Ein Todesfall wühlt Verdrängtes auf
Wenn ein Mensch, der einem nahe steht stirbt, kommt oft Vieles hoch, an das man lange nicht gedacht hat. Es kommen Erinnerungen an andere Todesfälle, Erinnerungen an Abschiede aller Art.
Bei mir waren das vor allem meine Fehlgeburten/ Eileiterschwangerschaften. Daher findet auch dieses Thema jetzt hier seinen Platz.
Mein Kinderwunsch
Ich wollte immer eine große Familie, habe von sieben Kindern (ob ich wirklich soweit gegangen wäre, mag ich allerdings nicht beschwören ;-)) gesprochen. Schon immer wollte ich früh heiraten, und das habe ich auch getan.
Unsere Tochter kam dann auch sehr bald und ich war sehr glücklich darüber. Groß war die Freude, als ich schon bald darauf wieder schwanger wurde. Doch leider hatte ich mich zu früh gefreut.
Danach habe ich Unsummen für Schwangerschaftstest ausgegeben. Ich wollte doch so sehr noch mehr Kinder und konnte ein positives Ergebnis kaum erwarten. Jeden Monat von Neuem die Hoffnung, dass es geklappt haben könnte und jeden Monat die Trauer, wenn das Ergebnis negativ war …
Ich erlitt noch eine zweite Fehlgeburt, hatte zwei Eileiterschwangerschaften und danach musste ich meinen weiteren Kinderwunsch endgültig begraben.
Meine Gefühle
Schon nach der ersten Fehlgeburt in ca. der 10. Woche war ich untröstlich. Für mich war es ein Kind, das ich verloren hatte und nicht nur das Ende einer frühen Schwangerschaft. Für mich hatte das Kind in meinen Herzen und in meiner Vorstellung bereits gelebt.
Damals war der Gedanke: „Ich werde ausgeschabt und mein `Kind´ landet danach auf dem Müll“ einfach nur grausam.
Nein, es konnte mich nicht trösten, dass ich doch bereits ein gesundes Kind hatte. Das wurde mir gefühlte hundertmal gesagt und ich habe es jedes Mal als Ohrfeige empfunden.
Nach der zweiten Fehlgeburt konnte ich kein Baby mehr sehen ohne zu weinen. Ich fühlte mich mit meinem Schmerz fürchterlich alleine. Mein Mann hat zwar meinen Kinderwunsch mitgetragen, für ihn war es aber auch in Ordnung, ein Einzelkind groß zu ziehen. Meinen Schmerz konnte er nicht nachvollziehen und auch nicht auffangen.
„Das passiert nun mal.“ „Das machen viele Frauen durch.“ „Du bist noch jung, du kannst noch Kinder bekommen.“ „Lass dich nicht hängen.“ Solche Sätze musste ich ständig hören, hilfreich waren sie nicht. Im Gegenteil, sie taten weh. So habe ich mich noch mehr unverstanden gefühlt.
Möglichkeiten der Trauerverarbeitung
Damals habe ich darüber leider gar nicht nachgedacht. „Trauerverarbeitung“ das Wort war für mich quasi ein Fremdwort.
Mit dem Wissen von heute würde ich anders damit umgehen. Ich würde meinem ungeborenen Kind einen Brief schreiben, mir gezielt eine Erinnerungsmöglichkeit schaffen, bewusst Abschied nehmen. Vielleicht würde ich heute im Rahmen einer kleinen Feier, einen Luftballon mit einem Gruß in den Himmel steigen lassen.
Heute gibt es vereinzelt sogar die wunderbare Möglichkeit den Namen des Kindes auf eine Erinnerungssäule auf einem Friedhof zu verewigen. Es hat mich tief berührt, als ich per Zufall mal auf einem Friedhof so eine Gedenkstätte für frühe Fehlgeburten entdeckt hatte. Ja, das hätte mir damals sicher geholfen.
So habe ich die Trauer, den Schmerz einfach nur verdrängt und so kam jetzt bei mir alles wieder hoch.
Mit dem Schmerz der Mutter, der Familie umgehen
Nehmt sie in den Arm, nehmt ihren Schmerz ernst. Tröstet nicht weg, sondern haltet aus. Lasst sie erzählen, hört zu.
Vor allem vermeidet bitte die oben zitierten Sätze. Die helfen in diesem Schmerz so gar nicht. Vielleicht könnt ihr vorsichtig zu einem Erinnerungsritual, zu einem bewussten Abschied ermutigen.
Es kann natürlich auch sein, dass der werdende Vater den Trost genauso braucht. Hier ist es unter Umständen noch dadurch erschwert, dass Männer ihren Schmerz nicht gerne zeigen. Auch das Geschwisterkind hat vielleicht Beistand nötig, weil es hilflos den Schmerz der Mutter spürt oder sich selber schon so auf ein Geschwisterchen gefreut hatte.
Zum Umgang mit Trauernden, habe ich zwei Beiträge geschrieben. Vielleicht findet ihr da ja noch die ein oder andere hilfreiche Information. Was aus diesen Beiträgen sicher gut passt, ist das Angebot der praktischen Hilfe.