Heute habe ich etwas Schönes mit euch vor, heute möchte ich mit euch kreativ sein und ja, auch das geht trotz Trauer. Sicher nicht sofort, aber vielleicht nachdem einige Wochen oder Monate vergangen sind. Jeder muss für sich spüren, wann sich das gut anfühlt und wann der richtige Zeitpunkt dafür da ist.
Die Kleidungsstücke des Verstorbenen
Irgendwann stellt sich die Frage, was tun mit den Anziehsachen des Verstorbenen.
Manche sind da sehr schnell bei der Hand und misten schon nach kurzer Zeit die Schränke aus, andere wiederum haben die Sachen noch Jahre später genau so im Schrank hängen wie zu Lebzeiten ihres Liebsten.
Unabhängig davon möchte ich euch hier heute kreative Möglichkeiten vorstellen, aus diesen Kleidungsstücken etwas Neues, Besonderes zu machen und damit kostbare Andenken zu schaffen.
Profis engagieren?
Wenn man im Netz recheriert findet man dazu einige Seiten. Es gibt einige Menschen, die die Aufgabe übernehmen ganz persönliche Erinnerungsstücke aus den Sachen unserer Herzensmenschen zu erschaffen. Besonders gefallen hat mir Roccofant. Unglaublich viele kreative Möglichkeiten tun sich hier auf, ganz viel Liebe scheint in der Arbeit zu stecken, die dann allerdings berechtigterweise auch ihren Preis hat.
Ich hatte trotzdem darüber nachgedacht, aber es ist nicht einfach Sachen des Verstorbenen an einen wildfremden Menschen zu schicken. Ich konnte und wollte das irgendwie nicht.
Trau dich selber
Doch der Wunsch nach etwas Persönlichem war riesengroß und so hat mir der Gedanke einfach keine Ruhe gelassen. Ich wollte meinen drei Mädels zu Weihnachten unbedingt je ein ganz besonderes Erinnerungsstück an ihren Vater/Opa schenken.
Leider konnte ich nicht nähen – okay in meiner Jugend habe ich mich mal ein wenig an der Nähmaschine versucht -, aber eigentlich kann man ja alles lernen.
Dank Corona und der Tatsache, dass man Zuhause bleiben sollte, brauchte ich eh eine sinnvolle Beschäftigung und so habe ich mir ganz spontan eine Nähmaschine gekauft. Auch nicht gerade billig, aber drei Profiwerke wären mich noch teurer gekommen. Außerdem schadet eine Nähmaschine im Haus ja nie.
Die Anschaffung hat sich letztendlich alleine deshalb gelohnt, weil ich nun eine sinnvolle Aufgabe hatte und bei der auch noch ganz viel Spaß. Natürlich sind dabei auch so einige Tränen geflossen, aber die weint man in dieser Zeit ja eh. Und es hat sich alleine deshalb gelohnt, weil ich sehr stolz auf meine liebenswert unperfekten Werke war und bin, und gerade auch in der Trauerzeit sind positive Gefühle so wichtig.
Der Anfang
war zunächst einfach, denn mir war sofort vollkommen klar, welche Tiere entstehen sollten. Für meine große Enkelin eine Eule, für meine zweite Enkelin ein Drache und für meine Tochter ein Elefant. Ebenso schnell war klar aus welchen Kleidungsstücken ich diese nähen wollte.
Ich habe dann auch noch nach den passenden Fotos von Klaus in diesen Lieblingsstücken gesucht, doch die haben sich leider nicht gefunden.
Erste Schwierigkeiten
Aber wie näht man ein Kuscheltier??? Kann eigentlich nicht so schwierig sein, dachte ich, denn meine Tochter hat mir in der Schulzeit mal einen sehr süssen Bären genäht, der immer noch einen Ehrenplatz bei mir hat. Also was mein Kind konnte, schaffe ich doch wohl auch!
Aber ich brauchte Schnittmuster. So einfach frei Hand, das traute ich mir nicht zu. So wurde das Internet durchforstet und ich bin dann auf das Buch „Kulla Kuschel Freunde von Juliane Dreyer“ gestossen. Leider war und ist das Buch aktuell nicht verfügbar, aber mein Buchhändler konnte mir zum Glück noch ein Exemplar besorgen. Nun hatte ich also Anregungen und Schnittmuster.
Eine weitere Schwierigkeit lag bei meinen Augen. Ich hatte nicht nur einen, sondern zwei Vögel. Neben dem grünen fühlte sich nun auch der graue Star bei mir Zuhause. Die Brille stimmte nicht mehr, eine neue lohnte aber nicht, da ich fällig war für die OP. Doch ich wollte nicht warten, ich wollte genau jetzt nähen.
Tier 1: Die Eule
Eine Eule erschien mir von den drei Tieren das leichteste zu sein und so habe ich mit ihr begonnen. Hierfür fand sich in dem oben erwähnten Buch die „Eule Kulla“ mit guter Anleitung und gutem Schnittmuster. Was mir aber für mein Projekt nicht gefallen hatte, waren die Flügel. Da habe ich mir aber zugetraut, die einfach anders hinzubekommen und das ist auch gelungen.
Nun stand ich da mit dem fertigen Schnittmuster und dem ausgewählten Shirt meines Mannes und einem blauen Rollkragenpullover, aus dem das Gesicht und die Füsse entstehen sollten. Ja, er hat dieses Shirt geliebt. Es schien noch schwach nach ihm zu riechen und ich hatte so deutliche Bilder vor Augen, meinte nur die Hand nach ihm ausstrecken zu müssen, um ihn noch einmal spüren zu können. Daher war da ein großes Zögern vor dem ersten Schnitt.
Ich habe mir aber dann bewusst gemacht, dass weder er noch ich das Shirt jemals wieder tragen werden. Wenn ich es abgäbe, wäre es einfach nur weg. So aber sollte ja etwas Schönes, etwas Neues entstehen und so habe ich beherzt einen Ärmel abgetrennt. Damit ging es los, mutig und vorsichtig. Vorsichtig besonders auch deshalb, weil der blau-gestreifte Stoff knapp war. Zur Sicherheit habe ich manchmal erst mit einem anderen Stoff probiert – dennoch wurde der Nahtauftrenner mein bester Freund.
Das Gesicht wie in der Anleitung geplant mit einem Zickzackstich auf den Körper zu nähen, habe ich leider nicht hinbekommen. Doch ich habe wie man sieht eine schöne Lösung gefunden.
Die Tiere sollten möglichst komplett aus Sachen meines Mannes entstehen und so war ich froh, für die Augen Knöpfe von einem anderen Shirt meines Mannes verwenden zu können. Nur die Augenringe und der Schnabel sind aus Filz.
Es war also geschafft und ich sooo stolz, aber auch ein wenig traurig, dass ich sie meiner Familie (noch) nicht zeigen durfte, denn es sollte ja eine Weihnachtsüberraschung werden.
Und ja, ich liebe mein erstes Werk, meine ganz besondere und einmalige Eule.
Was mich geärgert hatte war, dass man die gezeichneten Linien (ich hatte einen Kugelschreiber genommen, damit ich diese beim Nähen besser sehen konnte) durchschimmern sah. Daher habe ich dann später eine zweite Eule genäht und so konnte ich mein Erstlingswerk behalten, das seinen Platz (siehe Foto) in meinem Schlafzimmer gefunden hat.
Tier 2: Der Drache
Auch hierfür gab es das perfekte T-Shirt. Blaugrün mit gelber Kante. Ok, die Kante war zu wenig um sie zu verwenden, aber es gab in genau dem Gelb ein einfarbiges Shirt. Leider gab es keine passende Anleitung. Der Drache aus dem Buch ist zwar unglaublich niedlich, aber war für meinen Zweck nicht das, was mir vorschwebte. Fündig geworden bin ich auf der Seite KIF (Konferenz der Informatikfachschaften) – danke an euch.
Ich hatte nun drei Zeichnungen: Bauch, Seitenteil und Kamm und die Anleitung: Nähe sie zusammen und fülle sie ….
Puuh, klingt so einfach, war es aber nicht, absolut nicht. Ich habe hier noch so einen gescheiterten Versuch liegen. Aber Hartnäckigkeit siegt und ja, auch dieser Drache ist – ohne mich loben zu wollen – in seiner Unperfektheit einfach unglaublich süss.
Tier 3: Der Elefant
Dieses Tier sollte die Krönung werden. Elefanten waren die absoluten Lieblingstiere von Klaus und daher musste dieser ganz besonders werden. Allerdings war gerade diesen Pullover zu benutzen emotional alles andere als einfach. Dieser roch irgendwie noch so besonders intensiv nach Klaus (was Stephanie auch noch am fertigen Tier wahrgenommen hat), aber er war halt auch so perfekt geeignet für einen Elefanten …
Nach den Strapazen mit dem Drachen war ich nun vorsichtig. Einen Elefanten zu nähen erschien mir schon als eine echte Herausforderung. Daher habe ich mich zunächst für den Elefanten „Elli Fant“ aus dem bewährten Buch entschieden. Gutes Schnittmuster, gute Anleitung, aber nein. Ich habe zwar angefangen, aber das war nicht der Elefant, den ich wollte. Wieder wurde das Internet durchforstet und ja, es gibt sie, die Näherinnen, die kostenlos ihre Ideen teilen. Super! Danke!
Hier bin ich fündig geworden und es gibt sogar noch ein Video dazu, das ihr auch auf der Seite findet. Perfekt!
Allerdings habe ich den Schnitt noch ein wenig geändert und habe dem Kopf durch ein Stirnteil noch etwas mehr Volumen gegeben. Wie mutig von mir :-). Schaut ihn euch an, muss man den nicht einfach lieb haben?
Traut euch einfach auch mal. Das Ergebnis muss, wie ihr seht, nicht perfekt sondern liebenswert sein und ja, ich liebe sie alle und meine Mädels tun das auch.
Weitere Ideen
Wer sich nicht gleich an ein Tier traut, hier noch ein Vorschlag, der sicher leichter und für jeden umzusetzen ist. Vor allem ist dieser auch ohne Nähmaschine machbar.
Dabei näht man ein Kissen aus einem Pullover, schön groß und kuschelig. Fühlt euch so weiterhin von euerem Herzensmenschen (in der nächsten Woche lest ihr, warum das jetzt mein neues Lieblingswort ist) umarmt, denn ihr nehmt den kompletten Pullover, lasst also auch die Ärmel dran.
Dazu dreht ihr den Pullover auf links und näht diesen zunächst unten und dann an den Ärmeln zu. Nachdem ihr ihn wieder gewendet habt, stopft ihr ihn mit Füllmaterial aus und verschließt dann zum Abschluss den Halsausschnitt. Ganz einfach. Danke an Alexandra, die diese schöne Idee in einer besonderen Facebookgruppe geteilt hat.
Man kann natürlich auch die Ärmel abtrennen und so ein rechteckiges Kissen nähen, aber ich fand die Idee mit den Ärmeln so besonders schön und persönlich.
Eine sicher auch etwas größere Herausforderung sind dann Taschen, die noch auf meiner ToDo Liste stehen. Sicher habt ihr alle schon einmal diese Taschen aus alten Jeans-Hosen auf Weihnachts- oder Kreativmärkten gesehen. Es gibt aber auch einfachere Beutel, die aus Hemden hergestellt werden. Für beides finden sich im Netz diverse Anleitungen, da Upcycling ja gerade total in ist. Auch ein schöner Weg, wie euer Verstorbener euch auch weiterhin begleiten kann.
Dann wäre da noch das Großprojekt Patchworkdecke. Auch das habe ich angedacht, aber das war mir dann doch zu aufwendig. Da hätte ich dann eher einen Profi rangelassen. Besonders schön finde ich die Decken, bei denen dann noch auf Stoff gedruckte Fotos integriert werden.
Woran auch immer ihr euch jetzt versuchen mögt, ich wünsche euch viel Spaß, viel Erfolg und vor allem die Erfahrung der besonderen Nähe, die sich dabei einstellt. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn ihr mir von eueren Werken berichtet.