Jeden Monat lese ich ein Buch aus einem anderen öffentlichen Bücherschrank. Anschließend lasse ich das Buch wieder frei, gebe es persönlich weiter oder stelle es in einen anderen Bücherschrank. Jedes Mal lege ich einen Brief mit dazu. Eine Übersicht der bisher besuchten Bücherschränke seht ihr hier.

Die Friesdorfer haben nun auch mit Unterstützung der Bürgerstiftung Bonn einen öffentlichen Bücherschrank aufgestellt. Die feierliche Einweihung erfolgte am 30. April 2019 während des Maifestes auf dem Dorfplatz.

Erst der Baum, dann der Schrank
So waren tatsächlich deutlich mehr Menschen anwesend, als bei den beiden anderen Bücherschrank-Eröffnungen bei denen ich dabei gewesen bin. Allerdings wurden weniger Bücher eingestellt. Der Bücherschrank ist ein Teil der Neugestaltung des Platzes. Tatsächlich gelang es innerhalb von zwei Monaten 2000 Euro zu sammeln, 1000 € gab die Sparkasse dazu und die restlichen 3000 € kamen von der Bürgerstiftung Bonn.
Wer so schnell die Spenden zusammen bekommt, hat inzwischen sicher auch einen gute befüllten Bücherschrank!
Die Bürgerbeteiligung ist bei einem solchen Projekt unheimlich wichtig und so ergeht ein herzlicher Dank an alle, die die Patenschaft über den Schrank übernehmen und ihn im Auge haben.
Bonner Geschichte(n)
Leider war die erste Auswahl an Büchern so klein, dass ich mich kaum traute gleich wieder eines mitzunehmen, aber ich brauchte doch mein Maibuch. So stöberte ich ein wenig und entdeckte ein Buch, das in jedem Bonner Bücherschrank stehen sollte: „Bonner Geschichte(n)“. Das Buch wurde vom General Anzeiger herausgegeben und enthält Artikel von Paul Zurnieden, die
Von 1984 bis 1993 zu Gedenktagen geschrieben und im General-Anzeiger veröffentlicht
wurden. Entsprechend werden die Ereignisse nicht in historischer Reihenfolge, sondern in der Chronologie des Erscheinens geordnet. Die meisten Artikel sind zu Gedenktagen erschienen.
Der Schreibstil ist trocken, Spannung wird in den Beiträgen keine aufgebaut, aber die Inhalte sind so interessant, dass sich die Lektüre lohnt, wenn euch das Buch in die Hände fällt. Ich habe einiges erfahren, was ich nicht wusste.
Eine Zeitreise durch Bonn
Es geht um einzelne Persönlichkeiten, die Beziehung zwischen Bonn und Köln, aber auch Deutschland und Frankreich, denn in dieser spielte Bonn zu verschiedenen Zeitpunkten eine wichtige Rolle. Bonn wurde auch nur knapp vor Frankfurt a.M Hauptstadt, was uns schließlich zur Bundesstadt Bonn machte, den einzigartigen Bundesdorf.
Es ist eine Stadt mit einer über 2000 Jahre alten Geschichte, die zurück bis zu den Römern reicht, eine Stadt, die vieles gesehen und erlebt hat.
Vor 400 Jahren und viele Jahrzehnte danach war es nicht leicht, Bonner Bürger zu werden. Was jetzt alljährlich mehrere Tausend durch eine Anmeldung beim Einwohnermeldeamt erreichen, war damals an den Schwur gebunden, daß der Neubürger „unserem gnädigsten Kurfürsten und Herr zu Köln und seinem Erzstift erstlich, danach auch Bürgermeistern und Rat der Stadt Bonn getreu, hold, gehorsam, gefolglich und gewärtig sein und bleiben wolle.“
(Artikel: „Für jedes Rindvieh eine Gebühr – Vor 400 Jahren – 19. November 1585 – erhielt Bonn eine Polizeiordnung“)
1784 wurde Max Franz, ein Habsburger und Bruder von Marie Antoinette, Königin von Frankreich, letzter Kurfürst. Er nahm zehn Jahre später Abschied von Bonn und eine Epoche endete am 2. Oktober 1794.
An weinenden Menschen vorbei fuhr der Wagen zum Rhein, wo er auf einer Gierponte übersetzte.
(Artikel „Max Franz und sein Erbe – 1784 wurde ein Habsburger als letzter Kurfürst inthronisiert“)
Nach dem ersten Weltkrieg verfolgten die Separatisten
mit teils offener, teils versteckter Unterstützung Frankreichs die Abtrennung des Rheinlandes vom Reich und die Errichtung einer selbstständigen „Rheinischen Republik“.
(Artikel: “ Hofgartenwiese als Kuhweide – Separatisten und Besatzung – Bonn zur Zeit des 1. Weltkrieges und danach“)
Eine Stadt der Künste und Wissenschaft
Bonn ist nicht erst seit 1818 Universitätsstadt. Es gab bereits vorher eine kleine Universität und zahlreiche namhafte Wissenschaftler lehrten hier. Beethoven zählt zu den bekanntesten Bonner Studenten.
Bonn ist eine künstlerische Stadt, nicht nur weil Beethoven hier geboren wurde und wir uns manchmal in meinen Augen etwas zu stark als Beethoven-Stadt präsentieren. Ein Gang über den Alten Friedhof zeigt, wer hier so alles gestorben ist.
Wusstet ihr, dass das Robert Schuhmann Haus einst eine „Heil- und Pflegeanstalt“ war? 1854 wurde Schuhmann dort nach einem Selbstmordversuch in Düsseldorf eingeliefert und verblieb dort bis zu seinem Tod.
Paul Zurnieden gedenkt beispielsweise mir bisher unbekannten Personen, wie dem „Rheinromantiker Wolfgang Müller“ (1813 -1873) oder der Königin Elisabeth von Rumänien (1843-1916), die „Dichterkönigin“. Als Prinzessin von Wied in Neuwied geboren liebte sie das Rheinland und
zu den schönsten Erinnerungen ihres Lebens gehörten die häufigen Besuche in Bonn.
(Artikel: „Eine Rheinländerin auf dem rumänischen Königsthron – 75. Todestag von „Carmen Sylva“, am 2. März 1916″)
Eine gewagte Hypothese oder vielleicht einfach eine rheinische Wahrheit ist die folgende Artikelunterschrift:
Verhinderte das Gedicht eines Bonners 1840 einen deutsch-französischen Krieg?
(Artikel: „Sie sollen ihn nicht haben“)
Nikolaus Becker (1809-1845) schreib das folgende Gedicht, welches unter anderem von Robert Schuhmann vertont wurde.
Der deutsche Rhein
Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein.
Ob sie wie gier´ge Raben
Sich heiser danach schrein,Solange es ruhig wallend
Sein grünes Kleid noch trägt,
Solang ein Ruder schallend
In seine Wogen schlägt.Sie sollen ihn nicht haben,
(Nikolaus Becker, 1840)
Den freien deutschen Rhein,
Solang sich Herzen laben
An seinem Feuerwein;
Solang in seinem Strome
Noch fest die Felsen stehen,
Solang sich hohe Dome
In seinem Spiegel sehn.
Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
Solang dort kühne Knaben
Um schlanke Dirnen frein;
Solang die Flosse hebet
Ein Fisch auf seinem Grund,
Solang ein Lied noch lebet
In seiner Sänger Mund.
Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
Bis seine Flut begraben
Des letzten Manns Gebein!
Im selben Jahr gründeten Gottfried und Johanna Kinkel den literarischen Zirkel „Der Maikäferbund“ in Bonn. Dieser bestand bis zum Jahre 1847, dann löste der Verein sich auf,
der zuletzt in ein gemütliches Plauderstündchen versandet war.
(Aus dem Brief Johanna Kinkels an einen Freund)
Bonner Geschichte(n)
Paul Zurnieden
Bonner Zeitungsdruckerei und Verlagsanstalt H. Neusser, Verlag des General-Anzeigers, Bonn, 1994
7. Auflage, 2000,