Ein paar Gedanken zur aktuellen Situation und was mir aufgefallen ist. Ein Versuch für etwas mehr gegenseitiges Verständnis zu werben. Es ist kein umfassendes Bild der Situation, was gar nicht möglich ist, denn auch meine Perspektive unterliegt Einschränkungen, dennoch hoffe ich, ein paar Gedanken anstoßen zu können.

Zu Hause Bleiben

Corona verursacht „Hausarrest“, einige verstehen und akzeptieren das, andere setzen sich über die Anordnung zu Hause zu bleiben hinweg, ebenso über weitere Maßnahmen zum Schutz aller. Es besteht Kontaktverbot, es geht um physische Distanz, nicht um soziale. Das ist ein gesellschaftliches Problem, welches viel Konfliktpotential in den sozialen Netzwerken bietet. Es ist auch ein politisches und rechtliches Thema, denn Trotzverhalten einiger führt zu strengere Maßnahmen für alle.

Doch es gibt eine weitere Ebene, denn während einige recht gut damit zurecht kommen, fällt es anderen schwerer. Ganz individuell fällt einigen von uns die Decke auf den Kopf, während wir so viel zu Hause sind, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Vielleicht weil wir alleine sind, vielleicht weil wir zu eng mit anderen auf kleinem Raum leben. Einige stehen unter Stress und wissen nicht wie sie alles bewältigen sollen, andere wissen nichts mit sich anzufangen. Während einige versuchen das beste aus der Situation zu machen, werden erste Stimmen laut, die untersagen, dass man auch etwas gutes an der Krise sehen dürfe. Verschiedene Sichtweisen, werden als absurd angesehen, zum Beispiel Langeweile als unmöglich angesehen. Es entsteht Frust bei einigen, weil andere fleißig ihre Wohnungen aufräumen und putzen, während sie es selbst nicht schaffen.

Wir befinden uns in unterschiedlichen Lebenslagen und daher sieht die Situation für jeden einzelnen ein wenig anders aus. Wenn wir immer nur aus unserer Perspektive schauen, mangelt es uns vielleicht an Verständnis für die Situation anderer.

Eines haben wir alle gemeinsam: Die Situation ist außergewöhnlich und herausfordernd. Wir alle haben unterschiedliche Strategien und auch Bedürfnisse damit umzugehen und ich finde es toll, wie viele kreative Ideen dazu über soziale Netzwerke geteilt werden. Eine entscheidende Rolle ist auch die individuelle Psyche. Manche von uns können es besser wegstecken, bei anderen verschlimmern sich gerade eventuell eh vorhandene Symptome.

Ein Hauptproblem bei allem, was gerade in sozialen Netzwerken passiert: Was dem einen hilft, regt andere auf. Meine Empfehlung: Leben und leben lassen. Was euch gut tut, darf gut tun, was euch stört, ignoriert es so gut es geht. Es mag anderen helfen und dann ist es gut. Ich weiß, es fällt manchmal schwer und irgendwo müssen wir auch mit unserem Frust hin. Was hilft dir diesen abzubauen? Welche Möglichkeiten hast du trotz aktueller Einschränkungen?

Für mehr gegenseitiges Verständnis schauen wir uns mal vier großen Lebensbereichen von Erwachsenen an:

  • Arbeit
  • Familie
  • Haushalt
  • Freizeit/ Soziales

Arbeit

Gehst du noch zur Arbeit und verlässt dafür das Haus? Lebst du ein Stück weit Normalität? Dann gehörst du wahrscheinlich zu den systemrelevanten Berufen und bist aktuell besonderem Stress und Risiken ausgesetzt.

Arbeitest du im Home-Office, was vielleicht neu für dich ist?

Dir brechen die Aufträge weg, du sorgst dich um deine Existenz?

Deinem Job kannst du gerade nicht nachgehen und du baust Überstunden ab, bist auf Kurzarbeit oder sonst wie auf dem „Abstellgleis“?

Du machst dir Sorgen deinen Job zu verlieren?

Du warst eh gerade arbeitssuchend und jetzt ist es noch schwieriger?

Du befindest dich vielleicht in einer ganz anderen Situation, an die ich gerade gar nicht denke?

Ich bin überzeugt, dass kaum jemand genau so weiter arbeiten kann wie bisher. Manche haben es vielleicht leichter, andere stehen vor einem Scherbenhaufen und wissen nicht wie es weiter gehen soll. Für manche ändert sich wenig, einige haben vielleicht gerade extrem viel zu tun. Unser wirtschaftliches System wird gerade auf den Kopf und in Frage gestellt, es gibt auf vieles keine Antworten. An all dem hängen zahlreiche einzelne Menschen, mit ganz individuellen Ängsten und Sorgen. Da reagiert schnell jemand über und es ist viel Sensibilität im Umgang miteinander gefragt. Manche stellen Forderungen an die Politik, andere verdrängen die Sorge oder hoffen, dass alles wieder gut wird. Wir haben ganz individuelle Sorgen und unterschiedliche Strategien, damit umzugehen. Welche helfen, ist ganz individuell verschieden.

Familie

Vielleicht bist du alleine, ohne Eltern, Kinder, Partner? Vielleicht wohnst du auch räumlich von ihnen getrennt und kannst sie gerade nicht sehen?

Vielleicht trägst du Verantwortung für Kinder oder pflegebedürftige Verwandte?

Vielleicht befindet ihr euch eh gerade in einer Krise und diese wird durch das zu Hause bleiben noch verstärkt?

Im familiären Setting gibt es auch ohne Corona zahlreiche Herausfoderungen und Konflikte, die belastend sein können. Die aktuelle Situation kann den Zusammenhalt innerhalb von Familien stärken, aber auch die Probleme verschärfen.

Wer sich jetzt zwischen Homeschooling und Home Office befindet, fragt sich schnell, warum der Tag nur so wenige Stunden hat. Dinge die vorher dank Betreuungssystemen parallel liefen, laufen nun gleichzeitig und müssen von einer oder zwei Personen bewältigt werden, die schnell an den Punkt der Überforderung kommen können, weil sie beiden Rollen nicht gleichzeitig gerecht werden können. Kommen Arbeitgeber ihnen entgegen, verteilen sich die Stunden, aber es müssen dann noch immer ruhige Arbeitsphasen zwischen er Kinderbetreuung geschaffen werden.

Vielleicht sorgst du dich um Freunde oder Familienmitglieder, die gerade in der Pflege oder anderen systemrelevanten Berufen tätig sind und viel in Kontakt mit anderen sind? Vielleicht sorgst du dich um Menschen, die ein besonderes Risiko haben, wenn sie erkranken?

Vielleicht hast du das Gefühl, dass andere deine Sorgen nicht verstehen, weil sie andere Sorgen haben?
Verstehst du ihre Sorgen?

Haushalt

Zeit mal richtig aufzuräumen und zu putzen? Auf einige trifft das zu, wenn aus anderen Lebensbereichen Zeiten wegfallen. Aufräumen und putzen haben neben dem ordentlichen Effekt einen weiteren positiven, sie geben dir das Gefühl etwas geschafft zu haben. Es ist sogar direkt sichtbar. Du warst fleißig, aktiv, hast nicht nur faul auf dem Sofa gesessen. Muss sich deswegen jemand schlecht fühlen? Nein.

Diese Aktivität war alleine für dich, vielleicht die Mitbewohnenden, die sich hoffentlich an der neuen Ordnung freuen dürfen. Teilst du deine Aktivität, bekommst du vielleicht Lob & Anerkennung, mit der du dich besser fühlen kannst. Muss sich jemand deswegen schlecht fühlen? Nein! Es gibt keinen Wettbewerb, wer am meisten aufräumt!

Die Aufgabe lautet bleib zu Hause und finde einen Weg, wie du mit der Herausforderung am besten zurecht kommst. Nicht umsonst lautet der vielfach geteilte Spruch in unterschiedlichen Varianten: Rette die Welt indem du auf dem Sofa sitzt!

Bisher hat glaube ich noch niemand zum putzen für den Weltfrieden oder die Weltgesundheit aufgerufen.

Das Thema Haushalt hat noch einen ganz anderen Aspekt. Für einige gibt es jetzt nämlich mehr zu tun. Wenn Familienmitglieder jetzt alle zu Hause sind, anstatt in der Schule, auf der Arbeit oder wo sie sonst den Tag verbringen, essen sie mehr zu Hause, machen mehr Chaos, mehr Schmutz, mehr Arbeit … Vielleicht weniger Wäsche, besser nicht zu wenig, lassen wir das …

Und dann ist da der Einkauf …
Ich hoffe wirklich wir bekommen es hin, rücksichtsvoll miteinander umzugehen, mit anderen Kunden im Laden, aber auch gegenüber den Angestellten, die ihr bestens geben, damit wir alle mit Nudeln und Klopapier und allen lebensnotwendigen Dingen versorgt sind.

Freizeit und Soziales

In diesem Bereich hat sich für uns einiges geändert. Wer schielt jetzt nach den Gamern? Glaubt ihr wirklich die hocken jeden Tag alle nur vor dem Rechner?

Aber ja, sie haben einen Vorteil, ein Hobby, dem sie noch nachgehen können und eine Kommunikationsform mit anderen, die noch immer möglich ist.

Physische aber keine soziale Distanz! Wer sich bisher nicht mit den digitalen sozialen Möglichkeiten beschäftigt hat, hat es jetzt vielleicht schwerer.

Welche Hobbys und Freizeitaktivitäten musst du jetzt aufgeben und was bedeutet das für dich? Welche Möglichkeiten hast du vielleicht noch? Sei kreativ und finde Alternativen, die dir das geben, was du brauchst, Bewegung, Kreativität, soziale Kontakte.

In diesem Bereich entsteht die Langeweile über die gesprochen wird. Manche haben jetzt aufgrund der Situation mehr Freizeit, andere weniger, weil sie vielleicht mehr arbeiten oder mehrfach belastet sind durch Job+Familie. Vielleicht entsteht auch ein wenig mehr Zeit dadurch, dass Fahrwege wegfallen.

Einen Beitrag zur Inspiration, falls dir die Decke auf den Kopf fällt habe ich bereits geschrieben.

Ein kleines Schlusswort

In welcher Situation auch immer du dich gerade befindest, dein Leben verläuft anders und es ist für uns alle eine Herausforderung. Es ist nicht die Frage, wer vor der größten Herausforderungen steht oder wen die Krise am schlimmsten trifft.

Die entscheidende Frage ist doch: Wie können wir uns gegenseitig unterstützen, zusammen halten und füreinander da sein, ohne uns zu treffen?

Ich bin überzeugt, dass wir diese Situation nur gemeinsam durchstehen können, als Freunde, Familien, als Teams, als Netzwerke, als Gesellschaft.

Wenn wir das schaffen, dann sieht die Welt nach Corona anders aus, vielleicht ein kleines bisschen besser. Macht das Beste aus dieser Zeit bitte und haltet die Augen offen für eure Mitmenschen. Ich hoffe, ich konnte euch ein klein wenig dabei helfen, zu verstehen, warum andere Menschen andere Sorgen haben und anders mit der Situation umgehen.

Versuche bitte dich selbst und deine Bedürfnisse zu verstehen, dann kannst du auch besser für deine Mitmenschen und ihre Sorgen da sein. Mit uns selbst alleine sein kann eine der größten Herausforderungen sein.

Was nervt dich am meisten? Was belastet dich? Wie könntest du dem aus dem Weg gehen oder die Situation verbessern? Was fehlt dir und durch was könntest du es zumindest ein bisschen ersetzen?

Oft sehen wir die Möglichkeiten nicht, andere können uns die Antworten nicht abnehmen, aber zuhören, Ideen entwickeln und inspirieren.
Versuch es und sprich oder schreib mir jemandem.

Bleibt zu Hause und bleibt gesund! Danke 💜