Ursprünglich wollte ich euch im Adventskalender einen Weihnachtskrimi vorstellen. Dieser entpuppte sich allerdings als wirklich mieser Frauenroman, den ich euch nicht empfehlen möchte. Aber das Buch hat mich zu einem anderen wichtigen Thema inspiriert, insbesondere da es im Buch nicht gut umgesetzt wurde.
Da es sich um ein sehr ernstes Thema handelte, erscheint der Artikel auch nicht wie geplant im Adventskalender.
Fröhliche Feiertage
Während wir uns gegenseitig schöne Feiertage wünschen, uns möglicherweise wegen Terminplänen, Geschenkekaufen und den letzten Arbeitstagen stressen, freuen wir uns doch alle auf das Weihnachtsfest mit der Familie. Oder?
Alle?
Ist in der Familie alles in Ordnung, haben sich alle lieb oder gibt es den obligatorischen Weihnachtskrach unter dem Baum?
Manche Menschen haben auch gar keine Familie mit denen sie die Feiertage verbringen können.
Für manche Menschen sind die Feiertage aus verschiedenen Gründen der Horror, sei es der Zwang zu feiern und fröhlich zu sein, die Gesellschaft der Familie an sich oder …
Einsamkeit
wird an so einem traditionellen Fest der Liebe besonders deutlich.
Egal ob man religiös ist oder nicht, Weihnachten entkommt man nicht so leicht. In den Innenstädten sind die Weihnachtsmärkte, Weihnachtsmusik dudelt aus den Lautsprechern der Kaufhäuser oder auch Supermärkte und auch Fernsehen oder Radio haben immer wieder weihnachtliche Elemente im Programm. Klar kann man umschalten, die Innenstädte vermeiden, sich zu Hause verkriechen und warten bis es vorbei ist.
Dem Weihnachtstrubel auf der Arbeit entkommt man weniger leicht. Weihnachtsfeiern, Weihnachtskekse und vor allem die Gespräche darüber, ob man schon alle Geschenke hat, was man bloß schenken könnte, was man kochen soll, mit wem man die Feiertage verbringt …
Die eigene Einsamkeit wird gerade in Gesellschaft deutlich spürbar.
Die Szene aus dem Buch
In dem erwähnten Buch versucht sich der Chef zunächst am Heiligen Abend das Leben zu nehmen. Er telefoniert kurz vorher aber noch und kann aufgehalten werden. Das Ehepaar nimmt ihn mit nach Hause, lässt ihn auf dem Sofa schlafen. Am nächsten Tag wird er zu seinem Auto gebracht, das noch am Ort des Geschehens steht. Was in den nächsten Tagen passiert, erfährt der Leser nicht. Am Neujahrsmorgen erfahren wir die Nachricht, dass er sich in der Silvester-Nacht das Leben genommen hat. Das Paar vergießt ein paar Tränen, insbesondere der Ehemann klagt: „Er hat mir doch versprochen, es nicht zu tun.“
Anschließend erkennen die Beiden den Wert des Lebens und bringen ihre Ehe wieder in Ordnung. Ich höre auf zu lesen.
Es reicht nicht, den Menschen zu „retten“ und ihn anschließend wieder nach Hause zurück in die Einsamkeit zu schicken. Die Beiden waren nicht einmal seine Freunde. Sie konnten die Verantwortung gar nicht übernehmen.
Als Psychologin ohne therapeutische Ausbildung und ohne Erfahrung mit solchen Situationen hätte ich mir in dieser Situation Unterstützung gesucht. Selbst wenn der Notruf tatsächlich nicht
Feiertage ein Risiko für Suizid?
Entgegen vieler Annahmen ist der Winter nicht die Hochsaison der Selbstmorde in Deutschland. Die Zahlen des statistischen Bundesamts (Edit: Link nicht mehr verfügbar) von 2008 bis 2014 zeigen schwankende Zahlen über die Jahre und Monate hinweg, wobei der Dezember in allen Jahren weniger Suizide aufweist, als der Jahresdurchschnitt.
Ein Artikel in der Psychologie-Heute 2012 (Edit: Link nicht mehr verfügbar) kommt auf Basis der Daten einer amerikanischen Studie zu dem Schluss, dass an Weihnachten das Risiko für einen Suizid weniger erhöht ist, Silvester dagegen schon, wenn alle den Neuanfang planen.
Depression und Suizid sind ein wichtiges Thema für unsere Gesellschaft, unabhängig vom Weihnachtsfest, das ganze Jahr hindurch.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass Einsamkeit nicht zwangsläufig zu Suizid-Gedanken führt! Soziale Isolation gilt allerdings als einer von mehreren Risikofaktoren.
Häufig wird gesagt: „Der will sich gar nicht umbringen, der will nur Aufmerksamkeit.“
Jemand, der ständig darüber spricht sein Leben zu beenden, will das tatsächlich meistens gar nicht wirklich.
Aber seine Aussagen sind ein Hilferuf, der ernst genommen werden muss.
Alleine findet diese Person offensichtlich keinen Ausweg. Es kann helfen zuzuhören, aber es ist auch wichtig demjenigen dabei zu unterstützen, professionelle Hilfe zu finden. Konkret kann das sein ihn zu ermuntern, Hilfe in Anspruch zu nehmen, Kontaktdaten raus suchen oder auch zu einer Beratungsstelle/ Therapieeinrichtung zu begleiten.
Aber was tun, wenn es ernst wird?
Im Akutfall die Notrufnummern 110 und 112 wählen. Über Polizei und Rettungsdienst bekommt ihr schnell erfahrene und professionelle Hilfe.
Nach misslungenem Versuch oder bei starken Suizid-Gedanken kann eine Einweisung in eine Klinik durch einen Hausarzt oder auch durch die betroffene Person selbst erfolgen. Ihr solltet keine Angst vor diesem Schritt haben. Es ist das Ziel der Klinik den Patienten lebend wieder zu entlassen!
Langfristig ist ein guter Weg eine Psychotherapie zu machen. Eine hilfreiche Seite bietet die Deutsche Psychologen Akademie mit dem Psychotherapie Informationsdienst.
Es ist keine Schande Hilfe in Anspruch zu nehmen! Am besten sogar bevor es zu den Suizid-Gedanken kommt.
Eine andere Option, wenn die Situation weniger akut ist, es jemandem aber schlecht geht, ist das Aufsuchen von Beratungsstellen.
Es gibt hierzu eine Datenbank der Deutschen Arbeitsgemeischaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB), um eine Beratungsstelle in der Nähe zu finden.
Eine andere erste Anlaufstelle, mit vielleicht geringerer Hemmschwelle, wäre auch die Telefonberatung:
- Telefonseelsorge, bundeseinheitliche Nummer: 0800 – 111 0 111
- Kinder- und Jugendtelefon der „Nummer gegen Kummer“, bundeseinheitliche Nummer: 116 111
Der Verein „Freunde fürs Leben“ hat viele hilfreiche Informationen zum Thema Depression und Suizid zusammen gestellt.
Das wichtigste ist, einen Menschen in seiner Verzweiflung nicht allein zu lassen.
Auch wenn man selbst nicht viel tun kann, oft reicht es da zu sein, bis professionelle Hilfe vor Ort ist.
Fazit
Nicht jeder Weihnachtsmuffel ist einsam! Viele mögen das Fest einfach nicht oder ihnen ist der ganze Trubel zu viel.
Nicht jeder, der einsam ist, denkt auch daran sich das Leben zu nehmen. Dennoch kann die Einsamkeit belastend sein.
Nicht jeder, der an Suizid denkt ist zuvor einsam. Es kann viele Gründe geben, solche Gedanken zu haben.
Gedanken führen nicht immer zur Tat, aber sollten ernst genommen werden.
Es ist nicht immer einfach zu unterscheiden, was das Richtige ist. Wir können nur versuchen füreinander da zu sein. Im Zweifelsfall lieber Hilfe suchen, bevor es zu spät ist. Auch Mitmenschen sind betroffen und können sich Rat und Hilfe bei den oben genannten Kontakten suchen.
Seid achtsam auf eure Mitmenschen!
Lasst diejenigen in Ruhe, denen Weihnachten zu viel wird und seid für diejenigen da, die sich nach Gesellschaft sehnen.
In diesem Sinne an euch alle da draußen: Frohe Weihnachten!
Kleines Nachwort
Dieser Artikel kann nur einen kleinen Notfallplan anbieten, wenn du selbst in eine verzweifelte Situation kommst oder miterlebst, wie jemand sich in einer scheinbar ausweglosen Situation befindet: Ruf Hilfe, auch dafür sind Polizei und Rettungsdienst für dich da.
Das Thema Suizid und die möglichen Risikofaktoren sind ein komplexes Thema! Depression und Soziale Isolation sind nur zwei davon und diese sind in dem Artikel nur knapp erwähnt.