Trauernacht und Hoffnungsmorgen
Schon der Titel hat mich sehr angesprochen.
Ich möchte jedoch zunächst den Klappentext zitieren:
Einen geliebten Menschen zu verlieren, verursacht unermesslichen Schmerz. Der Tod wirft uns aus der Bahn, wir fühlen uns äußerlich und innerlich verloren.
Trauernacht und Hoffnungsmorgen, Antje Sabine Naegeli
Antje Sabine Naegeli hat diesen Schmerz selbst erfahren. Mit einfühlsamen Worten begleitet sie ihre Leserinnen und Leser durch die schwere Zeit. Ein eindrückliches Buch, das ermutigt, den Gefühlen Raum zu geben und daran erinnert: Es gibt Schätze, die in unserem Herzen zurückbleiben und die uns nichts und niemand entreißen kann.
Ja, genau darum geht es. Sie begleitet uns, gibt uns Impulse unseren eigenen Trauerweg zu finden und verzichtet dabei auf das Vermitteln von theoretischem Wissen. Sie ist ganz nah bei uns und so fühlt man sich aufgehoben, verstanden, ernst genommen. Schon der Gedanke, dass da Schätze in unserem Herzen bleiben ist doch unglaublich tröstlich.
Das Buch ist so aufgebaut, indem sie uns zunächst im tiefsten Dunkel abholt und uns dann langsam hinaus begleitet und uns über die Morgendämmerung in den Tagesanbruch führt.
Sie endet wie sie begonnen hat mit der Liebe und tröstet uns auch im letzten Kapitel mit der Zuversicht, dass die Liebe bleibt.
Die einzelnen Kapitel enden oft mit kleinen wunderschönen lyrischen Texten.
Meine Meinung
Ein ganz wunderbares Buch, das uns auf der Gefühlsebene anspricht. Ich liebe es und bin dankbar, dass es mir empfohlen wurde. Diese Formulierungen, diese Wortwahl, diese Vorsicht. Ich bin von Antje Sabine Naegeli wirklich beeindruckt.
Manchen helfen vielleicht eher die Bücher, die sachlicher geschrieben sind und eher auch theoretisches Wissen vermitteln – für mich war dies aber genau das richtige Buch.
So schön, dass man schon auf der Widmungsseite den mutmachenden Satz findet, dass die Liebe niemals aufhört und auch das letzte Kapitel widmet sich dem Thema, dass die Liebe bleibt.
Sehr ansprechend finde ich auch die Einteilung des Buches. Schon beim Lesen der Kapitelüberschriften von denen ich hier nur einige aufzähle: „Unfassbar“, „Nur diesen Tag bestehen“, „Wie lange noch?“ und „Ins Leben zurückwachsen“, fühlte ich mich verstanden und abgeholt. Diese Überschriften laden immer wieder ein, genau an den Punkt nochmal zu gehen, an dem man sich gerade emotional befindet, sich das Kapitel auszusuchen, das einen gerade besonders anspricht. Man kann auch ohne weiteres da einsteigen, ohne die Vorherigen gelesen zu haben.
Das Buch liest sich aber so leicht, dass man es gut als Ganzes lesen kann. Schon bei den ersten Worten, als es um die neue Wirklichkeit geht, um den kaum auszuhaltenden Schmerz, die Trauer um den Verstorbenen, aber auch die Trauer um uns selbst, fühlt man sich verstanden. Leider darf man nicht soviel zitieren, wie ich jetzt gerne gerade würde und da ich jetzt auch nicht einfach einen Satz rauspicken mag, müsst ihr das Buch schon selber lesen.
Antje Sabine Naegeli ist so wunderbar vorsichtig, wenn sie Tipps gibt. Stellt diese nicht als Regeln auf sondern beginnt sie z.B. mit: „Manche Menschen erfahren es als hilfreich …“.
Sehr besonders auch das Kapitel in dem sie sich mit dem Suizid befasst. Ich glaube, dass hier Betroffene viel mitnehmen können.
Ganz besonders finde ich auch die Formulierung „Herzensmensch“. Ist das nicht so viel schöner, als von „dem Verstorbenen“ zu sprechen? Und man entgeht so dem Gendern, das meiner Meinung nach oft den Lesefluss stört.
Dieses Wort „Herzensmensch“ ist euch ja schon in meinem letzten Beitrag begegnet und ihr werdet es von nun an wahrscheinlich häufiger bei mir finden.
Ja, ich liebe dieses Buch und habe sehr viel daraus mitgenommen und nehme es gerne immer wieder mal zur Hand.
Trauernacht und Hoffnungsmorgen
Antje Sabine Naegeli
Verlag Herder, 2019
ISBN 978-3-451-37720-4