Pantheon Theater Bonn

Pantheon Theater Bonn

Ich liebe spontane Aktionen, vor allem, wenn meine Freundin Ute mit schreibt: „Ich habe für heute Abend noch eine Karte, kommst du mit.“ So ging es mir erst neulich, als wir zusammen im inklusiven Theater bei „Leonce und Lena“ waren. Diesmal ging es zu einer Lesung und ich hatte überhaupt keine Idee, was und vor allem wer mich da erwartete. Auch das Pantheon habe ich noch nie besucht, kannte lediglich den alten Saal der Schauspielhalle Beuel.

Christine Westermann las am 11.06.2018 im Pantheon aus ihrem Buch „Manchmal ist es federleicht – Von kleinen und großen Abschieden“.

Benefiz-Lesung

Die Lesung im Pantheon fand zugunsten des Vereins „Bonn Lighthouse“ statt. Darf ich sagen, dass ich diesen Verein ein kleines bisschen kenne? Auch die Benefizlesung von Wolf Küper zu “ Eine Millionen Minuten“ wurde u.a. für Bonn Lighthouse veranstaltet. Damals hatte mich begeistert, wie drei Organisationen/ Vereine gemeinsam eine tolle Veranstaltung auf die Beine stellen konnten, sich gegenseitig unterstützten ohne sich als Konkurrenz im Kampf um Spendengelder zu sehen. Diesmal agierte Bonn Lighthouse alleine und wie ich hörte, zögerte Christine Westermann nicht eine Sekunde, sondern sagte sofort zu.

Bonn Lighthouse ist ein Verein für Hospizarbeit. Das Angebot ist vielfältig und unheimlich wichtig. Ein Verein, der durch ehrenamtliches Engagement lebt und auf Spenden angewiesen ist. Menschen, die andere Menschen in ihrem Abschied begleiten.

Christine Westermann auf der Benefizlesung im Pantheon - Foto: Ute Schulze

Christine Westermann auf der Benefizlesung im Pantheon – Foto: Ute Schulze

Christine Westermann – Na, wer kennt diese Frau genauso wenig wie ich?

Korrigiere: ich weiß ja inzwischen ein bisschen etwas über sie. Davon erzähle ich euch gerne weiter. Für ausführliche Fakten verweise ich auf die Webseite der vielfältigen Dame und das Buch, aus dem sie gelesen hat. Sie ist Journalistin, Moderatorin und Autorin, bekannt aus Radio und Fernsehen, insbesondere aus der Sendung „Zimmer Frei“, die 20 Jahre lief.

Wie der attraktive Orthopäde ihr am Morgen der Lesung bestätigte, ist sie 69,6 Jahre alt. Der Mann muss wohl ein ganz schöner „Schuss“ gewesen sein. Christine Westermann war dies auch einmal, wie ihr kürzlich erst ein alter Freund bestätigte, den sie mehrere Jahre nicht mehr gesehen hatte.

Sie hat mir einiges an Lebenserfahrung voraus, einiges davon in ihrem Buch verarbeitet und mich mit einigen dieser Erfahrungen tief berührt und nachdenklich gestimmt. Als sie über ihr Unvermögen Verpackungen zu öffnen erzählte, erinnerte sie mich an meine Oma. Ich glaube beide Damen wären wunderbar geeignete Produkttesterinnen für das Öffnen von Verpackungen. Diese Empfehlung hat auf jeden Fall der Mann, der Christine Westermann „liebt und auch geheiratet hat“ ausgesprochen. Ein Produkt, welches sie öffnen könne, sei ein gutes Produkt, oder so ähnlich. Meiner Oma habe ich als Kind oft einen „Kursus fürs Öffnen von Verpackungen“ vorgeschlagen. (Woher auch immer ich das merkwürdige Wort Kursus hatte).

Manchmal ist es federleicht …

In der Buchhandlung ist da Buch „Manchmal ist es federleicht – Von kleinen und großen Abschieden“ in der Ratgeber-Abteilung zu finden. Doch Frau Westermann ist da ganz eindeutig:

Es ist kein Ratgeber, ich kann Ihnen nicht sagen, wie Sie Abschied nehmen können. Ich kann Ihnen nur erzählen, was ich erlebt habe. (…) Vor dem einen großen Abschied habe ich genauso Angst wie Sie. (frei aus dem Gedächtnis zitiert)

Es ist eine Sammlung verschiedener Geschichten von großen und kleinen Abschieden aus dem Leben von Christine Westermann. Abschiede von Menschen, Abschiede von Gegenständen oder Orten. Erzählungen aus dem Leben, sehr persönlich mit viel Gefühl. Wir haben während der Lesung viel gelacht und mir standen auch Tränen in den Augen, dazu später mehr. Ihre Geschichten können inspirieren, zum nachdenken anregen. In dieser Absicht stimmen wir beide wunderbar überein, auch wenn mir ihre Lebenserfahrung und Weitsicht noch fehlen.

Über den Titel hat Christine Westermann lange mit dem Verlag diskutiert. Sie wollte unbedingt das Wort Abschied mit drin haben. Doch die „Menschen, die vom Marketing Ahnung haben“ rieten davon ab. Abschied sei zu schnell mit dem Tod assoziiert. Auch mir ging es so, als ich mich über die Lesung informierte, nachdem ich bereits zugesagt hatte. Doch ihr geht es anders und sie wollte das Wort „Abschied“ unbedingt mit im Titel haben. Abschiede seien manchmal federleicht und so ergab sich endlich ein passender Titel mit „federleicht“ am Anfang und dem „Abschied“ am Ende. Ihre Sprechweise ist auf jeden Fall wunderbar „federleicht“.

Erst als ich diesen Beitrag schreibe, fällt mir auf, dass das Buch im KiWi Verlag erschienen ist, dem Verlag, den ich erst am Samstag auf der LitBlog Convention (#lbc18) in Köln kennen gelernt habe. Bisher habe ich ihn einfach nicht bewusst wahrgenommen. Wäre ich nicht spontan auf der Lesung gewesen, wäre heute vielleicht der Beitrag zur LBC erschienen … Zufälle gibt es.

… von kleinen und großen Abschieden

Schon früh hat Christine Westermann ihren Vater verloren. Sie war erst 13 Jahre alt, als er starb. Zuvor hatte sie bereits von ihm Abschied nehmen müssen, als sich ihre Eltern scheiden ließen. Der Vater selbst nahm einst Abschied von der DDR, floh nach Westberlin und hatte dabei lediglich eine Aktentasche dabei.

Die junge Christine Westermann ging für zehn Jahre nach San Francisco, lagerte ihren Besitz bei verschiedenen Freunden ein und nahm nur wenig mit. Zwei Kaffeebecher und ein Buch. Warum die Kaffeebecher mit mussten, weiß sie nicht mehr. Welches Buch es war, erzählte sie später und es passte einiges so wunderbar zusammen. Ich glaube diese Frau, weiß ganz genau, welche Dinge und Menschen ihr persönlich wichtig sind und hat eine unglaubliche Fähigkeit loszulassen und nicht an allem festzuklammern. Doch auch sie ist nicht völlig frei von dem Bedürfnis nach Erinnerungsstücken und sehnsuchtsvollen Gefühlen. Dies wird deutlich, als sie von San Francisco nach Köln zieht. Ein Container macht sich auf Reisen … inklusive einer angefangenen Packung Frühstücksflocken (welche Sorte habe ich vergessen).

Der Abschied von „Zimmer Frei“ nach 20 Jahren fiel ihr nicht leicht. Sie wollte zunächst gar nicht kommen, hatte sie bei der vorletzten Folge einem Redakteur angedroht. Dahinter steckte die Sorge vor dem Publikum in Tränen auszubrechen. Er hatte Sorge, sie könne es ernst meinen und sich etwas besonderes für sie überlegt … Sie war bei der letzten Sendung dabei, hat es durchgestanden und auch genossen. Welche Worte Götz Alsmann in seinem Abschiedssong wählte, weiß sie nicht, ihre Gedanken waren eng bei ihrem Kollegen, damit beschäftigt mental seine Tränen zurück zu halten. Nach und nach begegnen ihr Erinnerungsstücke an diese Zeit oder ihr begegnen Fans, die einfach „Danke für 20 Jahre Zimmer Frei“ zu ihr sagen. Federleichte Glücksmomente nach dem Abschied.

In ihrem Buch und auch in der Lesung ging es nicht nur, aber auch um den Tod. Es ist noch nicht lange her, dass Anne aus Amsterdam verstarb. Christine Westermann erzählte so lebendig von dieser Freundin, dass ich auch kurz das Gefühl hatte, sie zu kennen, mich von ihr zu verabschieden und dann Weihnachten 2017 ohne sie zu feiern. Nein, nicht ohne sie, denn sie war dabei, saß vor Kopf und erfüllte den Abend mit ihrem Wesen. Geschichten, Erinnerungen, so leben wir alle weiter.

Kleine Anekdote zum Abschluss

Wir drei kleinen Menschen, Ute, ihre Schwester und ich hatten den perfekten Platz auf erhöhten Barhockern und somit einen wunderbaren Überblick über das Publikum und einen guten Blick auf die Bühne. Nahe bei uns saß ein Star aus Fernsehen und von der Bühne, den sogar ich kannte, denn hin und wieder besuche ich sehr gerne das Contra Kreis Theater (einmal hab ich sogar darüber berichtet). Er war derjenige, der mich auf den Tisch aufmerksam machte, beobachtet habe ich allerdings eine junge Frau, die sich mit einem Notizbuch zu ihm gesellte. Sie machte eifrig Notizen und wurde daher von mir verdächtigt Journalistin zu sein, vielleicht auch Bloggerin. Ich dagegen machte mir keine Notizen, lauschte, beobachtete und genoss den Abend. Daher ist meine Erinnerungen vielleicht auch ein wenig verzerrt. So wie diese: Es gab eine wirklich gute Stelle in der Lesung, erzählenswert. Tiefsinnig, lustig oder einfach nur schön? Alles, was ich euch erzählen kann, ist, wie mir auffiel, dass die eifrig schreibende junge Frau, diese nicht notiert hat. Ich auch nicht und das ist alles, an was ich mich erinnere.

Abschied

Christine Westermann hatte die perfekten letzten Worte für den Abschied von uns, bevor sie ins Foyer ging, um für Signaturen in Büchern, auf Armen oder Unterhemden zur Verfügung zu stehen.

Auch wenn etwas aufhört. Ist es noch lange nicht zu Ende.

Christine Westermann signiert alles, was man ihr hinhält

Christine Westermann signiert alles, was man ihr hinhält


Informationen zum Buch

Christine Westermann
Manchmal ist es federleicht – Von kleinen und großen Abschieden
Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-05050-9