bühne für Selfpublisher auf physischen Buchmessen.

(c) Sabrina Schuh
(c) Sabrina Schuh

Mit der Fakriro online haben du und Mary innerhalb kürzester Zeit etwas grossartiger auf die Beine gestellt. Dann war die Seite auf einmal im „Reinigungsmodus“, was ist schief gelaufen?

Sabrina Schuh: Wir haben ja kein großes Geheimnis darum gemacht, daher beantworte ich die Frage gerne. Wir hatten einen Virus. Leider wurde der uns von etwas immer wieder reingespielt, auf das wir nicht verzichten konnten zum damaligen Zeitpunkt. Also haben wir großflächig alles gewechselt, was man wechseln konnte inkl. Host und nun sind wir wieder fit und unser Kammerjäger sitzt vorsorglich auch in der Ecke und wartet.

Stand der Märchenspinnerei (c) Sabrina Schuh
Stand der Märchenspinnerei (c) Sabrina Schuh

Es läuft schief, aber ihr gebt nicht auf, macht weiter und macht es noch großartiger. Was erwartet uns bei der neuen Version von Fakriro online?

Sabrina Schuh: Die neue Version ist unsere „Fakriro Online Quarantäne Edition“. Wir bieten ein buntes Programm für die ganze Familie: Morgens Fachvorträge für alle Autoren und Interessierten, Nachmittags ein buntes Kinderprogramm mit Märchen, und Lesungen sowie Nachhilfe und Wissenformaten von Kids für Kids. Am Abend dann sind die Teeanger und Erwachsenen dran. Lesungen, Podcasts, Livesendungen gemeinsam mit Livory – und natürlich wieder virtuelle Messestände, an denen ihr z.B. direkt bei den Autoren und Kleinverlagen shoppen oder spannende Dienstleister rund um die Branche kennenlernen könnt.

Märchenadaptionen von Sabrina Schuh, Märchenspinnerei (c) Sabrina Schuh
Märchenadaptionen von Sabrina Schuh, Märchenspinnerei (c) Sabrina Schuh

Du hast selbst ein Buch pünktlich zur Messe veröffentlicht, erzähl mir bitte was dazu.

Sabrina Schuh: Ja, das stimmt. „Unter gläsernen Fassaden“ ist ein realistisches Jugendbuch mit einer Märchengrundlage. Ich greife die Motive von Aschenputtel und Dickens Weihnachtsgeschichte auf und setze sie in eine moderne Erzählung rund um häusliche Gewalt, mathematische Rätsel und hochbegabte Kinder um. Nachdem ich es allgemein nicht so mit festen Rollenbildern habe, habe ich beschlossen, dass mein Aschenputtel Moritz heißt, statt einem Schuh ein verschlüsseltes Notizbuch verliert und als einziges „magisches“ Hilfsmittel, das Internet hat. Gefunden wird das Notizbuch übrigens von Josie, die aber keine Prinzessin ist, dafür aber auf einem Internat für hochbegabte Teenager und einen Fabile für Kryptografie hat. Mein Ebenezer-Scrooge-Pendant ist übrigens auch weiblich, aber mehr verrate ich an der Stelle nicht.

Ich liebe Dickens Weihnachtsgeschichte und meine liebe Kathi Cinderella in allen Variationen.

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Im Gespräch mit Patricia Strunk

Patricia habe ich am Stand von Qindie getroffen. Katharina Gerlach hat uns ja bereits etwas über das Gütesiegel für Selfpublisher erzählt.

(c) Patricia Strunk
(c) Patricia Strunk

Wenn ich an deinen Stand trete, was könnte meine Neugier geweckt haben?

Patricia Strunk: Ich denke mir, dass dein Blick auf die Cover gefallen ist. Vielleicht gefällt dir das Cover von „Nixenherz“ besonders gut, denn das sieht märchenhaft aus.

Hallo, ich bin Stephanie und blogge als kleiner Komet.

Patricia Strunk: Hallo, liebe Stephanie. Schön, dich kennenzulernen. Ich bin Patricia. Ich schreibe im Genre Fantasy und veröffentliche meine Romane im Self-Publishing. Die „Inagi“-Trilogie ist High Fantasy in asiatischem Setting, in der es um aktuelle Themen wie die Ausbeutung von Mensch und Natur und die Angst vor dem Fremden geht. Der Zweiteiler „Nixenherz“ ist ein von keltischen Motiven inspiriertes Märchen.

Nixenherz (c) Patricia Strunk
Nixenherz (c) Patricia Strunk

Erzähle mir bitte mehr zu Nixenherz.

Patricia Strunk: In „Nixenherz“ geht es um verratenes Vertrauen, Rache und eine Liebe über den Tod hinaus. Ein König reißt einer Flussnixe das Herz aus dem Leib, um sich ihre Magie anzueignen. Sie ersteht 25 Jahre später im Körper eines ertrunkenen Mädchens wieder auf. Die Nixe muss ihr Herz zurückgewinnen oder sie stirbt erneut, aber ihr kommt der Sohn des Königs in die Quere, ein ambivalenter Charakter, der unter dem Bann dunkler Mächte steht. Neben Nixen spielen Kelpies, Fae und Fomori (ein geheimnisvolles Volk der irischen Mythologie) eine Rolle.

Das klingt sehr märchenhaft. Kannst du deine Geschichte mit klassischen Märchen vergleichen?

Patricia Strunk: In gewisser Weise schon. Im Kern geht es in der Geschichte um Liebe und Vertrauen – ein Thema vieler Märchen. Darüber hinaus spielt Nixenherz mit weiteren Motiven und Figuren klassischer Erzählungen und setzt sie zueinander in eine neue Beziehung. Zwar greifen übernatürliche Kräfte in das Leben von Menschen ein, aber Protagonistin ist ein übernatürliches Wesen selbst, und gut und böse sind nicht so klar voneinander abgegrenzt wie im Märchen.

Welches Buch von Autorenkolleg*innen magst du mir empfehlen?

Patricia Strunk: Mir haben die Steampunk-Märchenadaptionen von Katharina Gerlach gut gefallen.

Herzlichen Dank, mit Katharina habe ich bereits über Qindie gesprochen, aber versäumt mit ihr über ihre eigenen Bücher zu sprechen, das sollte ich dringend nachholen.

Qindie Autor*innen mit ihrem Boris (c) Patricia Strunk
Qindie Autor*innen mit ihrem Boris (c) Patricia Strunk

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Gespräch mit Katharina Gerlach

Nachdem Katharina mir so nett erklärt hatte, was es mit Qindie auf sich hat, habe ich tatsächlich versäumt sie nach ihren eigenen Büchern zu fragen. Also gehe ich noch einmal an der großen Standfigur vorbei und kehre zu Katharina zurück. Aus einer Randbemerkung erfuhr ich, dass sie es kürzlich mit einer unveröffentlichten Kurzgeschichten in den USA bis ins Halbfinale eines Wettbewerbs mit mehr als 1000 Teilnehmer*innen schaffte. Darauf ist sie als Nicht-Muttersprachlerin ein wenig stolz drauf, wie ich finde zu Recht!

(c) Qindie

Was hat es eigentlich mit dieser Figur auf sich?

Katharina Gerlach: Boris ist eine zwei Meter große, männliche Standfigur in der abgewetzten Uniform des Russischen Zaren. Einer seiner Arme fehlt. Statt dessen hat er einen mechanischen Arm, in dem eine Glasphiole blau glüht.

Wir haben ganz viel über Qindie gesprochen, aber gar nicht über Bücher.

Katharina Gerlach: Bei uns findest du viele tolle Bücher, von Märchenadaptionen, Kinderbüchern, Fantasy in allen Spielarten, über Nischenprodukte wie SciFi-Erotik bis hin zu Sachbüchern.

Katharina Gerlach
(c) Katharina Gerlach

Was schreibst du denn selbst?

Katharina Gerlach: Ich persönlich schreibe hauptsächlich Phantastik und historische Romane, oft auch gemischt. Erst kürzlich habe ich eine 12-bändige Reihe von Novellen mit Märchenadaptionen abgeschlossen. Seit neuestem schreibe ich unter dem Pseudonym Leonie Joy Romantasy. Aber wie man sieht finden sich bei Qindie zahlreiche Genres. Es ist eigentlich für die meisten Leser*innen etwas dabei.

Du hast ja schon fleißig einiges veröffentlicht. Welches war denn dein Debütroman?

Katharina Gerlach: Mein erstes Buch war der historische Roman „Engels Freiheit“, der auf der Familiengeschichte meiner besten Freundin basiert. Darin geht es um den Freikauf der Familie Waldmann aus der Leibeigenschaft in der Zeit von 1799 bis 1803 im Osnabrücker Land.

Engels Freiheit (C) Katharina Gerlach
Engels Freiheit (C) Katharina Gerlach

Die Hauptfigur, Anna Engel Waldmann, erlebt wie ihr Vater auf Bitten seines Besitzers, dem Grafen von Langelage (übrigens einem angeheirateten Verwandten des Barons von Münchhausen), dem Freikauf zustimmt. Doch als der Handel dann schriftlich festgelegt werden soll, hat der Graf die Familie bereits weiterverkauft, brauchte er doch dringend Geld, um Schulden zu tilgen. Engels Vater verklagt daraufhin den Grafen auf Wortbruch, woraufhin sich ein jahrelanger Rechtsstreit entwickelt (die Unterlagen des Gerichtsstreits lagen komplett auf dem Dachboden meiner Freundin). Für Engel wird dies eine Zeit großer Umwälzungen, in der sie erwachsen werden muss.

Zusätzlich hat diese Zeit im Osnabrücker Land ein paar interessante geschichtliche Ereignisse auszuweisen. So gab es zu der Zeit das sogenannte Simultaneum, die gleichzeitige Nutzung der Dorfkirche durch evangelische und katholische Gläubige. Der zuständige Geistliche war nach dem Westfälischen Frieden 1648 danach bestimmt worden, welche Konfession gerade einen Vertreter vor Ort hatte. Dadurch wurde die überwiegend evangelische Gemeinde des Ortes bei Geburten, Hochzeiten und Beerdigungen von einem Priester betreut. Das hat vielen nicht gefallen.

Die Recherchen und das Schreiben dieses Romans hat insgesamt fünf Jahre gedauert. Der Roman erschien ursprünglich in einem kleinen regionalen Verlag, der vor zwei Jahren leider Konkurs angemeldet hat. Seither habe ich „Engels Freiheit“ mit einem neuen Titelbild und einem überarbeiteten und erweiterten Anhang (mit Karte, Fakten, Stammbaum und Zeichnungen) neu herausgebracht. Der Folgeband „Viktors Wut“ wird in nächster Zeit eine Erneuerung erfahren und dann ebenfalls von mir selbst herausgebracht.

Und welches ist dein aktueller Messetitel?

Katharina Gerlach: Zur Leipziger Buchmesse hätte ich dieses Jahr noch einmal den Abschlussband meiner 12-bändigen Reihe von Novellen mit Märchenadaptionen vorgestellt. Er erschien 2019 kurz vor der Leipziger Buchmesse und konnte deshalb dort nicht wirklich gut präsentiert werden. Er erzählt die Geschichte einer jungen Zarewna, die mit einem gläsernen Herzen geboren wird, sich davon aber auf keinen Fall einschränken lassen will. Als sie dann dem Glasbläser Nikolej über den Weg läuft, beginnt sie zu erkennen, dass es Gründe für ihre Behinderung gibt.

Obsidianherz (c) Katharina Gerlach
Obsidianherz (c) Katharina Gerlach

Außerdem hätte ich die erste Novelle unter meinem neuen Pseudonym vorgestellt, einer Romantasy Novelle mit Zeitreiseelementen. Ich liebe Zeitreisen, finde es einfach nur cool, was man den Figuren einer Geschichte damit an Schwierigkeiten in den Weg legen kann, und daher war es naheliegend, mein Romantasy-Pseudonym damit beginnen zu lassen.

Die Geschichte dreht sich um Heather, deren beste Freundin 150 Jahre vor ihr geboren wurde. Als Heather dann verheiratet werden soll und ihr klar wird, dass sie längst einen jungen Mann aus der Vergangenheit liebt, muss sie einen Weg finden, die Zeit selbst zu überlisten.

Welches Buch von Autorenkolleg*innen magst du mir empfehlen?

Katharina Gerlach: Nun, da du Boris so bewundert hast, empfehle ich dir gleich seine Geschichte aus dem Genre Steampunk. Der Arme musste schon als 6-jähriger in die Russische Armee eintreten und hat nichts gelernt, außer zu überleben. Glücksfresser nennen ihn die anderen. Seinen Arm verliert er bei einem Experiment, zu dem er als „Freiwilliger“ geschickt wird. Er ist der einzige Überlebende. Trotz allem ist seine Devise: Lang lebe der Zar.

Boris & Olga, Tod den Zaren (c) Selma J. Spielweg
Boris & Olga, Tod den Zaren (c) Selma J. Spielweg

Dann lernt er Olga kennen, die keinen Hehl daraus macht, dass sie den Zaren nicht ausstehen kann. Die beiden laufen sich immer wieder über den Weg und werden ganz langsam und zaghaft zu Freunden, wobei Boris das kleine Mädchen für eine Haluzination hält.

Doch dann läuft ihnen der Zar über den Weg. gleich doppelt. Und beide sind echt …

Boris und Olga ist eine Freundschaftsgeschichte in einer Steampunk Welt, die so herzerwärmend schön ist, dass die Rettung der Welt zur Nebensache werden würde, wäre sie nicht so spannend geschrieben. Das Gute ist, dass jeder Band in sich abgeschlossen ist, auch wenn sie aufeinander aufbauen. Noch besser ist, dass die Serie süchtig macht.

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Gespräch mit Sylvia Rieß

Sylvia Rieß gehört wie auch Sabrina Schuh zu den Märchenspinnern, einer Gruppe unabhängiger Autor*innen, die unter dem Label „Märchenspinnerei“ Märchenadaptionen herausbringt. Ich habe bereits viel von Silvia gehört, leider bisher noch nichts gelesen.

Sylvia Reiß mit Leserin und "Stern von Erui" am Messestand (c) Sylvia Reiß
Sylvia Reiß mit Leserin und „Stern von Erui“ am Messestand (c) Sylvia Reiß

Wenn ich an deinen Stand trete, was könnte meine Neugier geweckt haben?

Sylvia Rieß: Vermutlich würde dich das laute Glucksen meiner 5-Monate alten Tochter bezirzen, die mir anschließend ihr Frühstück einmal quer über mein weißes Fantasy-Kleid spuckt und noch lauter kichert.

Hallo, ich bin Stephanie und blogge als kleiner Komet.

Sylvia Rieß: Hallo Stephanie. Ich bin Sylvia. Ich schreibe Fantasy unter meinem Klarnamen Sylvia Rieß. Meine Bücher sind mittlerweile in vielen Sub-Genre der Fantasy zuhause. Magst du es eher episch und willst die Welt retten, suchst du märchenhafte und moderne Geschichten, oder möchtest du mal wieder herzlich lachen? Habe ich alles da. Und was du bei mir nicht findest, damit können dir bestimmt meine Standkollegen helfen. Jan Gießmann schreibt wundervolle Grim&Gritty Fantasy, Sabrina Schuh hat romantische, aber auch gesellschaftskritische Jugendromane und Janna Ruth und Tina Skupin kennt man ja auch mit ihren Bücher der Märchenspinnerei, bzw. ihren Titeln außerhalb davon wie Ashuan und Valkyrie. 🙂 

Ein tolles Angebot, das mag ich alles gerne lesen und ein paar Märchenspinnerei-Bücher habe ich bereits gelesen. Aber was ist Grim&Gritty Fantasy?

Sylvia Rieß: Oha. Also: In der Phantastik gibt es ca 53 Subgenre. Darunter z.B. High Fantasy. Ganz klassischer Vertreter Herr der Ringe. Es gibt die Guten, die Bösen und es gibt wenig moralische Probleme wenn erstere letztere umbringen (okay, auch das stellt der Herr der Ringe schon an mancher Stelle infrage) Aber prinzipiell geht es immer um ein höheres Ziel und die Rettung der Welt. Bei Grim&Gritty ist es eher: Die Welt an sich ist zwar eine Fantasywelt mit Magie und fantastischen Wesen, aber das alles ist von Haus aus einfach nicht nur toll und schön. Die Welt selbst ist stellenweise düster, verdorben, roh und auch mal gewalttätig und den perfekten Zustand kann auch der Protagonist meist nicht wieder herstellen. Er versucht nur, in dieser Welt zu überleben und sich seinen eigenen – auch nicht immer ganz so kleinen – Problemen zu stellen. GoT könnte man schon eher in diese Richtung einordnen. Wobei auch in den modernen Fantasy-Romanen die Grenzen zwischen Subgenres immer mehr fließend sind.

Danke für die Erklärung, aber lass uns nicht zu viel über die anderen Bücher sprechen. Erzähle mir bitte etwas zu deinem Buch.

Sylvia Rieß: Du hast erwähnt, dass du gern Fantasy mit versteckter Gesellschaftskritik liest. Die hast du bei uns am Stand zwar tatsächlich in jedem Buch, denn wir alle finden, dass Fantasy einfach mehr sein kann, als Genre Literatur. Aber ich erzähle dir jetzt mal was über „Der Stern von Erui“. Nein, das tolle Cover mit dem Drachen ist nicht der erste sondern der dritte Teil, aber ja, ich liebe das Cover auch am meisten. Nichtsdestotrotz beginnt alles mit dem Band Heimkehr. Worum es geht? Nun ja stell dir vor, ein Mädchen, dass aus deinem Freundeskreis vor Jahren verschwunden ist und eigentlich für ermordet gehalten wurde, kehrt zurück, ganz plötzlich. Vier Jahre später sitzt ihr wieder gemeinsam an einem Tisch in der Schule. Bekannt ist nur, dass sie wirklich etwas Schreckliches erlebt haben muss, aber keiner weiß so genau was. Sie erzählt auch nichts darüber und wenn man versucht, die alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen, dann ist sie schroff und abweisend. Bleibt man aber hartnäckig, dann wird man so manch Seltsames erleben. Kreaturen werden den eigenen Weg kreuzen, die einen an allem zweifeln lassen, was man bisher glaubte, über die Welt zu wissen und dann plötzlich zieht Nebel auf … und wenn er vergeht, ist man nicht mehr in der Welt, in der man gerade noch gestanden hat.

Tja – so beginnt die Geschichte vom Stern und sie wird einen auf verworrenen Pfaden durch eine fremde und wunderschöne aber auch brandgefährliche Welt führen. Ob diese noch zu retten ist vor dem Schatten, der sie bedroht, und was man selbst als Mensch mit diesem Schatten zu tun hat, das muss man auf über 1600 Seiten nach und nach herausfinden. Wahrheiten, die man für absolut hielt, werden in Frage gestellt und die Menschen, die man einmal zu kennen glaubte, tragen hintern den Schleier neue Namen. Das buch spielt dabei gerne mit Klischees, nur um sie zu brechen und die Erwartungen des Lesers zu enttäuschen. Doch damit will es vor allem zum Nachdenken anregen über sich, über die eigene Welt und über das Miteinander.

Die Chroniken von Erui (c) Sylvia Rieß
Die Chroniken von Erui (c) Sylvia Rieß

Du hast Recht, das trifft meinen Lesegeschmack sehr gut. Ist die Reihe mit 1600 Seiten jetzt abgeschlossen?

Sylvia Rieß: Ja ist sie. Es erzählt eine Geschichte, die in unserer Jetzt-Zeit beginnt, quasi aus unserer Menschenwelt heraus startet und dann über die Grenze nach Erui führt. – Also in dem Sinne auch kein reines High Fantasy, weil ich die Verbindung zu unserer Welt dabei habe. Auch hier gibt es ein ABER, denn aus Erui ist viel mehr geworden. Die Welt existiert parallel zur Menschenwelt und hat eine fast 10.000 Jahre lange Geschichte. Diese habe ich natürlich immer vor Augen beim Schreiben und weitere Schlüsselereignisse dieser Geschichte führen nun zu neuen Romanen, Romanreihen oder ergänzenden Kurzgeschichtensammlungen. All das wird wohl irgendwann ein großes Gesamtwerk und läuft unter „Die Chroniken von Erui“. Die nächste Trilogie „Das Herz des blauen Drachen“ spielt dabei zeitlich rund 1000 Jahre vor dem Stern und befasst sich mit den Ewigen Wächtern, die in der Trilogie eine wichtige Rolle spielen aber gar nicht in ihrer ganzen Tiefe aufgearbeitet werden konnten. 🙂 

Klasse, eine Welt und unbegrenzte Möglichkeiten neue Geschichten zu erzählen. Habe ich es richtig im Kopf, dass dein Märchen, das erste war, dass in der Märchenspinnerei erschienen ist? Magst du mir davon auch erzählen, leider habe ich es bisher nicht gelesen.

Sylvia Rieß: Ja, der ‚Lurchi‘ hat damals den Anfang gemacht. Das kam so: Überall ploppten die Märchenadaption auf einmal wie Pilze aus dem Boden. Aufwändige Cover mit zumeist Prinzessinnen in Ballkleidern. Und ich dachte mir: Aber müssen es immer Prinzessin sein? Müssen es immer Lovestories sein? Märchen haben ja von Haus aus eigentlich immer eine Moral und eine tiefere Botschaft. Ich wollte ein Märchen schreiben, das anders ist, sich mit Randfiguren unserer Gesellschaft befasst, auf moderne Probleme hinweist und für unsere moderne Zeit eine Moral hat. In diesem Fall: Denkt einmal über euer Verhalten in den sozialen Medien nach. Fällt nicht immer gleich euer Urteil über Menschen, die ihr kaum kennt. Nehmt euch Zeit für einander und lasst euch auf den anderen ein.  In diesem Fall muss mein frecher Protagonist Fynn mit der großen Klappe das halt auf die harte Tour lernen, als er auf dem Schulklo in einen Lurch verwandelt wird. Keiner kennt sich mit Axolotln aus, außer Leonie – das Mädchen, über das er sich bisher immer lustig gemacht hat. Und so landet er in ihrem Aquarium und in ihrem Leben.

Auch wenn ich bisher noch nicht so viele Märchenspinnerei-Bücher gelesen habe, schätze ich genau diesen Gedanken, den du gesät hast, Märchen wieder zu dem zu machen was sie waren, Geschichten über problematische Themen, keine Heile-Welt-Liebesgeschichten.

Der Axolotlkönig (c) Sylvia Rieß
Der Axolotlkönig (c) Sylvia Rieß

Welches Buch von Autorenkolleg*innen magst du mir empfehlen?

Sylvia Rieß: Du solltest dringen noch Tina Skupins „Valkyrie“ mitnehmen. Etwas cooleres im Bereich Fantasy/nordische Mythologie wird in den nächsten Jahren nicht auf den Markt kommen. ^^

Oh, da stimme ich dir zu, Valkyrie ist wirklich ein tolles Buch und ich bin gespannt auf den dritten Band der Reihe!

Mit Tina Skupin habe ich übrigens eine ganz außergewöhnliche Aktion gemacht und ihr eine kleine Schreibaufgabe gestellt. Frida und ihre Truppe legen mit ihrem Drachenboot in Bonn am Rhein an … Lest selbst.

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„Meine“ Beiträge zu Büchern aus der Märchenspinnerei

„Im Bann der zertanzten Schuhe“ ~ Janna Ruth
„Der Kater unterm Korallenbaum“ ~ Christina Löw


Hier geht es zur Fakriro-Online in der Quarantäneedition (mindestens bis Ostern 2020). Schaut euch um und habt eine gute und gesunde Zeit!

Schaut euch auch meine anderen Beiträge in der Reihe FakriroTalk an