„Miss Kim weiß Bescheid“ hat mich nun über mehrere Wochen begleitet. Immer wieder habe ich mal eine der Geschichten gelesen. Es war für mich kein Buch, um es in einem durchzulesen, auch keine leichte Lektüre. Es steckt so viel in jeder einzelnen Geschichte, dass es ein wenig Zeit zum Nachwirken braucht.

Die Geschichten

In der ersten Geschichte „Unter dem Pflaumenbaum“ geht es um eine ältere Dame, die ihre Schwester im Altenheim besucht. Wir erleben sie in diesem Moment des Besuches, blicken aber auch in die Vergangenheit, erfahren mehr über die Familie, die verschiedenen Schwestern und die Endlichkeit des Lebens.

In weiteren Geschichten begegeen wir unterschiedlichen Frauen, aus verschiedenen Generationen, bis hin zur letzten, der jüngsten, die gerade sich im Schulwechsel zwischen vierter und fünfter Klasse zum Beginn der Pandemie im Jahre 2020 befindet. Es geht um die erste Liebe, die Familie und die Herausforderungen der Pandemie auf vielen Ebenen.

Die Geschichten sind so vielfältig wie das Leben. Es steht immer eine Frau im Mittelpunkt und es gibt einige Kims, die in verschiedenen Rollen auftauchen.

Ein koreanisches Buch

Wenn die Geschichten aus einem fernen Land, einer anderen Kultur stammen, hat das dann noch etwas mit uns zu tun?

Es ist einiges anders, angefangen bei den Essgewohnheiten, auch das Frauenbild ist spürbar anders. Aber ist es das wirklich? Wie weit sind wir in Deutschland wirklich mit der Empanzipation und Gleichberechtigung der Geschlechter? Vor allem, wenn es um Care-Aufgaben geht, liegen diese noch stark bei den Frauen. Auch wenn sich hier langsam und zunehmend etwas wandelt, sind letztendlich die Unterschiede gar nicht so bedeutsam.

Ich würde das Buch nicht als primär feministisch betrachten, vielmehr als eine Vielzahl von Momentaufnahmen. Mometaufnahmen sehr verschiedener Personen, mitten aus ihrem Leben. Es geht um verschiedene Themen, beispielsweise um Trennung oder häusliche Gewalt.

Auch wenn die Geschichten in Korea vielleicht in einem anderen kulturellen Kontext passieren, geht es hier vor allem um Gefühle, um Liebe, Leid, Sehnsüchte und vieles mehr, was universell menschlich ist. Daher veramag uns jede Geschichte auf ganz besondere Weise berühren, ganz individuell.

Erzählweise

Die Geschichten sind alle in der Ich-Perspektive geschrieben und beginnen, wie bei Kurzgeschichten üblich, mitten in einer Situation. Dann spinnt Cho Nam-Joo ein kunstvolles Geflecht zwischen Gegenwart und Vergangenheit, welche uns mitnimmt in das Leben ihrer Figuren.

Ich konnte mitfühlen und mitdenken. Nur bei der Titelgeschichte haderte ich mit mir, las einige Seiten erneut und habe noch immer das Gefühl, die Geschichte nicht völlig erfasst, Details nicht verstanden zu haben.

In jeder einzelnen Geschichte gibt es eine philosophische Ebene, eine der Lebensweisheit, aus der wir Schlüsse für unseer eigenes Leben ziehen können, auch wenn dieses ein völlig anderes sein mag.

Meine liebste Geschichte

Besonders gut gefallen hat mir „Die Nacht der Polarlichter“, auch wenn ich euch nicht sagen kann, auf welcher persönlichen Ebene sie mich so sehr berührt hat. Vielleicht ist es der Traum, den sich die Protagonistin erfüllt, vielleicht die Bilder, die in meinem Kopf entstehen. Ich bin versucht, sie euch nachzuerzählen, doch das vermag ich gar nicht. Es ist die längste Geschichte des Buches und jeder Versuch würde euch die Freude am lesen nehmen.

Falls ihr das Buch bereits gelesen habt, schriebt mir doch, welches eure liebste Geschichte war.

Das Buch wurde mir vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Miss Kim weiß Bescheid
Cho Nam-Joo
Aus dem Koreanischen von Inwon Park
Kiepenheuer & Witsch, 2022
ISBN: 978-3-462-00349-9

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