
Nachtfrost ist der Debütroman von Jessica Bradley und am Sonntag, den 27. Oktober fand ihre allererste Lesung an einem meiner Lieblingsorte in Bonn statt, dem Spielecafé Voyager.
Als ich ankam, erhielt ich zunächst die Information, ich solle noch nicht nach unten gehen, der Raum würde noch vorbereitet. Ich war ja auch früh dran und stöberte in den ausliegenden Spielen. Dann begegnete mir eine nervöse Autorin, ein wenig Lampenfieber gehört doch dazu oder? Während der Lesung selbst war davon nichts mehr zu spüren!
Keine Tränen bei einem Drama?
In meinen Bericht über den Roman habe ich euch auch das Survival Paket für uns Blogger gezeigt. Bei der Lesung gab es keines, nicht einmal Taschentücher. Damit hatte ich fest gerechnet, dass diese Kosmetikschachteln zum Zupfen bereit stehen würden. Doch Jessica Bradley hatte einen anderen Plan.
Wir werden hoffentlich keine Taschentücher brauchen.
Jessica Bradley, sinngemäß aus dem Gedächtnis zitiert
Ich blieb skeptisch bis zum Schluss …
Sie begann am Anfang
Wenn eine Lesung nicht mit dem Anfang beginnt, weiß ich auch nicht. Es gibt doch gute Gründe, die Geschichte genau da zu beginnen, warum also an einer anderen Stelle einsteigen?
Jessica Bradley wurde gefragt, warum sie diese Stelle ausgewählt hatte und gab eine noch bessere Antwort, als das Offensichtliche. Dieses erste Kapitel stellt die Protagonistin Laura gut vor. So bekämen wir einen Einblick mit wem wir es zu tun haben und wie es ihr so geht.
Dieses erste Kapitel beinhaltet allerdings eine spezielle Küchenszene, nicht ganz appetitlich. Eine Testleserin verriet mir, dass sie die Szene dahingehend habe prüfen sollen, ob sie auch erfolgreich Ekel hervorruft …
Tja, zu Beginn der Lesung warteten wir noch, bis alle ihre Bestellungen erhalten hatten und kamen ein wenig ins Gespräch über die Location. Jessica Bradley schwärmte von den Burgern im Voyager, lobte sie gar als die besten der Stadt …
Dann kam diese Szene und mit einer ehrlich bedauernden Miene wendete sie sich an den Herrn mit dem Burger.
Sie tun mir jetzt leid, weil Sie essen.
Jessica Bradley
Er erwiderte noch, es schmecke ihm. Dann kam die Szene … Im Anschluss wünschte sie ihm noch einen „Guten Appetit“. Der Burger wurde aufgegessen, das Buch hat den Appetit offenbar nicht verdorben. War die Szene zu schlecht, der Burger wirklich so gut oder der Herr gar nicht so empfindlich?
Die Ekelszene blieb uns nicht erspart, dafür aber die mit dem Bratwurstverkäufer, damit wir nicht alle hungrig werden … Im Voager, wo es nach Essen duftet? Ich glaube, Jessica Bradley meinte es ehrlich gut mit uns. Es duftete übrigens nach Schokoladenmuffins, gesehen oder gar gegessen habe ich keinen … Muffintag ist eigentlich der Samstag, Sonntags gibt es Waffeln …
Zeit für Fragen
Zu einer Lesung gehören auch Fragen. Jessica Bradley hatte dafür zwischen den einzelnen Szenen Raum gelassen und auch im Anschluss noch die Gelegenheit für ein Gespräch angeboten.
Die Entstehung von Nachtforst
Ein Verlag wollte eine kleine Märchenreihe rausbringen. Für diese schrieb Jessica Bradley die erste Fassung. Die damalige war noch märchenhafter, weniger sozialkritisch. Dem Verlag war sie zu traurig. Dabei ist das Märchen „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen ist ein trauriges. Ich selbst habe als Kind dabei geweint und wollte es dennoch wieder hören. Ich kenne eine Fassung aus einem Weihnachtsgeschichtenbuch, nicht das Original. Jessica Bradley erzählte uns, dass auch Hans Christian Andersens Fassung des Märchens bereits sehr sozialkritisch war. Ich empfehle euch und mir es noch einmal zu lesen!
Wie es mit vielen Werken so ist, landete die Geschichte erst einmal in der berühmten Schublade. Aus dieser wurde sie Jahre später wieder hervorgeholt und gründlich überarbeitet. Jessica Bradley ist neben all dem, was sie sonst so tut und getan hat, gelernte Erzieherin und hat mit Heimkindern gearbeitet. Diesen Kindern gibt sie mit ihrer Geschichte eine Stimme.
Die Obdachlosen, die so zentral für die Geschichte sind, kamen auch erst mit der Überarbeitung hinzu. Diese wurden nicht frei von ihr erfunden. Jessica Bradley lud zwei Obdachlose zum Abendessen ein und unterhielt sich mit ihnen über das Leben auf der Straße. Sie bekamen mehr als ein Abendessen, wurde für ihre Unterstützung bezahlt, sie lasen auch das fertige Manuskript noch einmal als Sensitivity Reader. Jessica Bradley steht mit den Herren noch immer in Kontakt.
Ich sehe die Beiden heute noch regelmäßig und quatsche mit ihnen oder helfe wo gerade Not ist. Mittlerweile kennt meine Familie sie auch.
Jessica Bradley, via Twitter
Was erwartet uns als nächstes?
Jessica Bradley schreibt bereits an einem weiteren Drama, welches nächstes Jahr erscheinen soll. Wer ihr auf Twitter oder Instagram folgt, kann einen kleinen Blick über ihre Schulter auf den Schreibtisch werfen, auf dem einige Projekte liegen.
Da wäre zum Beispiel eine Kinderbuchreihe, die sie mit zwei Autorinnen gemeinsam schreibt. Die Idee stammt von ihr, allerdings hat sie sich Unterstützung gesucht, damit die Geschichten auch in regelmäßigen kurzen Abständen veröffentlicht werden können. Die Geschichten werden unter einem gemeinsamen Pseudonym erscheinen und sie werden phantastisch. Wenn alles gut läuft erscheint der erste Band zu Ostern. Fanatsy ist Jessica Bradleys Genre für den Kinder- und Jugenbuchbereich. Hierfür arbeitet sie mit Verlagen zusammen, während die Dramen im Selfpublishing erscheinen.
Den Genres Horror und Mystery (nicht Thriller, wie ich versehentlich twitterte) widmet Jessica Bradley sich im Drehbuchbereich.
Drei Säulen der Publikation, drei Genrerichtungen, das ist Jessica Bradley. Die Frau hinter dem Pseudonym hat viele weitere Talente, eines davon ist geheimnisvoll zu sein …