Die Angst vor dem „Anders“
Menschen, die nicht in das Bild ihrer Zeit passen, die irgendwie anders sind, haben es meistens schwer in der Gesellschaft. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, auch wenn wir inzwischen mehr Vielfalt zulassen. Bewegt man sich dann doch mal außerhalb der gewohnten Kreise, wird spürbar, dass das eigene anders sein aneckt.
Was Menschen nicht verstehen oder einordnen können, macht ihnen Angst. Was Angst macht muss eliminiert werden.
Hexenverfolgung
Sind das die Motivationen, die hinter den großen „Hexenverfolgungen“ der Vergangenheit stecken? Heilkundige Frauen, die anders waren und oft am Rande des Dorfes wohnten, standen schnell im Verdacht eine Hexe zu sein. Nicht nur sie, auch viele andere wurden der Hexerei bezichtigt. Gestanden haben dann viele, dank der endlosen Folter.
War es ihre Andersartigkeit oder passten sie einfach in ein Bild eines alten Volksglaubens?
Doch woher kam dieser Volksglaube an Hexerei und die Idee, dass Menschen „im Bunde mit dem Teufel seien“?
Susanne Pettelkau hat sich in ihrer Dissertation dem Thema Hexenverfolgung gewidmet, dabei interessante Unterschiede zwischen England und Deutschland herausgearbeitet, sowie sich intensiv mit dem Bild des „Teufels“ als dem Schuldigen befasst. Eine Leseempfehlung für alle, die sich für das Thema interessieren.
Wenn ich darüber nachdenke, stammt mein „Wissen“ über dieses Kapitel unserer Geschichte hauptsächlich aus Romanen, wie beispielsweise dem zuletzt gelesenen „Hexenkind“ von Celia Rees. Dementsprechend erwarte ich von den Autoren, dass sie die historischen Hintergründe gut recherchiert haben und ihre fiktionalen Geschichten einen wahren Kern enthalten.
Hexen und Vampire
„Magica – Quelle der Macht“ ist ein historischer Urban-Fantasy Roman, der im Jahre 1645 zum Höhepunkt der englischen Hexenverfolgung spielt. Kristy ist eine junge Hexe mit ganz besonderen Kräften, derentwegen sie auch von ihrem Stamm besonders behandelt und gefördert wird.
Ich hatte keine normale Kindheit, weil ich etwas Besonderes bin. Eigentlich will ich doch nur normal sein!
In Saskia Stanners Roman gibt es aber nicht nur Hexen, sondern auch Vampire. Einem von ihnen, dem jungen Lord Jonathan, begegnet Kristy und verliebt sich …
Es ist allerdings viel mehr als eine Liebesgeschichte zwischen zwei außergewöhnlichen Wesen. Es ist auch eine Geschichte des Jahres 1645, ein Hexenjäger kommt in die Gegend, kontaktiert den Lord und stellt eine Bedrohung für alle dar, die „anders“ sind. Saskia Stanner ist es sehr anschaulich gelungen, das einfache und auch das adelige Leben des 17. Jahrhunderts in ihrem Roman darzustellen, dabei aber in einem leichten Schreibstil unserer Zeit zu bleiben. Einzig über eine all zu moderne Formulierung bin ich gestolpert:
Ich freue mich schon … nicht.
Sind Kristys Probleme am Anfang noch die eines jungen Mädchens, welches sich gegen die Behandlung durch die Familie auflehnt, ein Mädchen, das sich nach Liebe sehnt und sich selbst finden möchte, werden die Probleme immer globaler und bedrohlicher. Erst entdeckt sie die Existenz der Vampire, dann das Geheimnis ihrer eigenen Familiengeschichte und letztlich kommt die Bedrohung von außen dazu, durch besagten Hexenjäger.
Erzählt wird die Geschichte hauptsächlich aus Kristys Sicht. Wir bekommen aber auch Einblicke in Jonathans Gedankenwelt, in den eingeschobenen Kapiteln aus seiner Vergangenheit. Weitere Einschübe bestehen aus Tagebucheinträgen einer zu Beginn noch geheimnisvollen Person, die den jungen Vampir Jonathan und seine Familie zu beobachten scheint. Welche Pläne diese Person verfolgt lässt sich lange nur erahnen. Die Verwicklungen dieser drei Erzählebenen zu einer spannenden Geschichte ist sehr gelungen und führt zu einem starken Showdown, der sehr ernst aber auch sensibel ein Bild des Jahres 1645 zeigt. Saskia Stanner wird deutlich ohne zu sehr ins Detail zu gehen, Taschentücher sollten dennoch bereit liegen.
Zum Abschluss habe ich noch ein wunderschönes Zitat aus dem Roman. Die Rechtschreibfehler an dieser Stelle sind beabsichtigt, es stammt aus einem Brief:
Du bist wunderbar, so wie du bist. Lass dich nicht verbigen, sondern zeig ihnen, das du für selbst sprechen kannst.
Fazit
Ich habe Kristys Geschichte sehr gerne gelesen, sie hat mich berührt und nachdenklich gemacht. Nachdenklich über ein düsteres Kapitel der Menschheitsgeschichte, eines das sich in verschiedenen Epochen auf unterschiedliche Art wiederholt hat (kann ich hier wirklich hat schreiben?): Verfolgung von Menschen, die anders sind.
Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Band der Reihe, der in unserer Zeit im Jahr 2015 spielen wird. Zu Beginn konnte ich mir nicht vorstellen, wie die beiden Bücher zusammen hängen sollen. Inzwischen weiß ich mehr, aber bin dadurch noch gespannter, wohin die Reise uns führen wird.
Weitere Bloggermeinungen zum Buch:
Rezension von Anni-Chan
Rezension von Viktoria (The Librarian and her Books)
Start der Blogtour zu Magica bei Klaudia von HerzDeinBuch
Das E-Book wurde mir freundlicherweise vom Eisermann-Verlag zur Verfügung gestellt.
Magica – Quelle der Macht
Saskia Stanner
Eisermann-Verlag, 2016
ISBN: 978-3-946172-61-1