Litcamp20 Collage, Bücherregal und kreatives Whiteboard, mit Gekritzel, welches zu Beginn des digitalen BarCamp entstand
Das kreative Whiteboard entstand zu Beginn des LitCamp20

Das Literaturcamp in Heidelberg gibt es nun schon seit 5 Jahren und ist mir auf Twitter so präsent begegnet als wäre ich beinahe schon dabei gewesen. Leider habe ich es bisher nicht nach Heidelberg geschafft, eventuell werde ich das auch nicht mehr, da ich gelernt habe, dass es ein Hundeevent ist. Abgesehen von den Hunden ist es aber wudnervoll, tolle Menschen und super Stimmung und diese mal live zu erleben, wäre doch phantastisch, oder?

Jedenfalls gab es dieses Jahr Glück im Unglück: Das Litcamp fand am 15. August 2020 online statt und ich war live dabei. Genau wie das BarCamp Bonn eine Woche zuvor, lief es über Venueless, einen wirklich tolle Plattform für derartige Events. In meinem Rückblick nehme ich euch noch einmal mit.

Besuchte Sessions im Überblick:

Achtsam Schreiben mit Babsi aka Bluesiren

Achtsamkeit und ich, das ist so eine Sache. Ich weiß eine Menge darüber, aber wende ich es auch für mich an? Manchmal tut es gut eine andere Perspektive einzunehmen und ja, verflucht Babsi hat Recht. Sie hat sehr viele sehr gute und richtige Tipps in der Session gegeben, einige davon gebe ich selbst gerne, aber manches muss man öfter hören/ lesen, um es auch wirklich umzusetzen.

Schreiben ist Arbeit

Auch wenn wir aus Begeisterung Schreiben und es vielleicht als Hobby angefangen hat, ist Autorenleben Arbeit. Babsi (Twitter, Webseite) rät uns daher zu Beginn ihrer Session eine gute Balance zwischen Freizeit und Arbeit zu finden. Eine Vollzeitwoche in Deutschland hat im Schnitt 41 Wochenstunden. Auf wie viele Stunden kommst du mit deinem Job und dem Schreiben? Auf Twitter erreichte mich direkt die Antwort, Schreiben käme auf den Vollzeitjob oben drauf.

Babsi empfiehlt sich einen Überblick zu schaffen über das eigene Zeitbudget, Wochen- oder Monatspläne aufzustellen. Selbst hat sie etwas dazwischen für sich als sinnvoll entdeckt.

Was machst du alles? Haushalt, Einkaufen und Schlafen nicht vergessen?

Wenn dein Plan nicht funktioniert, sagt Babsi, unterschätzt du vielleicht etwas. Dein Energielevel ist begrenzt. Pläne sind da, um sie nicht einzuhalten. Was ist dir wichtig? Verteile Prioritäten und teile danach deine Zeit ein.

Wenn es darum geht, eine Balance zwischen Freizeit und Arbeit zu finden, stellt sich direkt die zweite Frage:

Was ist für dich erholsam?

Es ist sehr individuell, was uns gut tut, was uns hilft Stress abzubauen. Hinzu kommt, dass nicht in jeder Situation dasselbe hilfreich ist. Babsi empfiehlt daher, sich bewusst zu machen, welche persönlichen Säulen wir haben, damit wir auswählen können.

Beispiele: Lesen, spielen, duschen, spazieren, Sport, alleine sein, Serien gucken, soziale Kontakte

Finde selbst heraus, was wo und wann funktioniert.

In der Emotionsregulation ist alles erlaubt, was hilft und nichts schlimmer macht!

Schlechte Stimmung ist normal, schlechte Tage sind vollkommen ok. Niemand kann immer ein Sonnenschein sein. Babsi hat eine schöne Idee: Sie sammelt schöne Momente in einem Gedankenglas und öffnet sie zu einem bestimmten Zeitpunkt und erfreut sich daran.

Welche Personen können dir fachlich und emotional helfen? Freunde, Familie, Therapie? Es braucht Zeit und oft auch Hilfe, um alte Denkmuster aufzubrauchen. In der Psychologie nennen wir es kognitive Umstrukturierung und in der Psychotherapie stellt dies die größte Baustelle dar.

Unterbrich Grübeln

Kennst du das, diesen negativen Gedanken, der sich festbeißt? Deine Gedanken drehen sich im Kreis, wiederholen sich und du kommst nicht mehr raus? Unterbrich diese Grübeleien, so lässt sich das Problem nicht lösen. Das Ganze nennt sich auch negative Gedankenschleife.

Es kann helfen, etwas anderes zu tun, sich abzulenken oder Kontakt zu suchen. Vielleicht gelingt es dir dann, die negtive Stimmung zu vermindern und die Situation neu zu bewerten.

Selbstkritik & Selbstzweifel

Selbstkritisch sein ist richtig und wichtig, aber wie immer kommt es auf das richtige Maß an. Auch hier hat Babsi wundervolle Tipps:

Stell dem innerlichen Teufelchen, dem Kritiker ein Engelchen zur Seite, deinen Cheerleader

Mit diesem Tipp hatten wir den meisten Spaß in der Session, als wir uns unsere inneren Kritiker bildlich vorstellten. Babsi schlug vor, mit diesen zu reden, sie auch mal weg zu schicken, ihnen zu sagen, sie sollen die Klappe halten. Gibst du ihm das aussehen eines gewissen US-Politikers fällt das vielleicht schon viel leichter … Lass auf jeden Fall nicht nur den Kritiker zu Wort kommen, auch den Cheerleader.

An dieser Stelle möchte ich einen Tipp von Patricia Foik aus dem Buch und Bühne Podcast ergänzen: Lege dir ein Büchlein an, in dem du Komplimente über dich sammelst, zum Beispiel, Zitate aus Rezensionen. Link zum Podcast auf Anchor, den Tipp findet ihr in Folge 4 „No spoiler, Sebastian“.

Zum Abschluss gab Babsi noch einen kurzen Überblick über konkrete Übungen, die ich an dieser Stelle nicht erklären werde. Schaut euch gerne das Video zur Session an, welches demnächst auf YouTube zur Verfügung stehen wird oder recherchiert die Techniken:

  • 5-4-3-2-1-Übung
  • Selbstmitfühlender Brief
  • Achtsames Beschreiben
  • Progressive Muskelrelaxatation
  • Was auch immer dir hilft!

Es gibt für keine Übung eine Garantie! Wichtig ist, dass du dich wirklich mal darauf einlässt und dann herausfindest, was dir hilft. Es gibt für vieles Podcasts oder YouTube Anleitungen. Manchmal helfen angenehme Stimmen, dann hör einfach zu, ohne die Übung zu machen. Blumen gießen, duschen, achtsam pinkeln, absurde Sachen können helfen, dich zu entspannen und besser zu fühlen.

Buchige Onlineevents mit Jessi & Thorsten von Booksondemand

Die Frankfurter Buchmesse wird eine hybride Veranstaltung werden, einiges wird vor Ort und einiges im Netz stattfinden. BooksonDemand hat sich entschieden online präsent zu sein. Daher stellen sie die Frage, wie spannende Literaturevents digital aussehen können? Sie wollen mehr als nur etwas zum Zuschauen anbieten.

Wie können wir Nähe herstellen? Was wünscht ihr euch?

Zur kurzfristig ausgefallenen Leipziger Buchmesse in diesem Jahr haben sie versucht alles, was vor Ort stattgefunden hätte in ein Onlineformat zu transferieren. Das Ergebnis nannte sich #BoDHomestory. Ist mir nicht begegnet, aber unter dem Hashtag findet ihr sicher alles. Sie berichteten auch von der virtuellen ComicCon, auf der es ca 350 Panels im Stream gab.

Thorsten sagt, Messefeeling käme nur durch Interaktion auf. Im Stream hätte man nur den Chat zur Verfügung. Ich frage mich, ob es bei Panels tatsächlich vor Ort einen stärkeren Austausch als im Chat gibt. Ich war noch nie auf einer der großen Buchmessen, wurde aber bereits in diversen Streams im Chat beachtet und konnte Fragen stellen oder Gedanken ergänzen.

Präsenzveranstaltungen leben von Interaktion. Die Empfehlung lautet daher: Nicht lange Lesung halten und im Anschluss erst die obligatorische Frage stellen: „Gibt es noch Fragen?“.

Wo kann man streamen und sich austauschen? Was sind gute Tools?

Venueless ist eines, darüber fand das BarCamp statt. Für Lesungen beispielsweise ist Twitch eine gute Option (siehe nächsten Abschnitt zur Session von Juliana Fabula), YouTube und viele andere Plattformen sind möglich, um dort live zu gehen.

Als gutes Beispiel für ein gelungenes Online-Event habe ich die Fakrio Online angeführt. Hier fand ich die Mischung der verschiedenen Formate sehr gelungen. Gerade zum Ausfall der Leipziger Buchmesse gab es den Kritikpunkt, dass es zu viel gab, zu unübersichtlich wurde, was es alles gab und was man sich noch ansehen könnte. Alles ist niemals möglich, auch nicht auf den großen Veranstaltungen vor Ort.

Ein Online-Event zu planen, stellt einige Herausforderungen und es gibt noch keine eindeutigen Empfehlungen. Wird es meiner Meinung nach auch nicht geben können, den Menschen sind verschieden, ihre Bedürfnisse verschieden und du kannst es niemals allen Recht machen.

Wann solltest du live gehen? Vorplanen, oder spontan sein? Mit Anmeldung und Kosten für die Verbindlichkeit, oder lieber mehr Reichweite, durch Freiheit auch spontan teilzunehmen? Exklusivität, um dazu zu motivieren, auch wirklich teilzunehmen? Schadet die Möglichkeit, ein Live-Event auch später noch ansehen zu können, oder erhöht das die Reichweite?

Eine Mischung könnte eine gute Lösung sein, Mischung der Formate, Mischung aus vorproduziert und live. Mischung aus kostenfrei und exklusivem Content, eventuell frei wählbare Bezahlmodelle, schließlich muss die Technik und der Aufwand auch finanziert werden.

Twitch mit Juliana Fabula

Auf Twitch werden Games live gestreamt. Nicht nur! Viele Kreative entdecken die Plattform aktuell für sich und Juliana Fabula (Twitter, Webseite) hat in ihrer Sessions ein wenig über die Möglichkeiten erzählt. Aber Vorsicht, Inspiration ist super, aber schau, wie es in deinen Alltag passen kann, bevor du losstürmst 😉 Wenn es um die Frage wann geht, nimm Zeiten, die für dich gut sind und stelle deinen Zeitplan online.

Wie komme ich an Follower/ Zuschauende für die Streams?

Nutze deine bestehenden Social Media Kanäle. Erzähle, was du machst. Erzähle, dass sich die Anmeldung lohnt, nur wer angemeldet ist, kann auch im Chat mitreden und es lohnt sich, denn viele Autor*innen sind inzwischen dort.

Über Kategorie und Hashtags bist du auch auffindbar, aber nach Julianas Erfahrung kommen die meisten über die anderen Kanäle.

Es gibt zwei gute Möglichkeiten sich auf Twitch gegenseitig zu unterstützen:Hosten und Raiden.

  • Host: du streamst gerade nicht, lasse den Stream eines anderen bei dir laufen
  • Raid: du nimmst deine Follower mit in einen anderen Stream

Was streamen Autor*innen?

Auf Twitch findest du Live-Lesungen, aber auch viel mehr.

Schreibsprints werden gestreamt. Die Darstellung im Stream ist unterschiedlich, manche zeigen ihren kompletten Text, was Juliana ablenkende findet, denn die Zuschauenden sollen ja nicht mitlesen, sondern auch schreiben. Sie selbst legt ein Cover über den Text und zu sehen ist ihr Fortschritt, der Text wird an den Seitenrändern länger.

Mach worauf du Bock hast: Lesen, schreiben, quatschen, zeichnen, sei kreativ .. Du bist Autor*in, dann bist du kreativ, los geht’s!

Was brauche ich zum Streamen?

Auf Julianas Kanal siehst du ihre komplette Ausstattung. Kamera an oder aus? Es geht auch ohne, aber Juliana ist überzeugt, mit baut sich der Kanal schneller auf. Das denke ich auch. Es geht nicht darum, wie hübsch du bist, sondern dass du zu sehen bist. So stellst du Nähe zu deinen Zuschauenden her. Man gewähnt sich daran, sagen einige und ich auch. Mein erstes Webinar empfand ich als extrem unangenehm.

Als Tools werden OBS und Streamlab empfohlen. Gemeinsam streamen geht gut über Discord. Such dir ein Overlay hinter das du die Bildchen packst.

Twitch oder YouTube?

Eine spannende Frage, die sich wahrscheinlich nur mit: Musst du selbst für dich herausfinden, beantworten lässt.

Ein paar Argumente für Twitch:

  • hohe Interaktionsrate
  • virtueller Hut (gibt es auf YT wohl inzwischen auch)
  • Der typische Insta Perfektionswahn im Styling ist auf Twitch anders, so erlebt es zumindest Juliana

Linktipps

Netzwerken & Social Media

Diese Session wurde zu einer spontanen offenen Session, nachdem die ursprüngliche Sessiongeberin nicht erschien. Diesmal habe ich mich intensiv beteiligt und einige meiner Erfahrungen geteilt und nicht getwittert.

Ein Rat, der mir wichtig erscheint zum Thema Netzwerken:

Netzwerken soll dir Spaß machen, nicht gemusst werden! Finde die Leute, mit denen du Spaß hast und es dir Freude bereitet, die Kanäle zu nutzen. Dann wird es auch einfach und das Regelmäßige fällt dir nicht mehr schwer.

Übrigens wird es unnötig schwierig, wenn du dich zum posten zwingst, erzwungene Posts lesen sich selten ansprechend. Es sei denn du bist wirklich gut, vielleicht …

Wertvoll war die kleine Netzwerkrunde, die wir gemacht haben, sich kurz vorstellen und die Kanäle nennen, wo wir uns vernetzen können. Alles weitere ergibt sich dann vielleicht.

Q & A mit Zippi

Jasmin Zipperling besucht so ziemlich jedes LitCamp und hat schon zahlreiche Sessions angeboten. Diesmal wollte sie es mit einer offenen Fragerunde zu ihren unterschiedlichen Themen versuchen. Es kamen einige Fragen zusammen und ich gebe euch mal ein paar Antworten in hoffentlich sortierer Form wieder:

Wie finde ich einen Titel?

Auch für Zippi eine quälende Frage. Sie ist für kurze Titel. Eingängig können Titel auch sein, wenn sie mal außergewöhnlich lang sind, wie „Der Hundertjährige der aus dem Fenster sprang und verschwand“.

Sie selbst hatte lange einen einfachen Titel, bis sie auf „Himmeldonnerglöckchen“ kam, ein Titel, den sie lange vor der Nase hatte, ohne ihn zu sehen.

Schreiben für Federwelt oder Selfpublsiher?

Frag die Chefredakteurinnen, ob deine Idee passt. Falls nicht, frag ruhig mit einer anderen Idee noch einmal. Hast du schon Artikel veröffentlicht, schick den Link mit, dann sehen sie wie du schreibst. Denk bitte an deine Zielgruppe, es sind andere Autor*innen, nicht die Lesenden deiner Bücher!

Keep it simple beim Schreiben und nutze aktive und positive Formulierungen.

Tipps zu Blogger Releations

Schau dich auf Instagram um, schau auch welchen Blogger*innen andere Autor*innen deines Genres folgen. Es gibt einen #Bloggersonntag, schau mal, wer da mitmacht. Es gibt auch #youngbookstagram für Kinder- und Jugendbücher. Wenn du Kontakt aufnimmst, sei freundlich und wertschätzend. Man begegnet sich immer zweimal im Leben.

Persönlicher Kontakt zu Blogger*innen ist wertvoll, lern sie auf Events kennen, sag Hallo und komm über Bücher ins Gespräch.

Wenn du dein Buch verschickst, pack persönliche Päckchen, worüber würde sich diese*r eine Blogger*in freuen? Wenn dein Päckchen gefällt zeigt er oder sie es gerne, aber sei dabei nicht zu berechnend.

Da Kinderbücher, insbesondere Vorlesebücher, von Erwachsenen gekauft werden, hat Zippi bei der Auswahl ihrer Blogger*innen nicht speziell nach Kinderbuchblogs gesucht. Wenn es um den Wert von Blogger*innen geht, rät Zippi auch mal zu schauen, was diese hauptberuflich machen. Gerade Kinderbuchblogger*innen arbeiten im Buchhandel oder mit Kindern (Schule/ Kita, etc) zusammen.

Noch nicht genug?

Einige Sessions wurden aufgezeichnet und werden auf dem YouTube Kanal des Litcamp Heidelberg zu sehen sein. Bis dahin könnt ihr euch ja die Sessions vom letzten Jahr ansehen.

Weitere Beiträge:

Du hast auch einen Beitrag über das LitCamp erstellt oder einen entdeckt? Poste den Link gerne in den Kommentaren.