Es gab einmal eine recht kurze Phase vor langer Zeit, da konnte ich mich für Familiensagas begeistern. Starke Charaktere, Liebesgeschichten und Schicksale ganzer Familien über Generationen und Bücher hinweg. Das alles eingebettet in eine für mich fremde Lebenskultur oder sogar historischen Kontext. Das alles hatte einen gewissen Reiz, aber ewig habe ich nichts mehr in dieser Richtung gelesen.
Im Rahmen von Daggis Buchchallenge habe ich in meinem Regal gestöbert und ein Buch gefunden, dass meine Mutter mir vor Jahren in die Hand gedrückt hatte. „Das musst du unbedingt lesen, es ist so schön.“ Es handelte sich um „Ich schreib dir sieben Jahre“ von Liz Balfour, eine irische Mini-Familiensaga. Ob das Buch jetzt schon sieben Jahre in meinem Regal steht, bezweifle ich, es ist aber es ist auf jeden Fall 2011 – vor sieben Jahren – erschienen …
Allys Leben
Mit zwölf Jahren hat Ally Irland verlassen und ist in England auf ein Internat gegangen. Die Wochenende hat sie in England bei Onkel und Tante verbracht. Der Kontakt zu ihren Eltern wurde immer weniger und schwieriger …
Inzwischen ist der Vater verstorben und der Roman beginnt mit einem Besuch bei ihrer Mutter, der äußerst schwierig zwischen den beiden abläuft. Wieder in Irland zu sein, verschiedenen Menschen aus der Gegend zu begegnen, macht einiges mit ihr …
Ally muss durch mehrere Krisen in verschiedenen Lebensbereichen, die miteinander verwoben sind: Familie, Beziehung, Freundschaft, Karriere.
Was möchte Ally für sich und ihre eigene Zukunft?
Welche Menschen sollen in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielen?
Das sind die zentralen Fragen, denen sie sich persönlich stellen muss, ebenso zahlreichen persönlichen Erfahrungen, die sie unverarbeitet abgehakt hat.
Ich schreib dir sieben Jahre
Ally findet romantische Briefe, die an ihre Mutter gerichtet sind. Sieben Jahre hat dieser Mann ihr geschrieben … Sie erfährt einiges aus den Briefen, ebenso ergeben sich zahlreiche Fragen … Insbesondere bekommt Ally eine Chance etwas über ihre Mutter zu erfahren. Spannend bleibt, ob es dafür zu spät ist, oder die beiden noch die Gelegenheit bekommen, wieder zueinander zu finden. Sie wird auch die Chance bekommen, mehr über ihren Vater und die Beziehung ihrer Eltern zu erfahren, so kann sie einige Erlebnisse aus ihrer Kindheit neu einordnen und besser verstehen.
Irland
Allys Elternhaus ist ein Cottage an der Küste, abgelegen, aber in wunderschöner Landschaft. Der Charme der Gegend und des ländlichen Lebens wird spürbar. Verwoben in der Vergangenheit der Mutter ist nicht nur die irische Kultur, sondern auch ein Teil der jüngeren Geschichte.
Leider besteht bei mir persönlich eine Lücke zwischen dem, was ich über den Nordirlandkonflikt weiß und dem was darüber im Buch geschildert wird, um alles einordnen zu können. Ich hätte mir ein wenig mehr Informationen innerhalb der Geschichte gewünscht, um davon etwas mehr für mich mitzunehmen. Allerdings hat das Buch mich dazu inspiriert, mich mit dem Thema zu beschäftigen, denn das Buch hat mir gezeigt, dass es einiges zu wissen gibt, was ich eben nicht weiß.
Die folgende kurze Doku von DW aus dem Sommer 2018 zeigt, wie angespannt die Lage 20 Jahre nach dem Friedensabkommen beispielsweise in Belfast noch immer ist:
Fazit zum Buch
Zu Beginn fing die Geschichte „ganz nett“ an, doch zunehmend wurde sie emotionaler und spannender. Ich hatte zu Beginn einen Verdacht, dass sich etwas entwickeln würde, was ich nicht gutheiße. Es kam so und war dann auch stimmig.
Ganz überraschend kamen mir unterwegs in der Straßenbahn die Tränen, danach noch häufiger, zum einen bei traurigen, aber auch sehr schönen Szenen.
Das Buch hat eine emotionale Tiefe und scheint mir für eine Zielgruppe geschrieben zu sein, die gerade mitten im Leben steht und sich hinterfragt: Lebe ich gerade genau das Leben, was ich leben möchte?
Ich schreib dir sieben Jahre
Liz Balfour
Heyne, 2011
ISBN: 978-3-453-40861-6