Es ist Samstag Morgen und ich lese ein Buch. Nicht ungewöhnlich für mich. Ich lese ein Kapitel, dann noch eines. Erledige zwischendurch alltägliche Dinge und kehre immer wieder zu diesem Buch zurück.
Was fasziniert mich so sehr an dieser Geschichte, frage ich mich und während ich meinen Boden wische, finde ich einen Antwort und dieser Beitrag entsteht, bevor ich das Buch ausgelesen habe.

Faszination
Go Mani und ich sind keine Freundinnen und doch fühle ich mich ihr nahe. Wir sind ähnlich alt (6 Jahre Unterschied), haben aber sonst wenig gemeinsam. Sie ist eine Romanfigur, ich eine reale Person. Sie ist in Korea aufgewachsen, ich in Deutschland. Sie hat gerade ihren Job verloren, lebt bei ihren Eltern und versorgt diese, bisher auch finanziell.
Das Buch hat einen besonderen Reiz auf mich. Ich möchte weiter lesen, dabei ist es nicht besonders spannend. Es gibt für mich keine Fragen, wie es ausgehen wird, ob dieses oder jenes sich lösen lässt. Es ist das Leben einer Frau, einer Familie, die in einem Viertel in Seoul lebt, das sicher nicht auf der Liste der Orte stehen würde, die ich unbedingt besuchen wollen würde, wenn ich einmal dort bin.
Mein Tochter hat mich mit ihrer Liebe zu K-Dramen angesteckt und nun lese ich diesen koreanischen Roman. Er ist frei von den dramatischen Elementen der Serien. Und daher suche ich danach, was mich immer wieder dazu greifen lässt, das Buch weiter zu lesen. Es liegt hier neben mir, pink, in seinem schlichten pink, weil ich den Schutzumschlang auf Seite gelegt habe.
Ich möchte es lese, werde gleich weiter lesen. Das Gefühl ist anders, als bei den Serien, die ich auch gerne weiter sehen möchte. Es ist angenehmer, entspannter.
Ich möchte mehr von Go Mani erfahren. Es ist als würde sie mir persönlich ihre Geschichte erzählen, als wären wir Freudinnen, die bei einer Tasse Tee zusammen sitzen und ich höre einfach zu.
Wir sind keine Freundinnen und ich bin auch nicht ihre Therapeutin. Ich darf ihr einfach zuhören, ich brauche gar nichts tun. Von mir wird nichts erwartet. Ich darf die Geschichte lesen und ich darf sie pausieren, wie es mir gefällt. Ihre Geschichte ist nicht langweilig, sie fühlt sich ehrlich an, echt, auch wenn es ein Roman ist. Eine Geschichte ist wahr, wenn sie genau so hätte passieren könnte, ist ein Zitat aus meiner Schulzeit, das hängen geblieben ist.
Die Geschichte berührt mich, schafft eine unfassbare Nähe und das ist die Kunst des Schreibens von Choo Nam-Joo. Diesmal habe ich auch keine Fragezeichen in den Augen während des Lesens, als bei ihrer Kurzgeschichtensammlung, bei der ich das Gefühl habe, nicht alle Geschichten wirklich verstanden zu haben.
An dieser Stelle schließe ich den Blogbeitrag für den Moment und lese weiter. Später werde ich euch noch ein wenig mehr über das Buch und Go Manis Geschichte erzählen. Vielleicht lasse ich es auch einfach so stehen, weil gesagt ist, was zu sagen ist.
Das Leben nimmt manchmal Wendungen, wenn man am wenigsten damit rechnet. Scheinbar belanglose Dinge führen , ohne dass man es bemerkt, zu unerwarteten Verknüpfungen.
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah, Seite 144
Träume
Viele Geschichten erzählen davon, dass wir unsere Träume wagen sollen, sie leben.
Diese Geschichte erzählt vom Leben und von aufgegebenen Träumen.
Ich kenne keinen Erwachsenen, der seinen Kindheitstraum hätte verwirklichen können.
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah, Seite 223
Sie erzählt auch von einem weiteren Traum. Dem Traum von einer Hochhauswohnung.
Und dieser Gedanke löste bei mir zunächst Irritation aus. Ich bin in einem Reihenhaus aufgewachsen und auf der anderen Seite vom kleinen Park standen die Hochhäuser. In meinem kindlichen Bewusstsein war es nicht erstrebenswert dort zu wohnen. Seitdem habe ich in mehreren Mehrfamilienhäusern gewohnt, allerdings nie in einem Hochhaus. Nie habe ich den Wunsch verspürt in einem zu leben.
Das Buch hat mir eine andere Perspektive gezeigt und die Sehnsucht nach dem Hochhaus wurde für mich nachvollziehbar.
Das Leben hatte nicht einfach aufgehört wie ein Roman oder ein Film, ich hatte die endlos lange Zeit, die vor mir lag, nicht einfach üebrspringen oder wegwerfen können, sonden sie, Minute für Minute, Sekunde für Sekunde, durchleben müssen.
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah, Seite 277
Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt.
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah
Cho Nam-Joo
Kiwi, 2024
ISBN: 9783462005837
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