Jede*r sollte einen sicheren Ort haben
Während der Fortbildung zur Systemischen Therapeutin holte mich das Thema mit dem inneren Auge erneut ein.
Auch wenn ich mein Anderssein akzeptiert habe, war es unangenehm und ich war sehr traurig, etwas nicht zu können, was viele können.
Übung sicherer Ort
Bei der Übung geht es darum, sich vor dem inneren Auge einen Ort vorzustellen. Dies darf ein realer Ort sein, von einem realen Ort inspiriert oder auch völlig frei gestaltet werden, je nach Fähigkeiten und Wünschen der Person.
In einer ersten Übung wird der sichere Ort angelegt, ein Ort an dem du dich wohl und sicher fühlen kannst.
Die Idee ist, dass du dich in belasteten Situationen dorthin begeben kannst. Eine kurze Auszeit genießen, durchatmen, auftanken, dich beruhigen und dann wieder zurück kommen und dich dem gegenwärtigen Thema stellen.
Die Idee, warum wir alle einen haben sollten
In diesem Seminar ging es auch darum, dass wir als Therapeut*innen eine wichtige Ressource für unsere Klient*innen sind. Es ist äußerst wichtig, dass es uns gut geht.
Und da war er der Moment, in dem ich traurig war. Mir war der Zugang zu einer wertvollen Übung versperrt, so erschien es mir.
Statistik – Zugang zu 3 Sinnen
Wenn die Übung angeleitet wird, werden alle Sinne abgefragt. Was siehst du an diesem Ort? Was hörst du? Was riechst du? Was schmeckst du? Was fühlst du?
Wir sollten darauf achten auf welche Sinne reagiert wird. 96% aller Menschen können sich vor ihrem innern Auge Dinge vorstellen und im Schnitt können wir das mit 3 Sinnen tun.
Wie ich mich aus der Übung ausklinkte
Es wurde abgefragt, wer bereits einen sicheren Ort für sich hat und wer nicht. Ich meldete mich noch ehrlich, dass ich keinen hätte.
Eine innere Stimme sagte mir, ich hätte Phantasiereisen als Kind geliebt. Habe ich auch, mir war nur eben nie klar, dass andere Menschen wirklich etwas sehen.
Es ging wunderbar auf, dass Menschen, die keinen Ort hatten, die Übung erleben konnten und die anderen zu zweit anleiteten.
Gefangen in dem Gefühl, es sei mir unmöglich, ging ich in einer Dreiergruppe mit, bat aber darum mich zurückhalten zu dürfen bei der Übung. Das wurde ohne Rückfrage akzeptiert und ich ging in die Rolle der Beobachterin.
Mit großer Faszination stellte ich hinterher Fragen zur Wahrnehmung. Beide waren in der Lage den Ort wirklich zu sehen. Die Person, die bereits Erfahrung damit hat, sagte mir, sie könne mit geöffneten Augen an diesen Ort gehen. Faszinierend.
Wir gingen zurück in die Gruppe und ich spürte einen neidischen Stich während eine Teilnehmerin begeistert von ihrem Erlebnis schwärmte. Ich wollte das auch erleben.
3 Sinne
Am Abend sprach ich mit zwei Kolleginnen über mein Erleben und kam schon annähernd dahin, zu erkennen, dass jede Person im Schnitt 3 Sinne zur Verfügung hat.
Wenn mir der visuelle Zugang fehlt, habe ich dennoch andere zur Verfügung. In meinem ersten Beitrag zum Thema schrieb ich darüber, wie ich beim Lesen die Stimme des Autors hören könnte.
Neue Übung, neues Erleben
Am nächsten Tag machten wir eine andere Übung. Sie war sehr ähnlich, wurde aber entscheidend anders angeleitet.
Wir sollten uns zwei verschiedene Orte überlegen, die wir kennen. Ich entschied, mich einfach mal auf die Übung einzulassen, schließlich habe ich Phantasiereisen mal geliebt.
Ob die Dozentin mitbekommen hatte, dass mir der visuelle Zugang fehlte oder ob es andere Gründe dafür gab, sie leitete die Übung nicht direkt über die visuelle Wahrnehmung ein und das hatte mir geholfen.
Ich begab mich also an einen Ort aus meiner Kindheit, einen Garten. Es funktionierte. Plötzlich fielen mir zahlreiche Elemente ein, die sich dort befanden. Sehen konnte ich sie nicht, aber ich wusste genau, wo sie waren.
Das Erleben beim zweiten Ort war noch krasser. Ich spürte, wie ich mich durch den Raum bewegte. Es fühlte sich an, als wandelte ich mit geschlossenen Augen auf vertrauten Wegen.
Blind auf dem Inneren Auge statt Aphantasie
Nach der Übung war ich diejenige, die strahlte. Ich kann das auch und es ist nicht wichtig, etwas vor dem inneren Auge sehen zu können.
Auf meinem inneren Auge bin ich blind. Diese Formulierung hatte ich vorher schon für mich gefunden. Die Bezeichnung Aphantasie lehne ich weiterhin ab, denn ich bin ein phantasievoller und kreativer Mensch und ich habe ein augeprägtes Vorstellungsvermögen.
Dies wurde mir auch in der geteilten Reflektion bewusst. Teil der Übung war nämlich, die beiden Orte miteinander zu verbinden. Nichts leichter als das, dachte ich.
Für viele war das keineswegs leicht. Möglicherweise liegt das an meinem ausgeprägten Vorstellungsvermögen, vielleicht auch daran dass ich es nicht visuell vor mir sehe und passend gestalten muss. Ich weiß nicht, was Ursache und was Wirkung ist.
Ich weiß aber was ich kann und ich weiß nun auch, dass andere Menschen Bilder sehen können. Ohne komme ich auch wunderbar zurecht.
Mein sicherer Ort
Am Abend im Bett habe ich mir auch einen sicheren Ort geschaffen, völlig frei, ohne Vorlage. Es hat Spaß gemacht und ich bin noch lange nicht fertig damit.
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