Der Bücherschrank
Im November stand ein Vorstellungsgespräch in Frankfurt an. Es lief gut, dazu erzähle ich euch bald mehr, versprochen.
Nach dem Gespräch machte ich einen Plan für die Rückfahrt und suchte den nächstgelegenen Bücherschrank auf, nur ein kleiner Umweg zum Frankfurter Hauptbahnhof.
Der Schrank steht am Englischen Theater. Dabei hatte ich mir nichts weiter gedacht. Doch der Schrank steht nicht nur vor dem Theater, es ist auch ein „englischer Bücherschrank“ unter Patenschaft des Theaters. Weitere interessante Informationen stehen in diesem Beitrag der Frankfurter Rundschau vom 25.10.2013.
In diesem Schrank ist noch viel Platz! Falls ihr zufällig in der Nähe wohnt und euch von englischen Bücher befreien wollt, die in eurem Regal einstauben, wäre das eine gute Möglichkeit, sie frei zu lassen.
Tja, so stand ich also vor diesem Schrank, überraschend konfrontiert mit wunderbaren Schätzen in englischer Sprache. Diesmal überließ ich nichts dem Zufall, ich stöberte, vergessen war der enge Zeitplan, den Zug habe ich trotzdem noch erreicht.
Als ich dann meinen kleinen Schatz in den Händen hielt, überkam mich das ungute Gefühl dem Schrank nichts gutes zurück geben zu können. In meiner Tasche befand sich das Tauschbuch in deutscher Sprache, ein Buch ohne besondere literarische Ansprüche. Einfach eins zu nehmen, ohne etwas zurück zu lassen, erschien mir auch falsch. Ein freundlicher Passant bestärkte mich darin, dass es in Ordnung sei ein deutschsprachiges Buch in den Schrank zu legen und so tauschte ich.
Animal Farm
Auf meiner Klassiker-Liste findet sich auch George Orwell, allerdings nicht seine politische Fabel „Animal Farm“.
Für die Geschichte selbst habe ich lange gebraucht, obwohl es nur 118 Seiten sind. Nein, es lag nicht an der englische Sprache, es lag am Thema und der Tiefe.
George Orwell hat mich nachdenklich und auch traurig gestimmt.
Es beginnt mit einer Idee, der Idee einer Welt ohne Menschen: Die Tiere leben in Freiheit und versorgen sich selbst. Sie alle sind gleich und niemand tötet den anderen. Diese Idee entsteht auf einer kleinen englischen Farm. Die Tiere versammeln sich, diskutieren, singen und es kommt zu einer Revolution …
Die Farmtiere vertreiben erfolgreich den Bauer und werden zur „Animal Farm“. Sobald sie für alles selbst verantwortlich sind, müssen sie einen neuen Weg finden, ihr Leben zu gestalten …
Die Ziele hätten erreicht werden können, alle hätten gleich und glücklich sein können, wie es der Plan war, oder?
Doch es kommt alles anders, die Politik der Tiere dreht sich um Macht, Propaganda und die ursprünglichen Regeln wandeln sich immer stärker …
ALL ANIMALS ARE EQUAL
BUT SOME ANIMALS ARE MORE EQUAL THAN OTHERS
Fazit
„Animal Farm“ erschien 1945 und ist immer noch sehr aktuell. Der Gedanke, etwas ändern zu wollen, die Welt zu verbessern ist erst einmal eine gute Idee. Doch dann gibt es viele Fallstricke, unerwartete Probleme und Versuchungen …
Die Geschichte, die George Orwell über die Tiere erzählt, klingt vertraut, vertraut aus der Historie, aber auch vertraut aus der heutigen Zeit. Dabei denke ich sowohl an kleine, aber auch große Beispiele.
Ideale, Engagement, Macht, Politik und Menschlichkeit – Lassen sich diese Begriffe vereinen?
Oder ist alles nur Image, Macht und Propaganda?
Kann es eine faire Gleichheit im politischen Sinne geben? Können überhaupt alle Interessen miteinander vereint werden?
Wie können wir uns im Dschungel der unendlich vielen Informationen eine politische Meinung bilden, die tatsächlich unsere eigene ist?
Was können wir selbst tun?
George Orwell gibt keine Antworten auf diese Frage, aber er inspiriert dazu, nachzudenken.
Animal Farm
George Orwell, 1945
gelesen in einer Ausgabe von 1951
Penguin Books